Kein Verständnis für mangelnden Schnee

Chaos in den Dolomiten: Skitourismus stößt an seine Grenzen

Mittwoch, 17. Dezember 2025 | 10:01 Uhr

Von: idr

Arabba – Was als perfekter Skitag in den italienischen Dolomiten beginnen sollte, endete am vergangenen Wochenende in Frust und Wut. Am Samstag bildeten sich am Sessellift Antecrep auf 2.100 Metern Höhe massive Warteschlangen – manche Skifahrer mussten knapp anderthalb Stunden in der Kälte ausharren. In den sozialen Medien entlud sich der Unmut: Von einem „Zirkus“ war die Rede. Andere forderten ihr Geld für die Skipässe zurück.

Der Grund: Wegen Schneemangels blieb eine zentrale Piste nach Arabba gesperrt. Die Temperaturen lagen zu hoch für Kunstschnee. Als Notlösung mussten Skifahrer auf den Sessellift ausweichen – normalerweise mit sechs Plätzen bergauf, für die Talfahrt auf drei reduziert. Bei gleichzeitig gesperrten Alternativrouten führte das zum Kollaps der Anlage, die als Verbindung zwischen Marmolada und dem beliebten Sellaronda-Rundkurs dient.

In der Facebook-Gruppe „Dolomiti Superski“ mit rund 105.000 Mitgliedern entlud sich der geballte Unmut und zeigte Fotos der Menschenmassen. Doch nicht alle zeigten Verständnis für die verärgerten Wintersportler: Nach den warmen Tagen müsse jedem klar sein, dass mit gesperrten Pisten zu rechnen sei, schrieb ein Nutzer. Ein anderer verweist auf weniger überlaufene Orte.

Zwischen Anspruch und Gegebenheiten

Doch der Vorfall wirft eine grundsätzlichere Frage auf: Wie viel Bequemlichkeit können und müssen Touristen erwarten? Die Szenen von Arabba sind symptomatisch für ein größeres Problem: Overtourism trifft auf steigende Erwartungshaltungen. Skigebiete stehen unter enormem Druck, möglichst viele Pisten zu öffnen und maximale Kapazitäten bereitzustellen – unabhängig von Wetter und Naturgegebenheiten. Gleichzeitig erwarten Gäste perfekte Bedingungen, kurze Wartezeiten und reibungslose Abläufe.

Die Betreiber befinden sich in einer Zwickmühle: Pisten geschlossen zu halten sorgt für Verärgerung. Sie zu öffnen, wenn die Infrastruktur den Andrang nicht bewältigen kann, ebenfalls. Dass die Natur nicht planbar ist und Wartezeiten zum Bergtourismus dazugehören können, scheint dabei in Vergessenheit zu geraten.

Alternativ: Der Heli-Lift

Wer über das nötige Kleingeld verfügt, kann solche Unannehmlichkeiten leicht umgehen: Ein 66-jähriger Italiener landete kurzerhand mit seinem Hubschrauber direkt auf der Piste – nur wenige Monate, nachdem er für genau dasselbe Vergehen bereits eine Rekordstrafe kassiert hatte.

Die Diskussion über nachhaltige Lösungen für schneearme Winter dürfte nach diesem Wochenende mit neuer Vehemenz geführt werden. Doch vielleicht braucht es auch ein Umdenken bei den Gästen selbst: Bergtourismus bedeutet nicht Rundum-Service auf Knopfdruck, sondern Auseinandersetzung mit den Launen der Natur – inklusive gelegentlicher Wartezeiten.

Kommentare

Aktuell sind 30 Kommentare vorhanden

Kommentare anzeigen