Von: ka
Milazzo – Die „Mutprobe“ zweier Buben, die sich am Samstagvormittag bei Milazzo auf Sizilien in das von einem Sturm aufgewühlte Meer gewagt hatten, hat eine tragische Wende genommen.
Ein Unteroffizier der Küstenwache, der zusammen mit seinen Kollegen ins Wasser gesprungen war, um einen 15-Jährigen zu retten, wurde von den Wellen fortgetragen und nicht mehr gesehen. Am Sonntag bargen seine Kameraden von der Küstenwache die Leiche des 40-jährigen Aurelio Visalli, der seine Hilfsbereitschaft und sein Pflichtbewusstsein mit dem Leben bezahlt hatte.
Es war am Samstagvormittag gegen 9.00 Uhr, als zwei jeweils 13 und 15 Jahre alte Buben sich trotz des schlechten Wetters zum Strand der sizilianischen Kleinstadt Milazzo begaben. Obwohl ein Sturm das Meer aufwühlte und bis zu fünf Meter hohe Wellen verursachte, wagten sich die beiden Buben – vermutlich aufgrund einer „Mutprobe“ – ins tosende Meer. Aber schon nach kurzer Zeit und nur wenige Meter vom Strand entfernt kamen die beiden Jugendlichen in große Schwierigkeiten.
Ein Mann, der von einem nahen Haus Augenzeuge des Kampfes der beiden Jungen mit dem wogenden Meer wurde, verständigte die Rettungskräfte. „Ich war gerade auf dem Balkon des Hauses meines Onkels, als wir im Meer die beiden Jungen sahen, die es nicht mehr schafften, zum Strand zurückzukehren. Zu dieser Zeit wühlte der Sturm das Meer auf und der Strand war leer. Einer der beiden Jungen, der etwas weiter entfernt war, wurde von den Wellen immer wieder in die Richtung des Ufers geworfen und dann wieder von der Strömung hinaus auf das offene Meer gezogen“, so der Augenzeuge.
Dem Jungen, der näher am Strand schwamm, gelang es, aus eigener Kraft das Ufer zu erreichen. Sein 15-jähriger Freund hingegen wurde immer weiter auf das Meer hinausgetrieben. Innerhalb weniger Minuten trafen am Unglücksort drei Mitglieder der Küstenwache, die Carabinieri sowie die Rettungskräfte ein. Dem ersten Jungen, der bereits fast das Ufer erreicht hatte, halfen die Retter auf den Strand. Dem zweiten Jungen warfen sie einen Rettungsring zu und wiesen ihn an, eine nahe Boje zu erreichen und sich an ihr festzuklammern, was dem 15-Jährigen auch gelang. Die drei Retter wagten sich mit ihren Rettungswesten bekleidet trotz der hohen See ins Wasser. Während der Rettung des 15-Jährigen wurde einer der drei Retter, der 40-jährige Aurelio Visalli, aber von den Wellen und der starken Strömung fortgerissen.
„Die drei Retter zogen sich ihre Schwimmwesten an, aber die hohen Wellen ließen es nicht zu, in das Meer hinauszuschwimmen. Sie warfen sich dann aber trotzdem ins Wasser. Einer der drei wurde aber während der Rettung des Jungen von den Wellen fortgerissen. Mit dem Fernrohr sah ich ihn noch für einige Minuten zwischen den Wellen treiben, bevor er im Meer verschwand. Die Bedingungen ließen es nicht zu, die Motorboote der Küstenwache einzusetzen“, so der Augenzeuge. Ein weiterer Augenzeuge dokumentierte mit einem Video einen Teil der dramatischen Rettungsaktion.
Sofort nach dem Verschwinden des Unteroffiziers wurden Suchmannschaften der Küstenwache ausgeschickt. Nach stundenlanger Suche gelang es in einer Bucht nahe Milazzo, den leblosen Körper des im Meer vermissten 40-Jährigen auszumachen.
Neben tiefer Trauer löste der Tod des 40-jährigen Aurelio Visalli auch einige Polemiken aus. „Sie konnten nicht mit dem Motorboot der Küstenwache ausrücken und wurden mit der normalen Uniform und nur mit Rettungswesten ausgerüstet in das Meer geschickt. Einer von ihnen wurde von den Wellen überwältigt und abgetrieben. Er verschwand und niemand suchte ihn in diesem Moment“, so der Schwager des verunglückten Aurelio Visalli, Antonio Crea. Die Staatsanwaltschaft eröffnete ein Ermittlungsverfahren.
Viele Sizilianer hingegen fragen sich, warum ein Familienvater, der eine Frau und zwei Kinder hinterlässt, wegen der dummen „Mutprobe“ zwei Jungen – diese zogen sich beim Unglück lediglich eine Unterkühlung zu – sein Leben lassen musste.
In Milazzo herrschen Trauer und Entsetzen. Am ganzen Samstag harrten viele Bewohner der sizilianischen Kleinstadt am Strand aus und hofften vergeblich auf ein glückliches Ende der Suchaktion im wogenden Meer. Nachdem am Sonntagmorgen die Bergung der Leiche des 40-Jährigen bekannt wurde, legte sich auf die sonst so lebensfrohe und quirlige Kleinstadt ein Schleier aus Stille und Trauer.
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