Man zahlt keine Steuern, Versicherungen und Strafen

43.000 „Geisterautos“ auf Italiens Straßen unterwegs

Mittwoch, 30. Januar 2019 | 07:04 Uhr

Rom – Wie die Onlineausgabe der italienischen Tageszeitung La Repubblica berichtet, zirkulieren auf Italiens Straßen Zehntausende sogenannter „Geisterautos“. Die Fahrzeuge, die auf Strohmänner angemeldet sind und für die weder Steuern, noch Versicherungen oder Strafen bezahlt werden, sind häufig Hilfsmittel beim Verüben von Straftaten. Aufgrund fehlender Gesetze und Gesetzeslücken ist es sehr schwer, dem Phänomen der „Geisterautos“ Herr zu werden.

Angesichts der in Italien im Verkehrsbereich geltenden, strengen Gesetze ist allein schon die Existenz der sogenannten „Geisterautos“ schier unglaublich. Die laut Schätzung der Ordnungskräfte insgesamt etwa 43.000 Fahrzeuge sind auf rund 300 Strohmänner zugelassen. Für diese Pkw werden von ihren „Besitzern“ weder Steuern, noch Versicherungen und schon gar nicht Gebühren wie etwa die Autobahnmaut bezahlt. Durch diese Fahrzeuge entsteht dem italienischen Fiskus jährlich ein Schaden von geschätzten 120 Millionen Euro. Diese Summe ist allerdings zu tief gegriffen, weil laut Erkenntnissen der Carabinieri, der Polizeikräfte und der Finanzwache die Gesamtanzahl der „Geisterautos“ recht nahe bei 100.000 Fahrzeugen liegen könnte.

Quästur

Interessant ist das Bild, das sich bietet, wenn die bekannten 43.000 Pkws näher betrachtet werden. Alle Fahrzeuge sind zwischen physischen Personen und Gesellschaften auf etwa 300 Strohmänner angemeldet. Skurril ist auch die Tatsache, dass diese Strohmänner ihre Aufgabe praktisch als „Beruf“ verstehen. Auf die Frage eines Richters hin, wo denn nun effektiv „seine“ Autos seien, bestätigte einer dieser Strohmänner, dass er „die Überschreibungen der Fahrzeuge im Dienst von Italienern und Ausländern – Letztere mit regulärem oder auch irregulärem Aufenthaltsstatus – für ein Entgelt von 20 bis 30 Euro“ getätigt hätte und er „daher nur die Aufgabe eines Strohmanns“ ausübe. Der Mann sagte dies, als ob der Beruf des Strohmanns eine ganz normale Arbeit wäre. Oft handelt es sich dabei um vollkommen mittellose Bürger, die selbst meist nicht einmal den Führerschein besitzen.

Weil die Ausführungsverordnungen zum modifizierten Artikel 94 der Straßenverkehrsordnung fehlen, sind den Behörden die Hände gebunden. Bisher besteht die einzige Möglichkeit darin, einmal entdeckten Strohmännern das Überschreiben weiterer Fahrzeuge auf ihren Namen zu verwehren.

Das Problem ist enorm. Es geht nicht „nur“ um den finanziellen Schaden, der der Allgemeinheit entsteht. Die „Geisterfahrzeuge“ werden gerne für verschiedene kriminelle Taten benutzt. Unter anderem werden die praktisch unsichtbaren Pkw für Einbrüche, für die Begünstigung der illegalen Einwanderung, für den Drogenhandel oder auch als Fluchtfahrzeuge bei Überfällen verwendet. Auch die Beschlagnahme der Fahrzeuge ist wenig fruchtbringend. Geht man die Listen durch, handelt es sich bei den meisten der 43.000 „Geisterautos“ um fast vollkommen wertlose Fahrzeuge. Aber das ist nicht alles. Viele der Kennzeichen dieser Pkw scheinen in der Datenbank des Innenministeriums als zu beschlagnahmende und einzuziehende Kenntafeln auf. Leider haben die lokalen Polizeikräfte der Städte und Gemeinden Italiens bislang keinen Zugriff auf diese Datenbank.

APA/APA (Archiv/AFP)/ANDREAS SOLARO – Symbolbild

Aus diesen verschiedenen Gründen kann das Phänomen der „Geisterautos“ immer noch florieren. Selbst Bemühungen für gesetzliche Strafverschärfungen für auf Strohmänner gemeldete Fahrzeuge, welche einen Unfall mit Todesfolge verursacht haben, liefen bisher ins Leere. Daher ist es leider Realität, dass eine immer größere werdende Anzahl von Fahrzeuglenkern in fast vollkommener Straffreiheit solche „Geisterautos“ fährt.

Von: ka