Keine Infizierten in Südtirol aber Maßnahmen zur Risikominimierung

Das bedeutet der Corona-Ausbruch in Italien für Reisende

Montag, 24. Februar 2020 | 15:39 Uhr
Update

Bozen/Rom – Seit Tagen kämpfen die Behörden in Norditalien gegen den Ausbruch des neuartigen Coronavirus. In der Lombardei wurden rund ein Dutzend Ortschaften abgeriegelt. Zufahrten werden von den Ordnungshütern bewacht. Bislang wurden sieben Todesfälle registriert. So starben etwa ein 84-jähriger Mann, der bereits zuvor angeschlagen war sowie ein 88 Jahre alter Mann. Auch eine ältere an Krebs erkrankte Frau soll unter den Toten sein. Italienweit ist die Zahl der Infizierten auf über 200 gestiegen.

Geringe Infektionsgefahr für Reisende

Für Reisende, die sich trotzdem in der Nähe der Quarantäne-Gebiete aufhalten oder deren Routen durch die Region führen, ist die Infektionsgefahr indes vermutlich gering, berichtet die Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung. Das liege zum einen an der geringen Wahrscheinlichkeit, unter den etwa 40 Millionen Menschen, die in Norditalien leben, auf jemanden zu treffen, der sich mit dem Coronavirus angesteckt hat. Selbst wenn die Dunkelziffer um den Faktor zehn höher liegen sollte und sich 1000 Menschen infiziert hätten, wäre das Risiko klein.

Notverordnung in Südtirol – bisher keine Infizierten

Aufgrund der aktuellen Lage hat in Südtirol Landeshauptmann Arno Kompatscher am Sonntag eine Notverordnung unterzeichnet, durch die bis 1. März alle Kleinkindbetreuungseinrichtungen, die Freie Universität Bozen, die Landesfachhochschule für Gesundheitsberufe Claudiana und das Konservatorium Claudio Monteverdi geschlossen bleiben. Heute tritt um 13.00 Uhr die Landesleitstelle zusammen, um das weitere Vorgehen im Hinblick auf die Krankheit Covid-19 (Coronavirus disease 2019) zu besprechen.

Es handelt sich um eine präventive Vorsichtsmaßnahme zur Risikominimierung. Ansonsten wird das alltägliche Leben in Südtirol nicht beeinträchtigt. Drei Verdachtsfälle wurden am Sonntag negativ getestet. Ein vierter Verdachtsfall auf eine Infektion mit dem Coronaerreger wurde heute als negativ gemeldet. Dennoch sind die Bürger vielfach verängstigt: Das zeichnet sich an der Nachfrage bestimmter Artikel ab, wie etwa Atemschutzmasken oder Desinfektionsmittel.

In Baumärkten oder Apotheken sind solche Masken des Typs FFP2 kaum noch zu bekommen. Auch Desinfektionsmittel werden knapp. Die St. Anna-Apotheke in Bozen will in den kommenden Tagen selbst Desinfektionsmittel herstellen, um die Nachfrage bedienen zu können.

Ansonsten gibt es keine Berichte über Hamsterkäufe in Südtirol.

Auch Regierungskommissär Vito Cusumano betont, dass in Südtirol kein Grund zu Panik bestehe. Die Krankenhäuser seien auf alle Eventualitäten vorbereitet. So wurde im Krankenhaus Bozen ein Betten-Notfallplan ausgearbeitet, falls es weitere Verdachtsfälle gibt. Dennoch verzeichnen Hotelbetriebe immer häufiger Stornierungen von verängstigten Urlaubern.

In Südtirol soll auch eine grüne Nummer eingerichtet werden, die gewählt werden kann, wenn der Verdacht besteht, dass jemand am Coronavirus erkrankt ist. Damit wird die Notrufnummer 112 nicht überlastet und ist für andere Notfälle erreichbar. Ab Dienstag gilt die Grüne Nummer 800 751751. Außerdem wurde ein Lagezentrum eingerichtet, um die Situation zu beobachten.

Händehygiene äußerst wichtig

Die beste Prävention ist eine gute Hygiene: Mehrmals am Tag sollten die Hände gewaschen werden. Wer Husten- oder Niesen muss, sollte sich den Ellebogen, ein Tuch oder die Hand vorhalten. Trifft man im unwahrscheinlichen Fall auf Erkrankte, gilt es, mindestens zwei Meter Abstand zu halten. Diese Empfehlungen geben Ärzte, das Sanitätswesen und auch das Robert Koch-Institut aus und sind während der noch nicht beendeten Grippesaison allerdings sowieso zu beachten. Wer Grippesymptome verspürt – so heißt es aus dem Südtiroler Sanitätswesen – soll Zuhause bleiben und seinen Hausarzt verständigen. Dieser wird weitere Schritte veranlassen. Dadurch wird verhindert, dass andere Menschen angesteckt werden.

