„Sich die Lebensfreude nicht nehmen lassen!“

Wie Südtiroler den Anschlag in Berlin erlebten

Mittwoch, 21. Dezember 2016 | 12:00 Uhr

Berlin – Über Fernsehen, Radio und Internet erfuhr der 60-jährige Schauspieler und Autor Sebastian Baur aus Toblach vom verheerenden Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Berlin. Seit mehr als 25 Jahren lebt Baur in Berlin, wobei er die Stadt grundsätzlich als „sicher“ erlebt, wie er laut einem Bericht des Tagblatts Dolomiten erklärt.

Schon in New York habe er aber gelernt, „mit 360-Grad-Aufmerksamkeit“ durch die Straßen zu gehen. Mit dieser Einstellung werde er sich durch Berlin bewegen wie bisher.

„Solche Terrorakte entspringen einem Hass auf alles, was mit Lebensfreude zu tun hat. Wenn wir uns diese nehmen lassen, spielen wir ihr Spiel mit“, erklärt Baur gegenüber dem Tagblatt Dolomiten.

„War wohl eine Frage der Zeit“

Seit 16 Jahren lebt hingegen der 42-jährige Filmproduzent Georg Tschurtschenthaler aus Innichen in Berlin. Dieser Anschlag sei tragisch, doch seiner Ansicht nach war es „wohl nur eine Frage der Zeit, bis der Terror die deutsche Hauptstadt erreicht“.

Er habe sich in Berlin nie unsicher gefühlt. Allerdings habe der Terror nach den Anschlägen von New York im Jahr 2001 immer mehr auch Europa erreicht. Tschurtschenthaler ist viel in der Welt unterwegs. „Mittlerweile ist ja überall Unsicherheit zu spüren, wo größere Menschenmassen zusammen sind, sei es in Fußballstadien oder schon beim Public Viewing“, erklärt er gegenüber den „Dolomiten“.

„Berlin wird diesem Terror trotzen“

Seit zwölf Jahren lebt der aus Bozen stammende Krimiautor, Reporter und Kolumnist Lenz Koppelstätter in Berlin. Zum Zeitpunkt des Terroranschlags war er daheim. Seine Frau hielt sich allerdings bei Freunden auf, die in der Nähe der Gedächtniskirche wohnen.

„Ich habe sie sofort angerufen und erreicht“, erzählt Koppelstätter den „Dolomiten“. Er selbst gehe gerne im Westen der Stadt spazieren. „Berlin wurde hier in seiner Mitte getroffen“, betont er. Diese leidgeprüfte Stadt mit Menschen aus allen Gegenden der Welt werde sich aber „von so einer bestialischen Tat die Freiheit nicht nehmen lassen.“

„Attacke auf Berlin“

Der Vinschger Literaturwissenschaftler und Theaterfachmann Toni Bernhart lebt seit 15 Jahren in Berlin. Am Abend des Anschlags war er allerdings in Stuttgart, wo er an der Universität tätig ist.

„Über viele Jahre führte mein täglicher Weg zur Arbeit vorbei an der Gedächtniskirche“, erzählt Bernhart den „Dolomiten“. Der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt sei „eine Attacke auf Berlin, die weit über eine alltägliche Situation hinausgeht“, meint er. Niemand wisse im Moment, wie sich das alles weiter entwickelt.

„Bedrückte Stimmung“

Mit dem erfolgreichen Trio „Ganes“ aus dem Gadertal war Musiker Alex Trebo am Abend des Anschlags unterwegs. Er sei erst spät in der Nacht wieder nach Berlin zurückgekehrt und habe von diesem schrecklichen Anschlag erfahren. Gestern hätten sich viele Südtiroler bei ihm gemeldet und nachgefragt, ob ihm wohl nichts passiert sei. Er wohne aber weit weg vom Ort des Geschehens. Die Stimmung in der Metropole erlebt der Gadertaler als „bedrückt, aber sehr ruhig“, wie er im Gespräch mit den „Dolomiten“ erklärte.

Von: mk

Bezirk: Bozen