Von: Ivd
Rom – Der Kassationsgerichtshof in Rom hat entschieden, dass einer Gruppe von Migranten Entschädigung gezahlt werden muss, die im August 2018 an Bord des Schiffs „Diciotti“ zehn Tage lang im Hafen von Catania festgehalten wurden. Der damalige Innenminister Matteo Salvini hat dem Küstenwachenschiff keine Anlegeerlaubnis erteilt. Das Gericht entschied nun, dass damit die Grundrechte der Menschen verletzt wurden.
Vom 16. bis 25. August wurden 177 Flüchtlinge auf dem Boot „Diciotti“ der Küstenwache im Hafen von Catania festgehalten, nachdem sie von dieser zuvor gerettet wurden. Rom unter maßgeblichem Einfluss von Matteo Salvini weigerte sich damals, die Menschen an Land zu lassen. Auch Bemühungen der EU, die 177 Personen auf die EU-Länder zu verteilen, blieben ohne Erfolg. Minderjährige an Bord des Schiffes wurden erst nach acht Tagen vom Schiff gelassen, nachdem die Lage an Bord sich enorm zuspitzte.
Regierung zur Verantwortung gezogen
Viele der Menschen erlitten während dieser Zeit Krätze und wurden unter unmenschlichen Lebensbedingungen im Freien festgehalten. Der Kassationsgerichtshof in Rom hat ihren Einspruch nun angenommen und Italien dazu verpflichtet, den betroffenen Menschen Schadensersatz zu leisten. Die erzwungene Zurückhaltung der Geflüchteten an Bord der “Diciotti” sei unrechtmäßig und stellt eine Verletzung ihrer Grundrechte dar. Die genaue Höhe des Schadenersatzes wird jedoch von einem nachgeordneten Gericht festgelegt, das den individuellen Schaden der Betroffenen bewerten muss.
Der Fall “Diciotti” hatte schon 2018 für erhebliche politische Turbulenzen gesorgt. Das Ministergericht in Palermo eröffnete damals ein Verfahren gegen Salvini wegen Freiheitsberaubung. Da der Vorfall unter seine Amtsführung als Innenminister fiel, war es erforderlich, dass der Senat Italiens einer strafrechtlichen Verfolgung zustimmt. Das zuständige Gericht in Catania, wohin der Fall weitergeleitet wurde, sprach sich schließlich gegen eine Anklage aus.
Wendepunkt in Rechtsprechung
Das Urteil markiert einen bedeutenden Wendepunkt in einem der umstrittensten Migrationsfälle der jüngeren italienischen Geschichte. Die Verpflichtung zur Zahlung von Schadenersatz an die betroffenen Migranten ist ein klares Zeichen dafür, dass unrechtmäßige Zurückhaltungen von Schutzsuchenden nicht folgenlos bleiben – eine Praxis, die Italien immer wieder zur Last gelegt wird. Es bleibt abzuwarten, welche politischen und rechtlichen sowie gesellschaftlichen Konsequenzen dieses Urteil nach sich ziehen wird.
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