Verzweiflungstat eines 14-jährigen Mobbingopfers erschüttert Italien – VIDEO

„Sie nannten ihn ‚Paoletta‘, Schule wusste davon, hat aber nichts getan”

Dienstag, 16. September 2025 | 07:04 Uhr

Von: ka

Santi Cosma e Damiano – Der Tod des 14-jährigen Paolo Mendico aus Santi Cosma e Damiano bei Latina, der sich eine Verzweiflungstat antat, erschüttert die italienische Öffentlichkeit. Seine trauernden Eltern berichten, dass ihr Sohn in den vergangenen Jahren mehrfach Opfer von Mobbing und Nachstellungen geworden sei. Trotz ihrer Hinweise und Anzeigen hätten die Verantwortlichen der Schule wenig unternommen, um den Jugendlichen zu unterstützen.

„Die Mobber nannten ihn ‚Nino D’Angelo‘ und ‚Paoletta‘, und eine Lehrerin stachelte die Schüler mit den Worten ‚Schlägerei, Schlägerei‘ sogar an“, erzählt der Vater. Die Staatsanwaltschaft von Cassino hat ein Verfahren wegen Anstiftung zum Suizid eingeleitet. Während eines Telefonats, in dem Unterrichtsminister Giuseppe Valditara der Familie sein Beileid aussprach, versicherte er dem Vater, dass er Inspektionen der betroffenen Schulen angeordnet habe.

Paolo Mendico beging eine Verzweiflungstat in seinem Zimmer – einen Tag vor Schulbeginn und dem Start seines zweiten Jahres an einer technischen Oberschule. Paolo war noch nicht einmal 15 Jahre alt, als er den Entschluss fasste, “endgültig auszusteigen”, wie es der Pfarrer der Wallfahrtskirche Santi Cosma e Damiano in Latina, wo Paolo lebte, während seiner bewegenden Predigt beschrieb. Dort fand am Sonntag die letzte Abschiedsfeier für den Jungen statt.

Es handelt sich um einen mutmaßlichen Fall von Mobbing, den sowohl die Staatsanwaltschaft von Cassino mit einer Untersuchung wegen mutmaßlicher Anstiftung zum Suizid als auch Bildungsminister Valditara, der zwei Inspektionen in den Schulen, die der Jugendliche in der Mittel- und Oberstufe besucht hat, angeordnet hat, aufklären werden. Ivan Roberto, der ältere Bruder des Jungen, hatte in den letzten Tagen sowohl den Minister als auch die Premierministerin in einem Beschwerdebrief über den Fall informiert.

Die schwierigen Beziehungen zu Mitschülern und Lehrern scheinen der Grund für die Verzweiflungstat gewesen zu sein, die seine Eltern nicht voraussehen konnten. „An diesem Abend haben wir zusammen zu Abend gegessen. Paolo ging dann in sein Zimmer, chattete mit seiner Schwester, packte seine Schultasche und schrieb schließlich in sein Tagebuch, was er mitnehmen musste. Er war nicht traurig“, erinnert sich sein Vater Giuseppe.

Facebook/Aurunci Suessa/Paolo Mendico

Aber ganz glücklich schien er dem bevorstehenden Schulbeginn nicht entgegenzusehen. „Seit einiger Zeit wiederholte er immer wieder: ‚Wie langweilig, ich muss wieder zur Schule.‘ Und vielleicht liegt genau darin der Grund für das, was passiert ist“, fügt Giuseppe Mendico nachdenklich hinzu.

In der Vergangenheit gab es zahlreiche Beschwerden und Meldungen der Familie über das, was ihrem Sohn in den verschiedenen Schulen, die er besucht hatte, widerfahren war. „Bereits in der fünften Klasse der Grundschule hatten wir bei der Polizei Anzeige erstattet, weil er gemobbt wurde. Ein Kind kam sogar mit einem Plastikschraubenzieher in die Klasse und drohte, ihn umzubringen. Anstatt die Situation unter Kontrolle zu bringen, stachelte eine Lehrerin die Schüler mit den Worten ‚Schlägerei, Schlägerei!‘ an. Diese Anzeige wurde jedoch archiviert und zu den Akten gelegt“, erzählt die Mutter von Paolo Mendico.

