Bekannter Arzt wegen mehrfacher sexueller Gewalt verhaftet – VIDEO

„Gib der ‚Kleinen‘ einen Rabatt, lass sie nur 90 bezahlen“

Montag, 26. Mai 2025 | 08:31 Uhr

Von: ka

Rivolta d’Adda – Kaum drei Wochen, nachdem der Primar der Radiologieabteilung des Krankenhauses von Piacenza, Emanuele Michieletti, wegen sexueller Gewalt in Dutzenden von Fällen verhaftet wurde, erschüttert ein weiterer Fall mehrfach verübter sexueller Gewalt Italiens Gesundheitswesen.

Nach monatelangen Ermittlungen wurde der bekannte Gastroenterologe Giovanni Sgroi wegen schwerer sexueller Gewalt in mindestens vier Fällen festgenommen und unter Hausarrest gestellt. Der 70-jährige Giovanni Sgroi, der im Laufe seiner langen Karriere Primar und Sanitätsdirektor gewesen war und neben seiner Tätigkeit in seiner Privatpraxis auch das Amt des Bürgermeisters von Rivolta d’Adda in der Provinz Cremona ausübte, soll Patientinnen während seiner Visiten befummelt haben.

Facebook/Giovanni Sgroi

Am 14. Mai 2024 suchte eine 24-jährige Frau, die an Magen- und Darmbeschwerden litt, seine gastroenterologische Praxis im multidisziplinären medizinischen Zentrum in Pozzuolo Martesana auf, um sich von ihm untersuchen zu lassen. Laut dem Bericht der Patientin an die Carabinieri von Mailand soll es sich jedoch eher um eine Reihe anzüglicher Bemerkungen gehandelt haben, die in sehr „intensive” Berührungen ihres Intimbereichs gemündet seien.

Obwohl ihre Mutter in der Praxis anwesend war, soll er die 24-Jährige, während sie auf dem Bett lag und lediglich durch eine Trennwand vor den Augen ihrer Mutter verborgen war, im Intimbereich befummelt haben. Die Patientin berichtete, dass ihre Mutter, misstrauisch ob der langen Zeit, die die Visite in Anspruch genommen hatte, nachgefragt habe, ob alles in Ordnung sei. Als sie sich über die Trennwand lehnte, bemerkte sie, wie der Verdächtige seine Hand zurückzog und das Ultraschallgerät erneut bewegte. Dann beendete er die Untersuchung schnell“, schreibt die Ermittlungsrichterin Sara Cipolla in ihrem Haftbefehl.

Facebook/Giovanni Sgroi

„Gib der ‚Kleinen‘ einen Rabatt, lass sie nur 90 bezahlen“, sagte der sichtlich zufriedene Arzt nach der Visite zur Sekretärin des privaten multidisziplinären medizinischen Zentrums in Pozzuolo Martesana. Die Sekretärin erinnert sich noch genau daran, wie Giovanni Sgroi den Preisnachlass rechtfertigte, indem er sagte: „Sie hat mir ja die … gezeigt.“

Die junge Frau, die nach dem Besuch in der Praxis des 70-Jährigen monatelang nicht mehr schlafen konnte, erstattete Anzeige, wodurch die Ermittlungen gegen den Arzt erst ins Rollen kamen. Die folgenden Ermittlungen förderten weitere erschreckende Details zutage. Der Anzeige der 24-Jährigen schlossen sich vier weitere Opfer, allesamt Frauen im Alter von 35, 34 und 43 Jahren, an.

Die Schilderungen der vier Betroffenen ähneln sich sehr stark. Ihren Aussagen zufolge sollen alle vier Frauen während gastroenterologischer oder abdominaler Ultraschalluntersuchungen Opfer sexueller Handlungen geworden sein. Sie beschreiben eine vertrauliche Annäherung, anzügliche Bemerkungen zu ihrem Aussehen, die Bereitschaft des 70-jährigen Gastroenterologen, weitere Untersuchungen vorzunehmen, sowie seine Hände, die sich während der Ultraschalluntersuchung des Unterleibs zuerst dem Intimbereich näherten, um ihn schließlich zu berühren. Außerdem berichten alle Opfer, dass der Chirurg sie aufgefordert hat, ihn erneut über WhatsApp zu kontaktieren. Nach der „Visite” fühlten sie sich „peinlich berührt und verletzt” und hatten das Gefühl, die sexuellen Triebe des Arztes befriedigt zu haben.

Im Haftbefehl heißt es: „Der Verdächtige verwandelte ohne Zustimmung der Patientinnen die Untersuchung abrupt in einen Akt der Gewalt, wobei er den erleichterten Zugang zu den freigelegten Intimbereichen sowie den vorhersehbaren Zustand der Verunsicherung und Hilflosigkeit der Patientinnen ausnutzte.“

Der medizinische Gutachter der Staatsanwaltschaft bestätigt, dass „für eine intime Untersuchung im Rahmen einer gastroenterologischen Begutachtung keine medizinische Indikation vorhanden sei“. „Die vaginalen Untersuchungen zeigen keine nachhaltige Verbindung zu den von den Patientinnen geschilderten und in den vorliegenden Bescheinigungen anamnestisch erfassten Symptomen“, so der von der Staatsanwaltschaft beauftragte Arzt in seinem Gutachten. Auffallend ist, dass die den Patientinnen angebotenen „Zusatzuntersuchungen” in den Visitenberichten keine Erwähnung fanden.

Im Laufe der Ermittlungen kam ans Licht, dass Giovanni Sgroi bereits vor 15 Jahren von einer damals 44-Jährigen angezeigt worden war. Ähnlich wie die späteren Opfer hatte sie den Ermittlern von anzüglichen Bemerkungen und Berührungen in ihrem Intimbereich durch den Arzt erzählt, der damals in Alzano Lombardo praktiziert hatte. Da der heute 70-Jährige jegliche Schuld und Verantwortung abgestritten hatte, war der Fall archiviert worden.

Facebook/Giovanni Sgroi

Da Giovanni Sgroi im Laufe seiner langen Karriere Primar und Sanitätsdirektor war, im vergangenen Jahr für das EU-Parlament kandidiert hat, Bürgermeister von Rivolta d’Adda wurde und als „sehr bekannt, einflussreich und mächtig“ gilt, liegt die Vermutung nahe, dass es noch weitere Opfer gibt, die bisher geschwiegen haben.

Der Präfekt von Cremona, Antonio Giannelli, hat Giovanni Sgroi, der sich derzeit in Hausarrest befindet, vorsorglich vom Bürgermeisteramt suspendiert.

Wie damals weist der 70-Jährige jegliche Schuld von sich. „Alles, was ich zum jetzigen Zeitpunkt sagen kann, ist, dass er sich in Bezug auf die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen für völlig unschuldig hält. Wir werden die Gelegenheit bekommen, unseren Sachverhalt darzulegen“, so sein Anwalt Domenico Chindamo.

 

 

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