Mit verbundenen Augen in den Tod – VIDEO

„Sex, wenn du Stefania hierher lockst“

Freitag, 25. Januar 2019 | 08:10 Uhr

Gorlago – Eine Woche nach der schrecklichen Bluttat – Südtirol News berichtete – bei der eine Ehefrau von der Ex-Liebhaberin ihres Mannes ermordet und verbrannt worden ist, fügen sich Beweise und Indizien wie Puzzleteile zu einem diabolischen Mordplan zusammen. Carabinieri und Staatsanwaltschaft sind angesichts der erdrückenden Beweislast der Ansicht, dass die inzwischen geständige Mörderin den Mord an der Frau, die zwischen ihr und ihrem ehemaligen Liebhaber gestanden ist, seit Wochen geplant hat.

ANSA/FILIPPO VENEZIA

Selbst langjährige und hartgesottene Ermittler lässt der „Mord von Gorlago“ fassungslos zurück. Die Behörden, die seit Freitag letzter Woche sämtliche Spuren wie Haare, Blutflecken, Telefongespräche und Überwachungskameras auswerten, sind zur Meinung gelangt, dass die Täterin Chiara Alessandri den Mord an Stefania Crotti nicht nur seit Wochen geplant, sondern zur Umsetzung des Verbrechens einen wahrhaft teuflischen Plan ausgeheckt hat.

Chiara Alessandri war tief enttäuscht. Stefano Del Bello – der Ehemann des Opfers –, mit dem sie vermutlich geglaubt hatte, ein neues Leben beginnen zu können, hatte sie nach einer von März bis August dauernden Beziehung verlassen. Stefano Del Bello und Stefania Crotti, deren Ehe in eine tiefe Krise geraten und kurz vor dem Scheitern gestanden war, entdeckten erneut ihre Liebe zueinander. Beide beschlossen, die schwierigen Monate hinter sich zu lassen, und ließen sich dies auch jeweils auf ihre Unterarme tätowieren. Stefano Del Bello, der gegenüber den Ermittlern die außereheliche Beziehung mit Chiara als „erdrückend“ und „ihm die Luft nehmend“ beschreibt, wollte mit seiner Geliebten nichts mehr zu tun haben. Sie versprach Stefano Del Bello, seine Entscheidung zu akzeptieren. Dies entsprach aber nicht der Wahrheit. Sie begann, Stefania wüste SMS zu schreiben, in denen sie sie auf übelste Art und Weise beleidigte und bedrohte. In den Monaten nach der Trennung von Stefano – so glauben die Ermittler – gingen in ihr Eifersucht, Rachegelüste, Besitzdenken und vielleicht auch der Neid, dass Stefano und Stefania ihr Eheglück erneut gefunden hatten, eine toxische Mischung ein. Ab Anfang des Jahres schien Chiara Alessandri Hinweisen folgend die Tat konkret zu planen.

ANSA/Facebook/Stefania Crotti

Nachdem Chiara Alessandri – so die Ansicht der Ermittler – mehrmals in die rund eine halbe Autostunde von Gorlago entfernte Umgebung von Erbusco gefahren war, um einen geeigneten Ort zur Entsorgung der Leiche zu finden, stand sie vor dem „Problem“ ihre Rivalin in die Garage ihres Hauses – zum Tatort – zu locken. Dies sollte mit einer fingierten „Liebesüberraschung“ geschehen. Stefania sollte glauben, dass ihr Mann für sie eine Überraschung vorbereitet hätte, zu der sie mit verbundenen Augen kommen sollte. Um die Falle glaubwürdig erscheinen zu lassen, sollte – so der Plan – ein nichtsahnender Freund von Chiara Stefania eine rote Rose und ein angeblich von ihrem Mann stammendes Billet mit der Aufschrift „Ti amo“ überbringen.

Anfang Januar sprach Chiara einen ihrer Freunde, der immer schon eine Schwäche für sie gehabt hatte, auf diesen „Gefallen“ an. Wie Chiara Alessandri selbst gegenüber dem Richter und dieser Freund gegenüber den Carabinieri von Bergamo später angaben, hatte Chiara Alessandri ihm für diesen Dienst ein sexuelles Treffen versprochen: „Wenn du mir hilfst, bin ich für dich zu allem bereit“, so Chiara zum Freund. Dieser Freund lehnte aber ab. Dann rief Chiara Angelo Pezzotta – einen ihrer vergangenen Liebhaber – an und bat ihm, Stefania für ein „Versöhnungsfest, eine Aussprache und ein Liebestreffen mit ihrem Mann“ zu ihr zu bringen. Der nichtsahnende Angelo Pezzotta willigte ein. Am Donnerstag gegen 15.30 Uhr holte er mit der Rose und dem Billet Stefania auf dem Parkplatz ihres Arbeitsplatzes ab. Sie ließ sich für die angebliche Liebesüberraschung mit ihrem Mann auch die Augen verbinden.

ANSA/Facebook/Chiara Alessandri

Der Freund, der keine Ahnung hatte, fuhr Stefania geradewegs in die Arme ihrer Mörderin. Wie die Autopsie später zeigen sollte, schlug Chiara, die selbst immer noch von einem Streit mit Todesfolge spricht, vermutlich mit einem Hammer viermal auf den Kopf des Opfers ein. Dann lud sie Stefania Crotti in ihren Wagen und brachte sie nach Erbusco. Bis heute verneint Chiara Alessandri, Stefania Crotti angezündet zu haben, aber ein halbleerer Benzinkanister, den die Ermittler in einem anderen Auto der Familie fanden, spricht eine andere Sprache. Laut dem Autopsiebericht – einige Analysen stehen noch aus – könnte Stefania noch gelebt haben, als die Flammen loderten.

Später schickte Chiara Angelo Pezzotta noch eine Nachricht, dass „das Fest gut gelaufen sei“. Dann versuchte sie, in der Garage mit Chlorbleiche alle Spuren zu beseitigen. Sie nahm dabei aber nicht wahr, wie viele Spuren sie selbst bereits seit Wochen gesät hatte.

Facebook/Stefania Crotti

Als Angelo Pezzotta über eine WhatsApp-Gruppe vom Verschwinden von Stefania Crotti erfuhr, ging er sofort zu den Carabinieri. Am Samstag um 6.00 Uhr klopften die Carabinieribeamten an der Tür von Chiara Alessandri und nahmen sie mit – vermutlich für immer. Mit der erdrückenden Beweislast konfrontiert, brach sie nach stundenlangen Verhören zusammen und gestand den Mord. Sie leugnet aber weiterhin, ihn geplant und die Leiche ihrer Rivalin angezündet zu haben. Die gesammelten SMS, hinterlassene Nachrichten, Zeugenaussagen, Aufnahmen mehrerer Überwachungskameras sowie die Spuren in der Garage und in ihrem Auto zeichnen aber das Bild einer eiskalten, auf besonders perfide Art und Weise geplanten Tat. Angesichts der Beweislage verfügte Untersuchungsrichterin Tiziana Gueli für Chiara Alessandri den Verbleib in der Haftanstalt.

Langsam scheint es aber auch Chiara Alessandri zu dämmern, was sie angerichtet hat. Sie will ihre Mutter sehen, um sie danach zu fragen, ob ihre drei Kinder von ihrer „Lage“ wissen. Gorlago selbst steht unter Schock. Auf den Straßen sieht man seit einer Woche kaum eine Menschenseele. Neben der Ermordeten gehen die Gedanken der Menschen zu den Kindern der Täterin und des Opfers, die in Zukunft mit dem unfassbaren Leid leben müssen.

Von: ka