Unberechenbarer Virus bereitet Rätsel

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, ist das Tückische am neuen Erreger, dass die Ansteckung, wie auch die Ausprägung der Symptome so unberechenbar sind. Im renommierten Fachmagazin Jama ist erst ein Bericht über eine junge Chinesin aus Wuhan erschienen, die weder Fieber noch andere Beschwerden hatte, aber im Januar dennoch fünf Verwandte im Alter zwischen 42 und 57 Jahren angesteckt hatte, die nicht in der epidemischen Krisenregion, sondern fast 700 Kilometer entfernt lebten. Während die Überträgerin selbst also völlig symptomfrei blieb und auch bei der Computertomografie ihrer Lungen keine Auffälligkeiten aufwies, erkrankten trotzdem zwei der fünf von ihr infizierten Verwandten an einer schweren Lungenentzündung.

Hauptsächlich vorerkrankte Menschen sind bislang am Coronavirus gestorben. Warum aber die Infektion manchmal sehr mild verläuft und in anderen Fällen schwer und dort dann bis in die Lunge vordringt, haben Forscher bislang nicht klären können. Diese Unberechenbarkeit macht auch eine konkrete Risikoabschätzung schwierig.

LH Platter beruft außerordentliche Euregio-Sitzung in Bozen ein

Nach den jüngsten Coronavirus-Fällen allen voran in Norditalien stimmten sich Tirols Landeshauptmann Günther Platter sowie Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg heute Vormittag bei persönlichen Treffen in Wien sehr eng mit Innenminister Karl Nehammer sowie Gesundheitsminister Rudolf Anschober ab. „Es besteht kein Grund zur Panik, bisher gibt es in Österreich noch keinen Fall einer Ansteckung. Wir nehmen die derzeitige Lage aber sehr ernst und tun alles, was in unserer Macht steht, um die Ausbreitung des Coronavirus nach Tirol zu verhindern. Das hat nicht zuletzt auch die kurzfristige Anhaltung eines Zuges am Brenner gestern Abend gezeigt. Sobald feststand, dass sich im Zug keine am Coronavirus erkrankten Personen befanden und auch eine schriftliche Bestätigung vorlag, konnte der Zug unverzüglich weiterfahren. Es geht um die Sicherheit unserer Bevölkerung, die wir bestmöglich gewährleisten wollen“, gibt LH Platter die Richtung vor.

„Die Abstimmung mit dem Bund, den Behörden und weiteren beteiligten Stellen funktioniert sehr gut. Wir sind mit dem Innenminister und dem Gesundheitsminister im ständigen Austausch“, informiert der Landeshauptmann. Bei den heutigen Besprechungen habe man unterschiedliche Szenarien durchbesprochen und diskutiert. „Derzeit wird die Lage von den GesundheitsexpertInnen so eingeschätzt, dass keine behördlichen Einschränkungen etwa im Zugverkehr notwendig sind. Unsere Einsatzstäbe beobachten die Situation aber minütlich. Im Falle des Falles sind wir in der Lage, sehr rasch weitere Maßnahmen zu setzen, wenn diese erforderlich sind“, so LH Platter.

Um sich im Hinblick auf die Coronavirus-Entwicklungen auch innerhalb der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino sehr eng abzustimmen, wird es bereits morgen ein kurzfristig einberufenes Treffen der Euregio-Spitze geben: „Als Präsident der Euregio habe ich für morgen Vormittag zu einer außerordentlichen Vorstandssitzung in Bozen eingeladen“, informiert LH Platter. „Eine Abstimmung innerhalb der Europaregion Tirol ist für mich sehr wichtig. Mir geht es darum, den Informationsfluss der Gesundheitsbehörden der drei Landesteile weiter zu verstärken und allfällig zu treffende Maßnahmen innerhalb der Euregio eng abzustimmen“, schließt der Landeshauptmann.

Spiele des FC Südtirol verschoben

Der FC Südtirol teilt mit, dass die Lega Pro am heutigen Montag die Verschiebung der nächsten beiden Spieltage der Serie C angeordnet hat. Somit fallen für den FC Südtirol das Heimspiel gegen Feralpisalò (28. Spieltag – Mittwoch, 26. Februar im Drusus-Stadion) und das Gastspiel in Gubbio (29. Spieltag – Sonntag, 1. März im Pietro Barbetti-Stadion) vorerst aus.

Von: luk

Bezirk: Bozen