Von: ka
Rom – Die öffentliche Facebook-Gruppe „Mia Moglie“ sorgt in Italien für Empörung. In der Gruppe, die mehr als 31.000 Mitglieder zählte und am späten Mittwochvormittag geschlossen wurde, veröffentlichten Tausende von Männern Fotos ihrer Partnerinnen und Ehefrauen, wobei dies ersten Erkenntnissen zufolge fast ausschließlich ohne deren Zustimmung erfolgte.
Erst die Meldungen und Anzeigen mehrerer Facebook-Nutzer, die zufällig auf diese Gruppe gestoßen waren, sowie die heftige Kritik feministischer Aktivistinnen, die öffentlich auf die Existenz dieser abstoßenden Facebook-Gruppe aufmerksam gemacht hatten, führten zu ihrer Schließung. Die Postpolizei ermittelt im Fall.
Der Fall „Mia Moglie” löste jedoch auch eine heftige Debatte darüber aus, warum weitverbreitete soziale Netzwerke wie Facebook das Treiben solcher Nutzer überhaupt zulassen.
In der öffentlichen Facebook-Gruppe „Mia Moglie“ („Meine Frau“, Anmerkung der Redaktion) mit etwa 31.000 Mitgliedern wurden seit ihrer Gründung vor sechs Jahren Tausende Fotos von Frauen geteilt. Laut den Mitgliedern, die praktisch alle Männer waren, habe es sich bei allen Fotos um Aufnahmen ihrer Ehefrauen und Partnerinnen gehandelt. Doch fast alle Fotos, auf denen Frauen – meist halbnackt, in Unterwäsche oder im Bikini – zu sehen sind, erwecken den Anschein, als seien sie ohne deren Zustimmung aufgenommen worden. Besonders bei Aufnahmen, die schlafende Frauen zeigen, besteht kaum ein Zweifel, dass sie dem Fotografieren und Veröffentlichen der Fotos nicht zugestimmt haben.
Meist sind die Gesichter verpixelt oder auf andere Weise unkenntlich gemacht, manchmal sind sie jedoch klar zu erkennen. Andere Fotos, darunter einige Nacktfotos, scheinen hingegen aus dem Internet heruntergeladen und auf der Seite gepostet worden zu sein. Zudem besteht der Verdacht, dass einige der Frauen nicht die Partnerinnen der Gruppenmitglieder, sondern vollkommen unbeteiligte Personen sind, von denen ohne ihr Wissen Fotos geschossen und in der Gruppe veröffentlicht wurden.
In der Regel posteten die Nutzer ein anzügliches Foto einer Frau und stellten sie den Mitgliedern als ihre Ehefrau oder Freundin vor. „Ich stelle euch meine Frau vor“ war der am häufigsten verwendete Satz. Aber auch Fragen wie „Wie findet ihr sie?“ oder gar „Was würdet ihr mit ihr machen?“ wurden sehr häufig gestellt. Die „Antworten“ der anderen Männer in der Gruppe erfolgten zumeist prompt und auf sehr vulgäre Art und Weise. Einige der Männer, die die Fotos kommentieren und veröffentlichen, haben Profile mit Vor- und Nachnamen. Andere hingegen schreiben anonym. In einem Schritt kann man jedoch das ursprüngliche Profil zurückverfolgen, mit dem sie der Gruppe beigetreten sind.
Ersten Erkenntnissen zufolge trieb die im Jahr 2019 gegründete Facebook-Gruppe, in der der Körper ahnungsloser und unbeteiligter Frauen zu Objekten des gemeinschaftlichen Konsums degradiert wurde, sechs Jahre lang ihr Unwesen, ohne dass die Verantwortlichen des sozialen Netzwerks einschritten. Nichts geschah, obwohl die Taten der Nutzer den Straftatbestand des sogenannten „Revenge Porn” erfüllten. Der Begriff „Revenge Porn” (Anmerkung der Redaktion: „Racheporno”) wurde 2019 in Artikel 612 ter des italienischen Strafgesetzbuches aufgenommen. Er betrifft die „unerlaubte Weitergabe oder Veröffentlichung von intimen, sexuell eindeutigen Bildern oder Videos” ohne die Zustimmung der darauf abgebildeten Personen.
Die Straftat wird mit Freiheitsstrafen von bis zu sechs Jahren geahndet. Auch wer sich mit gewalttätigen Kommentaren beteiligt, muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen. Es ist wichtig zu beachten, dass der Artikel nicht nur die Weitergabe von Bildern oder Videos umfasst, die sexuelle Handlungen zeigen, sondern auch solche, die andere intime Körperteile oder Situationen darstellen, die sexuelle Assoziationen hervorrufen können.
Erst die Meldungen und Anzeigen mehrerer Facebook-Nutzer, die zufällig auf diese Gruppe gestoßen waren, sowie die heftige Kritik feministischer Aktivistinnen, die öffentlich auf die Existenz dieser abstoßenden Facebook-Gruppe aufmerksam gemacht hatten, führten zu ihrer Schließung.
Eine dieser Aktivistinnen ist die Autorin Carolina Capria. Mit einem Beitrag auf ihrer Instagram-Seite L’ha scritto una femmina („Geschrieben von einer Frau”) machte sie auf diese Gruppe aufmerksam. „Gestern wurde mir die Existenz einer Facebook-Gruppe mit 32.000 Mitgliedern gemeldet. In dieser Gruppe werden intime Fotos von Ehefrauen ausgetauscht, um deren Aussehen ausführlich zu kommentieren und sexuellen Fantasien Ausdruck zu verleihen. Oft wissen die Frauen nicht, dass sie fotografiert wurden. Sie werden Opfer einer virtuellen Vergewaltigung“, schrieb sie auf Instagram. Durch Carolina Capria wurden auch die Aktivistinnen von Basta.Suedtirol0 auf die Seite aufmerksam.
Leider ist die Facebook-Gruppe „Mia Moglie“, die auch einen Telegram-Kanal betreibt, kein Einzelfall. Gruppen wie diese existieren bereits seit Langem in den sozialen Netzwerken. Laut der Postpolizei, die in dem Fall ermittelt, waren im September 2020 in Italien über sechs Millionen Männer in ähnlichen Gruppen registriert.
Der Fall „Mia Moglie“ löste in der italienischen Öffentlichkeit jedoch auch eine heftige Debatte darüber aus, warum weitverbreitete soziale Netzwerke wie Facebook so lasch kontrollieren und das Treiben solcher Nutzer überhaupt dulden.
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