In der Mittelschule setzten sich die Probleme mit mobbenden Mitschülern fort. „Wir hatten darum gebeten, dass er mit einigen Freunden aus der Grundschule in eine Klasse kommen könne, aber unser Anliegen wurde missachtet, sodass er allein war. Wir beschlossen daraufhin, die Schule zu wechseln“, berichtet Giuseppe Mendico.

In den folgenden Jahren wurde es nicht besser: „Sie haben ihn wegen seiner blonden Haare, die er früher sehr lang getragen hatte, gehänselt und ‚Nino D’Angelo‘, ‚Memme‘ und ‚Paoletta‘ genannt“, fährt der Vater des Jugendlichen fort.

Giuseppe weiß nicht, ob Paolo seinen Freunden am Tag vor seiner Verzweiflungstat wirklich geschrieben hat: „Haltet mir einen Platz in der ersten Reihe frei“, denn die Carabinieri haben seine Smartphones und Spielkonsolen beschlagnahmt. Aber er ist sich sicher, dass Paolo „höflich, respektvoll und anders als die anderen“ war. Wenn es ein Problem in der Klasse gab, meldete Paolo es, weshalb man ihn sogar der Spitzelei beschuldigte.

In seinem Brief forderte der Bruder des Opfers Gerechtigkeit: „Paolo hat sich nach wiederholtem Mobbing eine Verzweiflungstat begangen. Obwohl diese Vorfälle mehrfach gemeldet und angezeigt worden waren, wurden keine konkreten Maßnahmen ergriffen. Da bereits andere Jugendliche aus denselben Gründen ums Leben gekommen sind, habe ich mich auch an Papst Leo XIV. gewandt. Jeder Mobbingvorfall, der ohne angemessene Antwort bleibt, ist ein Versagen, das die betroffenen Familien und die gesamte Gesellschaft belastet“, betont Ivan Roberto Mendico.

Facebook/Aurunci Suessa/Paolo Mendico

Bildungsminister Giuseppe Valditara rief den Vater des Jugendlichen an. Er drückte der Familie seine Solidarität und Verbundenheit aus und versicherte ihr, dass an den beiden Schulen, die der Jugendliche besucht hatte – der Mittelschule und der Oberschule –, von seinem Ministerium angeordnete Untersuchungen begonnen hätten.

Das im Mai des vergangenen Jahres verabschiedete neue Gesetz gegen Mobbing verpflichtet Schulen, bei Mobbingfällen einzugreifen. Eine erste Maßnahme ist die Einbeziehung der Familien. Fruchtet diese nicht, ist eine Anzeige bei den Behörden vorgesehen. Dieselbe Vorgangsweise gilt auch im Falle von Cybermobbing. Die Staatsanwaltschaft von Cassino, die wegen des Verdachts der Anstiftung zum Suizid ermittelt, hat das Smartphone des Opfers tatsächlich beschlagnahmt, um nach nützlichen Hinweisen zu suchen.

Bevor er seine Verzweiflungstat beging, soll der Jugendliche mit seiner Schwester gechattet und in der Klassen-WhatsApp-Gruppe geschrieben haben, dass man seinen Platz in der ersten Reihe freihalten solle. Am Tag nach seiner Verzweiflungstat hätte er das zweite Jahr der technischen Fachoberschule Pacinotti in Fondi bei Latina beginnen sollen. Sein Platz wird leider leer bleiben. „Von zwölf Klassenkameraden ist nur einer zur Beerdigung unseres Sohnes gekommen“, sagt die Familie Mendico enttäuscht.

Wenn ihr selbst Betroffene von Suizidgedanken oder Depressionen seid oder jemand in eurem Umfeld betroffen ist, findet ihr hier niederschwellige sowie spezifische Hilfeangebote infopoint.bz/suizid/. Im Notfall solltet ihr die Notrufnummer 112 anrufen oder euch in ein Krankenhaus begeben, dort wird euch weitergeholfen.

Kommentare

Aktuell sind 9 Kommentare vorhanden

Kommentare anzeigen