Warum durfte der verurteilte Mörder Emanuele De Maria[35] wieder arbeiten? – VIDEO

Mordversuch, Femizid und Verzweiflungstat erschüttern Mailand

Montag, 12. Mai 2025 | 08:02 Uhr

Von: ka

Mailand – Eine schreckliche Tragödie erschüttert die lombardische Metropole Mailand. Nachdem der 35-jährige Emanuele De Maria, der während seiner „Halbfreiheit“ als Rezeptionist in einem Hotel arbeitete, die 50-jährige Barfrau Arachchilage Dona Chamila Wijesuriya getötet hatte, stach er am frühen Samstagmorgen auf den 51-jährigen Baristen Hani Fouad Abdelghaffar Nasra ein und verletzte ihn schwer.

Seine Flucht endete in einer Verzweiflungstat. Am Sonntag stürzte sich Emanuele De Maria vom Mailänder Dom in den Tod. Nach dem Mordversuch, dem Femizid und der Verzweiflungstat fragen sich nicht nur viele Mailänder, warum der gefährliche Gewaltverbrecher, der vor neun Jahren eine 23-jährige Tunesierin ermordet hatte, trotz seiner Verurteilung in einem Hotel arbeiten durfte.

ANSA/Michele Nana

Emanuele De Marias Lebensgeschichte ist von Gewalt geprägt. Nach der Ermordung der 23-jährigen tunesischen Prostituierten Oumaima Rache am 31. Januar 2016 in Castel Volturno in der Provinz Caserta wurde der aus Secondigliano bei Neapel stammende und zunächst nach Deutschland geflohene junge Mann 2018 von einem Schwurgericht zu 15 Jahren Haft verurteilt.

Nach Jahren hinter Gittern schien sich sein Leben wieder zum Guten zu wenden. Wegen guter Führung durfte er den Rest seiner Strafe in sogenannter „Halbfreiheit“ verbüßen und tagsüber als Rezeptionist im Hotel Berna in der Nähe des Mailänder Hauptbahnhofs arbeiten. Nur für die Nacht musste er ins Gefängnis von Bollate bei Mailand zurückkehren.

Zwei Jahre lang arbeitete Emanuele De Maria zur vollsten Zufriedenheit der Hoteldirektion als Rezeptionist. Weil der 35-Jährige als „Musterhäftling“ galt, wurde er sogar in einer Fernsehreportage über die erfolgreiche Resozialisierung verurteilter Straftäter interviewt. „Ich denke, es läuft sehr gut. Ich fühle mich von meinen Kollegen sehr gut angenommen. Das ist ein gutes Gefühl“, sagte De Maria in einem Fernsehinterview.

Doch die vermeintlich gelungene Wiedereingliederung in die Gesellschaft blieb eine Illusion. Am Freitag nahm das Drama seinen Lauf. Als Emanuele De Maria am Freitagnachmittag gegen 14.30 Uhr nicht wie vereinbart an seinem Arbeitsplatz erschien, verständigte die Hoteldirektion die Leitung der Justizvollzugsanstalt von Bollate. Zur gleichen Zeit stellte der Hotelmanager fest, dass auch die 50-jährige Baristin Dona Chamila Wijesuriya ihren Dienst an der Hotelbar nicht angetreten hatte. Da sie auch nicht zu Hause war, wurde die zweifache Mutter aus Sri Lanka von ihrem Ehemann als vermisst gemeldet.

Wie die Überwachungskameras zeigen, taucht der 35-Jährige am frühen Samstagmorgen um 6.15 Uhr wieder vor dem Hotel Berna auf. Er scheint zwischen den Autos zu lauern. Als er den zweiten Baristen des Hotels, den 51-jährigen Hani Fouad Abdelghaffar Nasr, kommen sieht, der gerade seinen Dienst antreten will, sticht er ihm ein Messer in den Rücken. Der Ägypter wehrt sich und versucht, dem Hinterhalt zu entkommen. Wie durch ein Wunder gelingt ihm die Flucht in die Lobby des Hotels. Stundenlang hing sein Leben an einem seidenen Faden. Am Sonntag teilten die Ärzte des Mailänder Krankenhauses Niguarda, die ihn sieben Stunden lang operiert hatten, mit, dass der Zustand des 51-jährigen Ägypters ernst, aber nicht mehr lebensbedrohlich sei.

Mit Schrecken mussten die Ermittler feststellen, dass sich Emanuele De Maria, nach dem seit Freitag fieberhaft gesucht worden war, und Arachchilage Dona Chamila Wijesuriya am Freitagnachmittag gegen 15.15 Uhr getroffen hatten und gemeinsam im Mailänder Park Parco Nord spazieren gegangen waren. Als der 35-Jährige den Park verließ, zeigten die Überwachungskameras, dass er wieder allein war.

Am Sonntagnachmittag entdeckte ein Passant die Leiche der 50-Jährigen in dem weitläufigen Park. In welcher Beziehung Emanuele De Maria und Arachchchilage Dona Chamila Wijesuriya standen, ist noch unklar, doch die Ermittler gehen davon aus, dass die aus Sri Lanka stammende Baristin Opfer eines Gewaltverbrechens wurde, für das der 35-Jährige mit hoher Wahrscheinlichkeit verantwortlich ist.

Hatte es zunächst den Anschein, als wolle Emanuele De Maria wie damals erneut nach Deutschland oder Holland fliehen, so wurde am Sonntag traurige Gewissheit, dass der 35-Jährige Opfer einer Verzweiflungstat wurde. Als sich am frühen Nachmittag gegen 13.40 Uhr ein Mann von den Terrassen des Mailänder Doms rund 70 Meter in die Tiefe stürzte, war anhand seiner Tätowierungen schnell klar, dass es sich bei dem Toten um Emanuele De Maria handelte. Nur durch Glück forderte die Tragödie keine weiteren Opfer. Sein Körper schlug nur wenige Meter von einem Kleinkind entfernt auf.

Nach dem Mordversuch, dem Femizid und der Verzweiflungstat fragen sich nicht nur viele Mailänder, warum der gefährliche Gewaltverbrecher, der vor neun Jahren eine 23-jährige Tunesierin ermordet hatte, trotz seiner Verurteilung in einem Hotel arbeiten durfte.

„Eines scheint unumstößlich: Die Art und Weise, wie der Strafvollzug und der Staat im Allgemeinen mit solchen Problemen umgehen, ist völlig unzureichend. Die Gesetze müssen überarbeitet werden, weil sie die Gesellschaft nicht ausreichend schützen. Etwas Mut seitens der Politik würde nicht schaden“, meint ein Mailänder.

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