Bodenhebungsrate verdoppelt

Forscher fordert: Pozzouli jetzt evakuieren!

Mittwoch, 12. Juni 2024 | 06:59 Uhr

Von: Ivd

Pozzuoli – In den letzten Monaten haben eine Vielzahl ungewöhnlich starker Schwarmbeben und eine erhöhte Vulkanaktivität in den Phlegräischen Feldern die Aufmerksamkeit von Wissenschaftlern und Behörden auf sich gezogen. Am Samstag erschütterte ein weiteres Schwarmbeben Pozzouli und die umliegende Region. Die Stimmen nach einer sofortigen Evakuierung werden lauter.

Am frühen Morgen des 8. Juni wurden die Bewohner der Region um Pozzouli erneut von einem Schwarmbeben aus dem Schlaf gerissen. Mit einer Stärke von bis zu 3,7 erschütterten insgesamt 56 Erdstöße die Gegend, wie das Nationale Institut für Geophysik und Vulkanologie (INGV) berichtete. Es war nicht das erste Mal in diesem Jahr, dass die Erde hier bebte: Bereits Ende Mai wurde ein Erdstoß der Stärke 4,4 gemessen, der stärkste seit Jahrzehnten.

Trotz der ständigen Gefahr bleibt das Leben um die Phlegräischen Feldern weitgehend normal. Die Gefahr eines Ausbruchs ist real, auch wenn die Wissenschaftler über den genauen Zeitpunkt uneins sind. Roberto Scandone, ein ehemaliger Professor für Vulkanphysik, ist besorgt: „Wenn ich die Mittel hätte, würde ich die Phlegräischen Felder evakuieren“.

Supervulkan aus der Eiszeit

Die Campi Flegrei sind ein riesiger Supervulkan mit einer 16 Kilometer breiten Vulkanöffnung, die in der Eiszeit durch gewaltige Ausbrüche geformt wurde. Seit den 1950er Jahren hebt sich der Boden in der Region kontinuierlich. In den letzten Jahren hat sich dieser Prozess beschleunigt: Allein seit 2005 ist die Bucht von Pozzuoli um 1,27 Meter gestiegen. Aktuelle Messungen zeigen, dass sich die Bodenhebungsrate in diesem Jahr von einem Zentimeter pro Monat auf zwei Zentimeter glatt verdoppelt hat.

Das Nationale Institut für Geophysik und Vulkanologie (INGV) beschreibt die Caldera als eine Art „riesigen Schnellkochtopf“. Unter der Oberfläche liegt eine Magmablase, die durch Risse im Erdreich Gase und heißes Wasser entweichen lässt. Wenn diese Risse durch Ablagerungen wieder verstopft werden, steigt der Druck erneut an, was zu weiteren Beben führt.

Evakuierungsplan XXL

In der Region wurden bereits umfassende Evakuierungspläne ausgearbeitet. Bei einem stärkeren Ausbruch könnten die Folgen verheerend sein, da rund 500.000 Menschen in der sogenannten Roten Zone leben. Nach dem jüngsten Beben wurden 550 Personen evakuiert und 130 Gebäude als einsturzgefährdet erklärt. Insgesamt wurden 76 Gebäuderäumungen angeordnet.

Die italienischen Behörden und Wissenschaftler arbeiten rund um die Uhr, um die Region zu überwachen und Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen. Die Bevölkerung bleibt wachsam, doch die ständige Ungewissheit über die Naturgewalten unter ihren Füßen ist schwer zu ertragen. Ob und wann der Supervulkan tatsächlich ausbricht, bleibt abzuwarten.

Quellen: Berliner Morgenpost, Merkur, Welt