Von: ka
Turin – Chiara Ferragnis Erfolgsgeschichte schien nichts trüben zu können. Der sehr bekannten italienischen Influencerin, der auf Instagram weltweit fast 30 Millionen Menschen folgen, wird nachgesagt, dass sie mit ihrem Firmenimperium heuer einen Umsatz von fast 40 Millionen Euro erzielen wird.
Nun ziehen aber dunkle Wolken auf. Nachdem die Influencerin wegen unlauterer Geschäftspraktiken von der italienischen Kartellbehörde zu einer Geldstrafe von einer Million Euro verurteilt wurde, kündigt die Verbraucherschutzorganisation Codacons an, Chiara Ferragni wegen schweren Betruges bei 104 Staatsanwaltschaften anzuzeigen. Es geht um nichts weniger als die Frage, ob der Verkauf von von Chiara Ferragni „designten“ Pandori der Firma Balocco wohltätigen Zwecken gedient oder ob es sich dabei um – den Anschuldigungen zufolge vielleicht sogar betrügerische – Geschäftemacherei gehandelt habe.
Fast genau vor einem Jahr disignte Chiara Ferragni für die bekannte Turiner Marke Balocco einen „eigenen“ Pandoro, dessen Verkauf angeblich wohltätigen Zwecken dienen sollte. Heute hingegen besteht der begründete Verdacht, dass der Verkauf des „Ferragni-Weihnachtspandoro“ weniger der Wohltätigkeit, sondern vielmehr dazu gedient habe, die Kassen der beiden Partner zu füllen.
Besonders für Chiara Ferragni könnte es knüppeldick kommen. Nachdem die Influencerin wegen unlauterer Geschäftspraktiken von der italienischen Kartellbehörde zu einer Geldstrafe von einer Million Euro verurteilt wurde, gerät Chiara Ferragni ins Visier der Verbraucherschutzorganisation Codacons. Um „nach der von der Kartellbehörde verhängten Geldstrafe eine strafrechtliche Untersuchung wegen schweren Betrugs“ einleiten zu können, kündigt Codacons an, am Montag bei 104 Staatsanwaltschaften in ganz Italien Anzeige zu erstatten.
Der Grund für die Strafe der Kartellbehörde und der folgenden Anzeige liegt im Inhalt der Botschaften, mit denen das Team der Wohltätigkeitsorganisation für den Verkauf von Ferragnis „Designer-Pandoro“ von Balocco warb. Obwohl die versprochene Spende an das Krankenhaus Regina Margherita in Turin bereits Monate vor dem Verkaufsstart getätigt worden war, wurde den Verbrauchern vermittelt, dass sie mit dem Kauf eines jeden Ferragni-Pandoro direkt zu einer Spende beitragen würden. In den Augen der Kunden rechtfertigte dies auch den stolzen Preis des rosa Weihnachtspandoro von Chiara Ferragni, der für teure neun Euro anstatt der üblichen 3,70 Euro über die Ladentheke ging.
Die Verbraucherschützer von Codacons erheben schwere Vorwürfe. Sie sprechen davon, dass das Leid krebskranker Kinder für Geschäftszwecke missbraucht worden sei. „In den Werbebotschaften gibt es Hinweise, die den Sachverhalt bekräftigen, dass Chiara Ferragni selbst zu der Wohltätigkeitsinitiative beigetragen habe. Die Untersuchungsunterlagen belegen jedoch den unbestrittenen Sachverhalt, dass die in den Pandoro-Designerschachteln und in den anderen Werbebotschaften beworbene Spende allein von der Firma Balocco getätigt wurde. Die Spende geschah ohne die Beteiligung der Firmen Fenice und TBS Crew sowie von Frau Chiara Ferragni selbst“, betont Codacons.
Die italienische Kartellbehörde, die vor den Verbraucherschützern aktiv geworden war, kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Laut Ansicht der Kartellbehörde „wurde durch die genannten Unternehmen den Verbrauchern suggeriert, dass sie mit jedem Kauf des „Designer-Pandoros“ von Ferragni dem Krankenhaus Regina Margherita in Turin spenden würden. Die Spende in Höhe von 50.000 Euro war jedoch bereits Monate zuvor von Balocco allein getätigt worden. Die auf Chiara Ferragni zurückzuführenden Unternehmen kassierten durch die Initiative mehr als eine Million Euro“.
Eine interne E-Mail eines Balocco-Mitarbeiters, die an die Öffentlichkeit gelangte, erhärtet den Verdacht der Verbraucherschützer. „Ich würde dem Ferragni-Team gerne antworten: ‘Die Verkäufe dienen eigentlich nur dazu, euer exorbitantes Cachet zu bezahlen‘“, so der offensichtlich erzürnte Mitarbeiter.
Den Verantwortlichen von Codacons zufolge bestehen keine Zweifel mehr. „Wir halten es für äußerst schwerwiegend, dass so sensible Themen wie krebskranke Kinder und Wohltätigkeit für kommerzielle Tätigkeiten missbraucht werden, die einzig und allein den Zweck erfüllen, Gewinne für Privatunternehmen zu erzielen“, erklärt Codacons. Die Verbraucherschützer fordern die Finanzwache auch dazu auf, die Konten der mit Ferragni verbundenen Unternehmen zu beschlagnahmen.
Chiara Ferragni zeigt sich von den schweren Anschuldigungen tief betroffen. „Es tut mir leid, dass man nach all den Bemühungen, die ich und meine Familie im Laufe der Jahre im Bereich der Wohltätigkeit unternommen haben, darauf beharrt, in dieser Aktion, bei der alles in absolut gutem Glauben geschehen ist, etwas Negatives zu entdecken. Es tut mir leid, wenn jemand meine Botschaft missverstanden und an meinem guten Willen gezweifelt haben sollte“, so die Influencerin in ihrer Stellungnahme. Chiara Ferragni kündigt ihrerseits an, dass sie sich gegen die schweren Vorwürfe vor Gericht wehren wird.
Die Anschuldigungen, die um Chiara Ferragnis „goldene Pandori“ kreisen, dürften nächstes Jahr die Gerichte beschäftigen. Für eine Influencerin wiegt jedoch weit schwerer, dass ihr Image Schaden nehmen könnte.