Von: luk
Angiari – In der norditalienischen Gemeinde Angiari südöstlich von Verona sorgt ein seit 2022 geltendes Verbot für Aufsehen, das Schafherden den Durchzug durch das Ortsgebiet untersagt. Der betroffene Hirte Luigi Oliverio spricht von einem „absurden“ Eingriff in jahrhundertealte Traditionen und sieht sich bei der saisonalen Wanderung mit seinem rund 1.500 Tiere zählenden Schafbestand schikaniert.
„Ich durchquere mit meiner Herde 50 bis 60 Gemeinden, ohne dass es je Probleme gibt – nur in Angiari werde ich jedes Mal angehalten und mit Bußgeldern bedroht“, klagt Oliverio, der aus dem nahegelegenen Ronco all’Adige stammt. Tatsächlich sieht die Verordnung des ehemaligen Bürgermeisters Antonino Puliafito, die im Frühjahr 2022 in Kraft trat, ein generelles Verbot für den Durchzug von Schafherden vor. Als Gründe werden die Verschmutzung der Rad- und Wanderwege sowie negative Auswirkungen auf das ökologische Gleichgewicht genannt.
Doch Oliverio widerspricht: Seine Tiere seien geimpft, regelmäßig vom Veterinäramt kontrolliert und gesundheitlich unbedenklich. Zudem begrüßten viele Landwirte in Angiari traditionell die kurzzeitige Weidenutzung durch seine Herde, die meist nur für zehn bis 15 Tage im Frühjahr durch das Gebiet ziehe. Auch der Regionalpolitiker Stefano Valdegamberi (Gruppe Misto) stellt sich hinter den Hirten. In einem öffentlichen Statement bezeichnete er die Verordnung als potenziellen Machtmissbrauch und betonte, dass die Transhumanz – der saisonale Zug von Herden – Teil des kulturellen Erbes und gesetzlich geschützt sei.
Die Kritik rief prompt Widerspruch hervor: Der Regionalrat Andrea Zanoni (Europa Verde) verteidigte die Entscheidung der Gemeinde. Der Schutz der Biodiversität habe Vorrang – insbesondere in empfindlichen Zeiten wie der Brut- und Setzzeit, in der Herden Jungtiere oder Gelege zerstören könnten. „Niemand ist per se gegen die Schafhaltung“, so Zanoni, „aber ökologische Belange dürfen nicht ignoriert werden.“ Der Streit um die Herden in Angiari wirft somit nicht nur Fragen zu Tradition und Tierhaltung auf, sondern auch zu Umweltpolitik und kommunaler Entscheidungsfreiheit. Wie der Corriere della Sera berichtet, bleibt der Konflikt weiterhin ungelöst.
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