Mafia-Boss nach 25 Jahren aus der Haft entlassen

„Christenschlächter“ wieder auf freiem Fuß

Dienstag, 01. Juni 2021 | 11:03 Uhr

Rom – Dank eines Strafnachlasses von 45 Tagen ist ein prominenter Mafia-Boss nach 25 Jahren wieder ein freier Mann. Der heute 64-jährige Giovanni Brusca hatte 1992 den Auslöser der Bombe gedrückt, die in Palermo den Mafia-Jäger Giovanni Falcone, seine Frau Francesca Morvillo und drei Leibwächter getötet hat.

Vier Jahre später klickten für ihn die Handschellen. Er hat gestanden, über 100 Menschen getötet zu haben. Unzählige Verbrechen in der Gegend von San Giuseppe Jato in der Metropolitanstadt Palermo gehen auf sein Konto.

Zu den schlimmsten Vergehen, die er zugegeben hat, zählt die Entführung von Giuseppe Di Matteo und dessen Ertränkung in einem Säurebad. Der 13-Jährige war Sohn von Santino Di Matteo, eines sogenannten „Pentito“, der mit der Justiz zusammengearbeitet hat.

Wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtet, hat die Haftentassung kritische Reaktionen hervorgerufen, obwohl sie bereits seit Längerem im Raum stand. Die Familienangehörigen der Opfer hatten bereits im letzten Jahr ihre Sorge darüber bekundet. Brusca war als Mafiaboss sehr gefürchtet und erhielt den Beinamen „Christenschlächter“.

In seinem Fall wurden nur einfache Strafmilderungen für „vertrauenswürdige“ Kollaborateure mit der Justiz gewährt. Insgesamt war er zu 26 Jahren Haft verurteilt worden. Nachdem er im Jahr 1996 verhaftet worden war, hätte die Freilassung erst im kommenden Jahr erfolgen sollen. Die Strafe hat sich allerdings aufgrund „guter Führung“ im Rahmen von ein paar Tagen Hafturlaub verkürzt. Statt im Oktober wurde Brusca nun noch früher freigelassen.

Santino Di Matteo hatte im umfangreichen Ausmaß die Geheimnisse des Clans der Staatsanwaltschaft und den Richtern in Palermo preisgegeben. Angesichts des Strafnachlasses, der ihm in Aussicht gestellt worden war, war auch Brusca bereit gewesen, mit der Justiz zusammenzuarbeiten und von den Anschlägen in Rom und in Florenz im Jahr 1993 zu reden. Durch seine Enthüllungen wurden zahlreiche Untersuchungen in Gang gesetzt – einschließlich derer zu den Verhandlungen zwischen Staat und Mafia im Jahr 1992.

Der Mafia-Boss und seinen Familienangehörigen müssen nun überwacht, aber auch geschützt werden. Maria Falcone, die Schwester von Richter Giovanni Falcone äußerte öffentlich ihr Bedauern über die Freilassung. Allerdings betonte sie ebenso, dass sie das Gesetz respektiere, denn auch ihr Bruder habe sich für dieses Gesetz eingesetzt. Gleichzeitig wünsche sie sich, dass Ordnungshüter und Richter darüber wachen, dass Brusca nicht erneut Verbrechen begeht. Italienische Politiker aus allen Lagern haben unterdessen ihren Unmut über die Freilassung bekundet.

Von: mk