Von: ka
Bologna – Vier Jahre nach dem grausamen Femizid an der damals 26-jährigen Kristina Gallo wurde ihr ehemaliger Liebhaber, der 44-jährige Giuseppe Cappello, wegen Mordes zu 30 Jahren Haft verurteilt. Nachdem zunächst von einem natürlichen Tod ausgegangen worden war, wurde der Fall neu aufgerollt. Dank der beharrlichen Ermittlungsarbeit der Carabinieri kamen Indizien und Beweise ans Tageslicht, die zur Verhaftung des nun verurteilten Mörders führten.
Am 25. März 2019 wurde in ihrer Mietwohnung in Bologna die Leiche der 26-jährigen Kristina Gallo entdeckt. Die Leiche wies bereits einen fortgeschrittenen Verwesungszustand auf. Der Gerichtsmediziner stellte fest, dass der Tod der jungen Frau mindestens fünf Tage vorher erfolgt war. Da die bei den Untersuchungen gesammelten Daten und die ersten gerichtsmedizinischen Beurteilungen zunächst auf eine natürliche Todesursache schließen ließen, beantragte der Voruntersuchungsrichter die Archivierung des Falles. Ihre Familie, die Verdacht schöpfte, erhob aber Einspruch. Insbesondere die Lage der Leiche – ein Teil des Körpers lag unter dem Bett – ließ Zweifel an einem natürlichen Tod der jungen Frau aufkommen.
In der Zwischenzeit nahmen die Carabinieri das persönliche Umfeld der Frau näher in Augenschein. Dabei fanden sie heraus, dass Kristina Gallo, die Mutter eines Kindes war, das sich in der Obhut ihres Vaters befand, vor nicht allzu langer Zeit eine Beziehung mit einem verheirateten Mann, Giuseppe Cappello, eingegangen war. Giuseppe Cappello bestritt, etwas mit dem Tod der 26-Jährigen zu tun zu haben, und behauptete, dass er die Beziehung mit Kristina Gallo mehr als einer Woche vor dem Auffinden ihrer Leiche beendet hätte.
Auch auf Antrag der Familie der jungen Frau ordnete das Gericht weitere gerichtsmedizinische und kriminalwissenschaftliche Untersuchungen am Tatort an. Erschwert wurden diese aber dadurch, dass die Leiche von Kristina Gallo bereits eingeäschert und die Wohnung dem Eigentümer zurückgegeben worden waren. Die bei der Autopsie entnommenen biologischen Proben ermöglichten es den von der Staatsanwaltschaft beauftragten Gutachtern dennoch, weiterführende Untersuchungen anzustellen. Unter anderem wurden von der Sonderabteilung der Carabinieri RIS genetische Spuren ausgewertet und miteinander verglichen. Dabei konnte männliches genetisches Material, das unter den Fingernägeln des Opfers sichergestellt worden war, Giuseppe Cappello zugeordnet werden.
Zudem beging der Täter einen schweren Fehler. Er schaltete das Smartphone des Opfers, das seit dem Auffinden der Leiche verschwunden war, wieder ein und führte auf ihm einige Tätigkeiten durch. Auch dieses Detail führte die Ermittler zum Verurteilten.
Auf der Grundlage der neu gesammelten Indizien und Beweise nahm das RIS auch eine 3D-Rekonstruktion des Tatorts vor. Sie ergaben, dass der 44-Jährige an der Tat beteiligt gewesen war und der Tod des Opfers durch Ersticken eingetreten war. Bei der Auswertung der Smartphones kam zum Vorschein, dass entgegen seiner Behauptung Giuseppe Cappello zur möglichen Tatzeit in der Wohnung war. Der in der Wohnung gefundene Autoschlüssel von Giuseppe Cappello stützt diese Annahme.
Obwohl Giuseppe Cappello die entsprechende Applikation deinstalliert hatte, stellten die kriminaltechnischen Experten auf seinem Smartphone nicht weniger als 6.000 Audiodateien mit Aufzeichnungen seiner Telefongespräche sicher. Sie bestätigten die Zeugenaussagen von Freunden, Kollegen und Nachbarn des Opfers über die fortdauernde physische und psychische Gewalt, die die 26-Jährige aufgrund der übermäßigen Eifersucht des Mannes erlitten hatte. Unter anderem hatte Giuseppe Cappello Kristina Gallo immer wieder mit dem Tod gedroht. „Mit mir bis in den Tod“, so eines von vielen erschütternden Gesprächen.
Über das Mordmotiv bestand kaum Zweifel. Kristina Gallo musste sterben, weil Giuseppe Cappello nicht mehr dazu imstande war, das – so die Staatsanwaltschaft – „Lügengebäude seiner Doppelbeziehung“ aufrechtzuerhalten. Mit der Anschuldigung, Kristina Gallo ermordet zu haben, wurde Giuseppe Cappello im Juli des vergangenen Jahres festgenommen. Fast genau ein Jahr später erging mit 30 Jahren Haft das Urteil des Gerichts von Bologna.
„Da eine junge Frau gestorben ist, können wir nicht von Genugtuung sprechen. Aber wir können sagen, dass es ein Mord war. Kristina Gallo widerfährt endlich Gerechtigkeit“, so die Anwältin, die während des Prozesses eine Opferorganisation vertrat.