Dutzende Italiener an Bord: Rom fürchtet hartes Eingreifen der Israelis – VIDEO

„Der nächste Angriff auf die ‚Global Sumud Flotilla‘ wird tödlich sein“

Dienstag, 30. September 2025 | 08:05 Uhr

Von: ka

Rom/Gaza/Jerusalem – Seit die überwiegende Mehrheit der Teilnehmer der „Global Sumud Flotilla“, die die israelische Seeblockade durchbrechen und Hilfsgüter nach Gaza bringen will, letzte Vermittlungsangebote der römischen Regierung und der katholischen Kirche dankend abgelehnt hat und selbst der Appell des italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella ungehört blieb, liegen in Rom die Nerven blank.

Die Regierung Meloni fürchtet, dass die israelische Marine die kleine Flotte von Segelbooten gewaltsam aufhalten und die Schiffe entern könnte, wobei Italiener – an Bord sollen sich rund vier Dutzend italienische Staatsbürger befinden – verletzt oder gar getötet werden könnten. Tote italienische Pro-Palästina-Aktivisten – so der Albtraum in Rom – könnten nicht nur die gewaltsamen Proteste weiter anheizen und zu weiteren antisemitischen Vorfällen führen, sondern auch das Ansehen der italienischen Regierung beschädigen.

Um eine Eskalation zu verhindern, nutzt die Regierung alle diplomatischen Kanäle – von Donald Trump bis hin zur Regierung Netanjahu. Doch die Prophezeiung eines Kapitäns eines der Segelboote – „Der nächste Angriff auf die ‚Global Sumud Flotilla‘ wird tödlich sein“ – lässt Schlimmes befürchten.

Trotz erster Drohnenangriffe, vieler Vermittlungsversuche und Appelle zur Umkehr halten die Segelboote der „Global Sumud Flotilla“, die die israelische Seeblockade durchbrechen und Hilfsgüter nach Gaza bringen wollen, unverändert Kurs auf den Gazastreifen. Da unter den rund 300 Teilnehmern der Protest- und Hilfsaktion die Hardliner offenbar die Oberhand behalten und die israelische Regierung fest entschlossen ist, ein Durchbrechen der Blockade um jeden Preis zu verhindern, wird das Schlimmste befürchtet. Israelische Marinesoldaten könnten die Boote entern, wobei es zu Verletzten und möglicherweise sogar zu Todesopfern kommen könnte.

Facebook/Global Sumud Flotilla

Ein italienischer Kapitän spricht diese Furcht offen aus. „Der nächste Angriff auf die ‚Global Sumud Flotilla‘ wird tödlich sein. Und wenn er durchgeführt wird – und leider deuten alle Anzeichen darauf hin – dann wird es diesmal Schwerverletzte und möglicherweise Tote geben“, so die düstere Prophezeiung von Stefano Bertoldi, Kapitän der Zefiro, einem der von Drohnen angegriffenen Segelschiffe der Flottille.

Angesichts des immer wahrscheinlicher werdenden Szenarios, dass israelische Seestreitkräfte die verbliebenen 42 Schiffe der Flottille abfangen und die 300 Teilnehmer festnehmen werden, verließen erste Aktivisten die kleine Flotte. Während einige die Segel streichen mussten, weil ihre Boote havariert waren, gaben andere auf, weil sie mit der politischen Linie der Hardliner an Bord, die den Ton bestimmen, nicht einverstanden waren oder Angst hatten, in einen gewaltsamen Konflikt zu geraten. Für Außenstehende ist ohnehin unklar, wer der „Admiral“ der kleinen Flotte ist und wie Entscheidungsprozesse ablaufen.

Facebook/Global Sumud Flotilla

Die Flottille hat am Sonntag griechische Gewässer verlassen, um nach Gaza zu segeln. Nach dem Erreichen internationaler Gewässer wurden die Boote erneut von Drohnen verfolgt. Diese blieben jedoch dieses Mal in großer Höhe und griffen nicht an. Nachts segeln die Schiffe mit gesenkten Segeln über das Meer. Wie die Onlineausgabe des Il Fatto Quotidiano am Montag berichtete, gilt eine Abfangaktion Israels auf hoher See nach wie vor als das von den Organisatoren am wahrscheinlichsten erwartete Szenario. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass sich inzwischen zehn weitere Boote zu den ursprünglichen hinzugesellt haben. Daher könnte es für die israelischen Seestreitkräfte schwierig werden, sie alle zu stoppen. Aus diesem Grund steigt das Risiko eines schweren Zwischenfalls weiter an.

