Nerze gelten als „Reservoir“ und Ursprungsort von SARS-CoV-2-Mutationen - VIDEO

Nerze und Covid-19: “Pelztierfarmen missachten Sicherheitsnormen”

Samstag, 07. November 2020 | 08:05 Uhr

Von: ka

Rom/Dänemark – Mit dem Fortlauf der Epidemie geraten immer stärker Tiere, die das Coronavirus auf den Menschen übertragen, in das Blickfeld der Forscher.

Inzwischen ist es wissenschaftlich erwiesen, dass Nerze, die in großen Pelztierfarmen gezüchtet werden, SARS-CoV-2 als „Reservoir“ dienen und das Virus auf den Menschen übertragen. Neu hingegen ist, dass Nerze ein Ursprungsort für Mutationen des Coronavirus sein können. Die Gefährlichkeit besteht darin, dass ein zukünftiger Impfstoff – immer, sofern es ihn jemals geben wird – bei einem mutierten Coronavirus vermutlich weniger wirksam sein wird als beim bisher bekannten Erreger.

LAV

In Dänemark mussten die Corona-Einschränkungen drastisch verschärft werden. Nachdem in Nordjütland, wo besonders viele Nerzfarmen angesiedelt sind, sich zwölf Menschen mit einer mutierten Form des Coronavirus angesteckt hatten, beschloss die dänische Regierung, drastische Corona-Einschränkungen, die jenen der „roten Zonen“ Italiens gleichen, zu verhängen und alle rund 17 Millionen Nerze der rund 1.800 dänischen Pelztierfarmen zu keulen.

Die Vorgänge in Dänemark alarmieren die Behörden in ganz Europa. Aufgrund der wissenschaftlich erwiesenen Tatsache, dass SARS-CoV-2 vom Nerz auf den Menschen übertragen werden kann, wurden den insgesamt acht italienischen Pelztierfarmen bereits im Mai besondere gesetzliche Sicherheitsvorschriften auferlegt.

Die italienische Tierschutzorganisation LAV konnte hingegen beweisen, dass diese Corona-Hygiene und -Sicherheitsmaßnahmen in der Praxis fast gänzlich missachtet werden. Aktivisten der Tierschutzorganisation, die heimlich in zwei Zuchtfarmen in der Lombardei eingedrungen waren, filmten die Arbeiter der Pelztierfarmen dabei, wie sie ohne elementarste Sicherheitsnormen zu beachten, ihrer Arbeit nachgingen.

Im von der Tierschutzorganisation LAV veröffentlichten Video ist auch zu sehen, wie die Nerze in großen Hallen fast ohne Tageslicht in viel zu kleinen Käfigen gehalten werden. Die engen Käfige, in denen die Nerze dicht gedrängt bis zu ihrer Schlachtung und Häutung unter kaum beschreibbaren hygienischen Bedingungen dahinvegetieren müssen, machen es den Tieren, die in der Natur teilweise im Wasser leben, unmöglich ein artgerechtes Leben zu führen. In einigen Aufnahmen sind verletzte und sogar tote Tiere, die offenbar nicht zeitnah aus den Käfigen entfernt werden, zu sehen. Die Pelztierzucht – so die LAV – spottet in jeglicher Hinsicht dem Tierwohl.

Entgegen den gesetzlichen Vorschriften benutzen die Angestellten der beiden Pelztierfarmen, die im Video erscheinen, weder Gesichtsschutzmasken noch Handschuhe. An den Eingängen zu den dunklen Hallen fehlen auch die Hygiene- und Desinfektionszonen, in denen sich die Mitarbeiter eigentlich nicht nur vor jedem Zutritt und Verlassen der Halle mit Viren-tötenden Mitteln desinfizieren, sondern auch für jede Halle eigene Schuhe an- und ausziehen müssten.

Instagram/LAV

Die italienische Tierschutzorganisation LAV unterstreicht, dass es sich bei einer der beiden untersuchten lombardischen Pelztierfarmen um jene in Capralba bei Cremona handelt, in der im vergangenen August die ersten italienischen Fälle von SARS-CoV-2-positiven Nerzen wissenschaftlich dokumentiert wurden. Aufgrund dieser Tatsache wurde diese Pelztierfarm daraufhin unter besonderer sanitärer Aufsicht gestellt.

Heute – so die LAV – gilt es als gesichert, dass der Mensch das Virus in die Pelztierfarmen einschleppt. Unter den eng zusammengedrängten Nerzen und den teilweise katastrophalen hygienischen Bedingungen findet das Virus ideale Bedingungen, sich zu verbreiten. Inzwischen ist es wissenschaftlich erwiesen, dass Nerze, die in großen Pelztierfarmen gezüchtet werden, SARS-CoV-2 als „Reservoir“ dienen und das Virus auf den Menschen übertragen. Neu hingegen ist, dass Nerze ein Ursprungsort für Mutationen des Coronavirus sein können. Die Gefährlichkeit besteht darin, dass ein zukünftiger Impfstoff – immer, sofern es ihn jemals geben wird – bei einem mutierten Coronavirus vermutlich weniger wirksam sein wird, als beim bisher bekannten Erreger.

Angesichts der bevorstehenden Keulung der Pelztiere in Dänemark stellt sich nun die Frage, was mit den rund 60.000 italienischen Nerzen geschehen wird. Mit Blick auf die Gefahr durch mutierte Coronaviren könnte ihnen das gleiche Schicksal wie die dänischen Nerze ereilen.

Die LAV weist darauf hin, dass die Beachtung der Corona-Hygiene und -Sicherheitsmaßnahmen nicht den Inhabern der Pelztierfarmen überlassen werden könne, und der Gesundheitsminister als auch die Präsidenten der Regionen die Macht besäßen, diese wahren „Viren-Reservoirs“ zu schließen.

Die italienische Tierschutzorganisation fragt sich, wann sich die Regierung dazu durchringen wird, diese möglichen „Corona-Zeitbomben“ zu entschärfen. Zu diesem Zweck riefen die Tierschützer der LAV eine Petition ins Leben.