Andrea Papi 26] scherzte über möglichen Angriff

“Hoffentlich treffe ich heute keinen Bären”

Montag, 10. April 2023 | 09:47 Uhr

Caldes – Der Schock in der kleinen Ortschaft Caldes im Trentino und weit darüber hinaus sitzt nach dem tödlichen Bärenangriff noch immer tief. Der am frühen Donnerstagmorgen aufgefundene Jogger Andrea Papi (26) wurde laut Autopsiebericht von einem Braunbären angegriffen und getötet. Der Körper des Mannes wies schwere Verletzungen auf. Tiefe Kratzer am Körper und im Gesicht, Bisswunden sowie eine schwere Verletzung am Bauch legten bereits zuvor den Verdacht nahe, dass es sich um die Attacke eines Bären gehandelt habe.

An der Leiche des jungen Mannes wurden entsprechende DNA-Rückstände entdeckt, wie es hieß. Der Bär soll nun identifiziert und anschließend getötet werden, sagte der Landeshauptmann des Trentino, Maurizio Fugatti. Rom hat dafür bereits grünes Licht gegeben.

“Hoffentlich treffe ich heute keinen Bären”

Seine Partnerin berichtet nun, dass er noch vor seiner Laufrunde über einen möglichen Bären-Angriff gescherzt hatte.

“Er ging um 16.00 Uhr aus dem Haus. Ich war um 19.00 Uhr mit ihm verabredet, wir wollten an eine Geburtstagsfeier gehen”, sagt sie der Zeitung Corriere del Trentino. Als er sie nicht von der Arbeit abholte, begann sie, sich Sorgen zu machen.

Sie rief zunächst die Mutter von Papi an. Dann sah sie selbst am Fuß des Berges nach ihm. Schließlich entschied sie sich, den Notruf zu wählen. “Nach stundenlanger Suche kamen nach 3.00 Uhr morgens die Carabinieri nach Hause, um uns die Nachricht von seinem Tod zu überbringen.” Dass sich in der Gegend Baunbären aufhalten, sei Andrea Papi bewusst gewesen. “Hoffentlich treffe ich heute keinen Bären”, pflegte ihr Partner zu sagen. Leider sei das am vergangenen Mittwoch dann der Fall gewesen, sagt seine trauernde Lebensgefährtin.

Im Val di Sole unweit von Cles und auch nicht weit von Südtirol entfernt, gab es zuletzt immer wieder Bärensichtungen. Einheimische berichteten der Zeitung “L’Adige”, dass es im vergangenen Monat mehrere Angriffe auf Nutztiere wie etwa Schafe gegeben habe. Bereits Anfang März war unweit von Caldes – im Rabbital – ein Mann von einem Bären am Kopf und Arm verletzt worden.

LH Fugatti will Bärenpopulation halbieren

In der Provinz gibt es Schätzungen zufolge rund 100 wildlebende Bären.

Landeshauptmann Fugatti will daher nicht nur diesen Problembären töten lassen. Er will die Population praktisch halbieren. “Dieser Bär muss entfernt werden, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten”, erklärte Fugatti weiter. Nach seinen Worten sollten alle “problematischen” Tiere erlegt werden.

Etwa 100 Bären leben in der bergigen und bewaldeten Gegend in freier Wildbahn. Das sei, so Fugatti, nicht mehr tragbar.

Das Wiederansiedlungsprojekt “Life Ursus” hatte im Jahr 1999 mit Unterstützung der Europäischen Union begonnen. Zehn Bären aus Slowenien wurden in die Region Trentino überführt. Die Braunbären im Trentino vermehrten sich und haben in den vergangenen Monaten mehrere Tiere gerissen. Die autonome Provinz Trient forderte mehr Freiheit bei Fang und Tötung gefährlicher Exemplare.

“Hexenjagd gegen die Bären vermeiden”

Italienische Tierschutzverbände protestieren hingegen gegen die Pläne der autonomen Provinz Trient, den Problembären zu erlegen. Die Tierschutzverbände baten das Umweltministerium, zusammen mit der Provinz Trient Maßnahmen zur Verbesserung des Umgangs mit der Bärenbevölkerung in der Region zu besprechen. Wichtig sei es, eine “Hexenjagd” gegen die Bären zu vermeiden.

Der Umweltschutzverband Legambiente betonte, dass es sich in Italien um den ersten Fall eines tödlichen Bärenangriffs in den vergangenen 150 Jahren handle. Laut der italienischen Vereinigung für den Schutz von Tieren und Umwelt (Aidaa) sei es notwendig, “den Ermittlungen auf den Grund zu gehen und genau zu rekonstruieren, was passiert ist”. Der Jogger soll sich mit einem Stock gegen den Bären verteidigt haben, was die Reaktion des Tieres provoziert haben könnte.

Unterdessen mehren sich in den sozialen Medien die Stimmen gegen die Tötung des Bären. “Wir haben Wälder niedergebrannt und zementiert und damit der Tierwelt immer mehr Platz weggenommen. Das Töten von Tieren ist keine Lösung, um die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten. Stellen Sie sich einen Wald oder ein Waldgebiet ohne Tiere vor”, schrieb der Chef der italienischen Grünen Angelo Bonelli auf Twitter.

“Werde weiterhin wandern”

Die Freundin des verstorbenen Andrea Papi erklärt gegenüber dem Corriere del Trentino, dass sie weiterhin in den Bergen wandern werde, “wohl wissend, dass die Gefahr immer bestehen wird.” “Vielleicht gehe ich nicht mehr allein, sondern nur noch in Begleitung”, meint die trauernde Trentinerin.

Von: luk