Abschluss nur als allerletzte Option

M49 soll in ein geschlossenes Gehege kommen

Donnerstag, 18. Juli 2019 | 14:54 Uhr

Trient – Das italienische Verfassungsgericht hat zwar bestätigt, dass der Bereich des Wolf- und Bärenmanagements vollständig in die gesetzgeberische Zuständigkeit der Autonomen Provinzen von Bozen und Trient fällt. Dass die Bärin M49 abgeschossen wird, gilt trotzdem als unwahrscheinlich. Laut einem Bericht von Alto Adige online plant die Landesregierung in Südtirols Nachbarprovinz, das Tier erneut einzufangen und in einem geschlossenen Gehege unterzubringen.

M49 ist am Montag die Flucht aus einem elektronischen Gehege des Tierpflegezentrums Casteller im Trentino gelungen.

Die autonomen Provinzen Südtirol und Trentino können laut Urteil des Verfassungsgerichts, nach Einholung eines positiven Gutachtens des Institutes für Umweltschutz und -forschung (ISPRA), eigenständig Maßnahmen zum Schutz der Berg- und Almwirtschaft erlassen und auch die Entnahme von problematischen Tieren vornehmen, wenn es keine anderen wirksamen Alternativen gibt. Landeshauptmann Maurizio Fugatti hat es sich trotzdem anders überlegt. Ein Abschuss kommt nur als allerletzter Ausweg in Frage – etwa, wenn die Bärin in ein Almgebiet oder in eine bewohnte Siedlung eindringt.

Der Ausbruch und die Flucht der Bärin hat beachtliches mediales Interesse hervorgerufen. Tierschützer riefen die Justiz dazu auf, eine Untersuchung einzuleiten und dem entkommenen Raubtier das Leben zu retten.

Der Bär M49 tappte am Dienstag in eine Fotofalle, er wurde in den Wäldern oberhalb von Pergine im Trentino fotografiert. Nach ihm wird weiterhin gesucht. Die jüngste Aufnahme ist die einer Fotofalle in den Wäldern südlich der Stadt Trient. Das Foto wurde am Mittwochabend um 22.54 Uhr geschossen, berichtet die Nachrichtenagentur Ansa.

Das etwa drei Jahre alte Exemplar, das Landwirten und Viehzüchtern beträchtlichen Schaden zugefügt und mehrere Tiere gerissen hatte, war am Sonntag im Rendena-Tal eingefangen und nach Casteller gebracht worden. Bei der Gefangennahme war M49 sein mit einem GPS-Sender versehenes Halsband abgenommen worden, was die Suche nach ihm nun erschwert.

Der Bär M49 ist einer von etwa 50 Bären, die sich derzeit im Trentino aufhalten. Er ist Teil des Wiederansiedlungsprojektes Life Ursus, das im Jahr 1999 mit Unterstützung der Europäischen Union zehn Bären aus Slowenien in die Region Trentino einführte. Die Braunbären im Trentino vermehren sich und haben in den vergangenen Monaten mehrere Tiere gerissen. Die autonome Provinz Trient forderte mehr Freiheit bei Fang und Tötung gefährlicher Exemplare.

Tote Schafe im Almgebiet zwischen Sellraintal und Inntal – Hinweise auf Anwesenheit eines Bären

Rund 20 tote Schafe im Almgebiet zwischen dem Sellraintal und dem Inntal deuten unterdessen auch in Nordtirol darauf hin, dass sich auch dort ein großer Beutegreifer in der Gegend aufhalten könnte bzw. aufgehalten hat.

„Die unsystematische Vorgangsweise und das Bild, das die Risse zeigen, deuten auf einen Bären hin. Bislang wurden uns allerdings keine Sichtungen gemeldet“, erläutert Martin Janovsky, Beauftragter des Landes für große Beutegreifer. Das weise darauf hin, dass es sich – falls wirklich ein Bär in der Gegend ist – eher um ein scheues Tier handeln dürfte.

Die Experten der Landesveterinärdirektion sind derzeit vor Ort im betroffenen Almgebiet, um die Situation abzuklären. Auch Wildkameras wurden bereits aufgestellt. Die von den toten Schafen genommenen Proben wurden bereits zur DNA-Analyse eingeschickt. Die Tierhalter und die Jägerschaft werden gebeten, aufmerksam zu sein und Beobachtung an die zuständige Bezirkshauptmannschaft Innsbruck zu melden.

Große Verunsicherung gibt es bei den Schafbesitzern, die ihre Tiere im betroffenen Almgebiet haben. Wer seine Schafe aber vorsichtshalber abtreibt, kann beim Land Tirol jedenfalls um eine Erstattung der Futterkosten am Heimbetrieb ansuchen. Auch für die von großen Beutegreifern verursachten Schäden gibt es eine Entschädigungsregelung.

Unmittelbare Gefahr für Wanderer und Wanderinnen durch die mögliche Präsenz eines großen Beutegreifers besteht nicht. Es wird jedoch empfohlen, die allgemeinen Verhaltensregeln zu beachten. Diese besagen, sich an offizielle Wanderwege zu halten und sich allenfalls durch Reden oder Singen bemerkbar zu machen. Das Liegenlassen von Lebensmitteln oder gar das Füttern ist zu unterlassen. Wer einen Bären sieht, sollte durch lautes Reden auf sich aufmerksam machen.

Den betroffenen Schafbauern sichert LHStv Josef Geisler die volle Unterstützung des Landes zu. „Im Moment ist es sehr wahrscheinlich, dass die toten Schafe auf einen großen Beutegreifer zurückzuführen sind. Damit greift das Entschädigungsmodell, das zumindest die finanziellen Verluste der Tierhalter weitgehend abdeckt“, erklärt LHStv Geisler und meint weiter: „Wenn man sieht, wie die Tiere teils zugerichtet wurden, wird einem ganz anders. Das Tierleid können wir monetär nicht abgelten.“ Vollstes Verständnis hat Geisler für all jene, die ihre Tiere im betroffenen Gebiet von der Alm ins Tal holen. Das Land Tirol übernimmt die zusätzlich entstehenden Futterkosten für die aus dem betroffenen Gebiet abgetriebenen Schafe.

Klar ist für LHStv Geisler aber, dass große Beutegreifer jedenfalls eine Gefahr für die Tiroler Almwirtschaft darstellen. Weil noch nicht gesichert sei, ob es sich tatsächlich um einen Bären handelt, wird die Situation weiter genau beobachtet. „Wir haben rechtlich aber in letzter Konsequenz die Möglichkeit zur Entnahme eines auffälligen Tieres. Falls die Notwendigkeit besteht, werden wir auch zu dieser Maßnahme greifen müssen.“

Für Wanderer besteht aus heutiger Sicht kein Grund zur Panik. Die Einhaltung grundsätzlicher Verhaltensregeln wird aber empfohlen.

Alle Informationen auch unter www.tirol.gv.at/baer-wolf- luchs bzw. www.tirol.gv.at/ baerenratgeber.

Die Bevölkerung in Nordtirol wird gebeten, allfällige Sichtungen oder Bilder an die zuständige BH Innsbruck per E-Mail (roberta.walch@tirol.gv.at) oder telefonisch (0512/508-5091) zu zu melden bzw. zu schicken.

Von: mk