Der Angriff auf die „Freedom Flotilla” während der Operation „Gegossenes Blei” im Jahr 2010 mit neun Todesopfern zeigt, dass die Risiken tödlicher Zwischenfälle sehr groß sind. Die Autopsien in der Türkei ergaben, dass acht der Opfer von 9-Millimeter-Kugeln getroffen worden waren. Der italienische Verteidigungsminister Guido Crosetto hat den Plan der Regierung erläutert. Ein Verbindungsoffizier befindet sich derzeit im Operationsraum der Kriseneinheit des Außenministeriums und steht in Kontakt mit der italienischen Marine. Er wird täglich Aufforderungen zum Rückzug aussprechen. Die letzte Warnung wird erfolgen, wenn sich die Fregatte „Alpino”, die der kleinen Flotte mit etwas Abstand folgt, hundert Seemeilen vor Gaza befindet. Zu diesem Zeitpunkt wird die Fregatte mitteilen, dass die Gefahr einer Verletzung der israelischen Seeblockade besteht. Die „Alpino” wird melden, dass sie ab diesem Zeitpunkt keinen Schutz mehr gewährleisten kann und den Aktivisten anbieten, sie mit ihren Booten zum nächsten Hafen zu begleiten.

Facebook/Global Sumud Flotilla/Alpino

Unter keinen Umständen wird sich die italienische Marine in einen Konflikt mit Israel hineinziehen lassen. Sollte die „Global Sumud Flotilla” die Aufforderung zum Anhalten ablehnen, wird die Fregatte nicht auf die militärischen Aktionen der israelischen Streitkräfte reagieren, auch nicht aus Verteidigungsgründen. Die „Alpino“ wird lediglich Such- und Rettungsmaßnahmen durchführen, wie es das Seerecht vorsieht.

Die Hoffnungen, dieses Szenario zu vermeiden, hängen von den Vermittlungsbemühungen der italienischen Parlamentarier und der Kirche ab. Laut der Turiner Zeitung La Stampa fordern die „Botschafter” der Flottille, auf dem vor einigen Tagen vorgelegten Entwurf einer Vereinbarung aufzubauen, den Giorgia Meloni während einer Pressekonferenz in New York vorgestellt hatte. Allerdings mit zwei Änderungen. Erstens soll der Korridor für Hilfsgüter dauerhaft eingerichtet werden. Zweitens soll der Transport von Hilfsgütern ausschließlich von der Kirche und ohne Beteiligung der Regierungen vermittelt werden.

Da Israel „großen Diskussionsbedarf” sieht, mehrere Forderungen ablehnt und die Hardliner der Flotille fest entschlossen sind, die von Israel verhängte Seeblockade zu durchbrechen, wächst die Gefahr einer gewaltsamen Enterung.

APA/APA/AFP/MAYA LEVIN

Die Lage ist sehr ernst. „Israel hat den Vorschlag der italienischen Regierung angenommen, die Hilfsgüter im Hafen von Zypern zu entladen und sie dann nach Gaza zu transportieren. Die Flottille hat den Vorschlag hingegen abgelehnt und damit gezeigt, dass ihr eigentliches Ziel die Provokation sowie die Unterstützung der Hamas sind. Israel wird den Schiffen nicht erlauben, in ein aktives Kampfgebiet einzufahren, und eine Verletzung der legitimen Seeblockade nicht zulassen. Israel ist weiterhin bereit, sich an jeder konstruktiven Vereinbarung zu beteiligen, um die Hilfsgüter auf legale und friedliche Weise zu transportieren“, betonte der israelische Außenminister Gideon Sa’ar auf X.

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Giorgia Meloni bezeichnete die humanitäre Initiative als „gefährlich und unverantwortlich”, deren einziges Ziel es sei, „der Regierung Probleme zu bereiten”. Die Regierungschefin forderte die Aktivisten auf, Zypern anzusteuern und dort zu bleiben. „Wer weiter nach Gaza fährt, übernimmt alle Risiken”, so die unmissverständliche Mitteilung des italienischen Außenministeriums.

In Rom wird in den kommenden 24 bis 48 Stunden mit einem Eingreifen der israelischen Seestreitkräfte gerechnet. Die Hoffnung ist, dass es wie im Juni bei einer einfachen Festnahme der Aktivisten bleibt. An andere Szenarien möchte man in Italien gar nicht denken.

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