Von: ka
Brescia – Die Entlassung einer 40-jährigen Freiberuflerin, die Opfer eines Rachepornos geworden war und deswegen Anzeige erstattet hatte, führte in der italienischen Öffentlichkeit zu einem Skandal. Bis hinauf ins Parlament wurde die Entscheidung des Arbeitgebers, nach einigen Anrufen „interessierter Männer“ das Arbeitsverhältnis mit der Frau nicht mehr zu verlängern, hart kritisiert.
Brescia, denuncia revenge porn, licenziata per danno di immagine https://t.co/Xl1AeldaoR
— la Repubblica (@repubblica) February 19, 2020
Der Leidensweg der 40-jährigen Frau begann nach dem Ende der Beziehung zu einem Mann. Bald nach dem endgültigen Scheitern der Beziehung fing ihr Ex-Freund an, von ihr selbst gedrehte, intime Bilder und Videos, die sie ihm vor mehreren Jahren geschickt hatte, über die sozialen Netzwerke wie WhatsApp zu verbreiten. Von ihrem ehemaligen Lebenspartner und zwei seiner Freunde ausgehend fanden die von Chat zu Chat weitergereichten intimen Bilder und Videos immer größere Verbreitung. Über das Netz gelangten die schlüpfrigen Bilder und Videos sogar bis ins Ausland. Um den „Racheporno“ noch bösartiger und hinterhältiger zu gestalten, legte der Täter den Bildern und Videos auch die Telefonnummer seiner ehemaligen Lebensgefährtin bei. In der Folge wurde das Leben der 40-jährigen Frau, die als Freiberuflerin für mehrere Studios arbeitet, zur Hölle. Die Frau erhielt immer wieder Anrufe von Männern – ein Anruf erreichte sie sogar aus Südamerika – die sie „kennenlernen“ wollten.
Donna vittima di “Revenge Porn” viene licenziata perché causa imbarazzo all'azienda.
Oltre al danno anche la beffa per una 40enne di Brescia. I suoi scatti hot finiscono in rete ma invece della solidarietà riceve il licenziamento
https://t.co/7AAdTyXPbX— Cultura & Società (@cultura_societa) February 19, 2020
Die zutiefst verunsicherte Frau erstattete gegen ihren Ex-Freund Anzeige. In einer Beilage zur Anzeige gab die 40-Jährige weitere Namen an, die an der Weiterverbreitung der Fotos und Videos mitgewirkt hätten. Zudem legte die Frau mehrere Screenshots von Chats von Polizisten und Carabinieri bei, in denen die Videos gesehen und kommentiert worden wären, aber wo niemand eingegriffen hätte, um die Verbreitung der Bilder und Videos zu unterbinden. Auf die Anzeige der 40-Jährigen hin, trug die Staatsanwaltschaft von Brescia ihren ehemaligen Lebensgefährten sowie zwei seiner Freunde in das Ermittlungsregister ein. Nach der Strafverschärfung im letzten Sommer riskieren die drei Männer eine Haftstrafe von sechs Monaten bis zu sechs Jahren.
Il Senato approva!
Con l’introduzione dell’art 612 ter al Codice Penale, da oggi il #revengeporn è reato.#IntimitaViolata, la petizione ideata, lanciata e promossa da #InsiemeInRete, @isentinelli e @BossyItaly, ha raggiunto il suo obiettivo.
Grazie a tutti e a tutte! pic.twitter.com/DeRHgy1uqX
— Insieme In Rete (@InInsieme) July 17, 2019
In der Zwischenzeit erreichte die Frau zu allem Schaden aber auch noch die Hiobsbotschaft, dass einer der Studios, für das die Frau freiberuflich tätig war, beschlossen hatte, das Arbeitsverhältnis nicht mehr zu verlängern. Ihr mittlerweile ehemaliger Arbeitgeber teilte mit, dass im Studio mehrere anrufende Männer ohne ein Motiv anzugeben und ohne eine Telefonnummer zu hinterlassen, den „eindeutigen“ Wunsch geäußert hätten, die Freiberuflerin persönlich zu treffen. Dadurch, so der Arbeitgeber, hätte das Studio einen „Imageschaden“ erlitten, was ihn dazu bewogen hätte, das Arbeitsverhältnis zu beenden.
revenge porn a Brescia, Donna licenziata per lesione di immagine dell’aziernda https://t.co/2jb2dc827g pic.twitter.com/7ndvtORw9Y
— Exito style (@ExitoStyle) February 19, 2020
Der Beschluss, die Frau praktisch „doppelt zu bestrafen“, löste einen Skandal aus. Bis hinauf ins Parlament wurde die Entscheidung des Arbeitgebers, nach einigen Anrufen „interessierter Männer“ das Arbeitsverhältnis mit der Frau nicht mehr zu verlängern, hart kritisiert.
„Es ist absurd, dass eine Frau, die den Mut gefunden hat, diejenigen anzuzeigen, die ihr schweren Schaden zugefügt haben, indem sie privates Bild- und Videomaterial im Internet verteilt haben, von ihrem Arbeitgeber wegen eines angeblichen ‚Imageschadens‘ entlassen wird. Ich drücke ihr meine volle Solidarität aus. Mit dem Gesetz zur Bekämpfung und Bestrafung des Phänomens des Rachepornos haben wir den Grundstein dafür gelegt, den Opfern größere Sicherheit zu bieten. Auf der anderen Seite ist es aber klar, dass noch viel getan werden muss, um jenen kulturellen Wandel herbeizuführen, der zur Bekämpfung dieser Art von Verbrechen erforderlich ist. Frauen, die die Kraft finden, die Täter anzuzeigen, müssen nicht nur vom Gesetz, sondern auch von der Gesellschaft beschützt werden“, so die Sprecherin der Fünf-Serne-Bewegung in der Justizkommission der italienischen Abgeordnetenkammer, Elisa Scutellà.
Brescia, clinica licenzia la dottoressa vittima di revenge porn: “Nei video sembra voler ostentare una certa abilità” https://t.co/iJ8Mfe8HgV via @tpi
— Vittorio Cocivera (@VittorioCocive1) February 19, 2020
Die meisten italienischen Männer und besonders die meisten Frauen dürften die Meinung von Elisa Scutellà teilen.