Corona-Bestimmungen missachtet: Begleiter bestraft – VIDEO

Veltlin: 34-jähriger Bergläufer tödlich abgestürzt

Dienstag, 17. November 2020 | 07:10 Uhr

Sondrio/Valmalenco/Val di Togno – Das malerische und einsame Val di Togno nördlich von Sondrio im Veltlin ist am Samstagnachmittag Schauplatz einer Bergtragödie geworden. Der 34-jährige Bergläufer Simone Massetti, der zusammen mit seinem 36-jährigen Kollegen einen Bergrücken entlanglief, rutschte aus und stürzte rund 200 Meter einen felsigen Abhang hinunter. Für Simone Massetti kam jede Hilfe zu spät. Er konnte von den Bergrettern des CNSAS nur mehr tot geborgen werden.

Facebook/Castelraider ASD

Das wegen Missachtung der Covid-19-Bestimmungen dem 36-jährigen Begleiter des Bergopfers auferlegte Bußgeld von 400 Euro – das lombardische Veltlin ist eine rote Zone und es herrscht ein Verbot, für sportliche Aktivitäten die Wohnsitzgemeinde zu verlassen – sorgt weit über das Veltlin hinaus für heftige Polemiken.

Facebook/Simone Sixburton Massetti

Der 34-jährige Simone Massetti aus Sondrio und sein 36-jähriger Freund aus dem nahen Castello Dell’Acqua sind begeisterte Bergläufer. Als sie den blauen Himmel sahen, gab es kein Halten mehr. Schon früh am Samstag brachen sie auf, um das wenig entfernte und zu dieser Jahreszeit sehr einsame Valmalenco nördlich von Sondrio zu erreichen. Von dort stiegen sie erst durch einen Wald und später über Almweiden zum Monte Foppa auf. Von dort wollten sie über den im heurigen Herbst noch schneefreien Bergrücken, der das Valmalenco vom Val di Togno trennt, den Grat des Monte Palino erreichen. Kurz vor dem Erreichen des Gipfels kam es aber in rund 2.400 Metern Seehöhe zur schrecklichen Tragödie. Vor den Augen seines Begleiters rutschte Simone Masetti aus und stürzte rund 200 Meter einen felsigen Abhang hinunter.

Die Rettung gestaltete sich als schwierig. Da sein 36-jähriger Freund am Unglücksort über keinen Empfang verfügte, musste er einen Ortswechsel vornehmen. Nachdem sie von der Notrufzentrale alarmiert worden waren, stiegen ein Hubschrauber sowie eine Gruppe von Bergrettern des CNSAS und der Bergrettung der Finanzwache zum Unglücksort auf. Für Simone Massetti kam aber jede Hilfe zu spät. Er konnte von den Alpinrettern nur mehr tot geborgen werden. Der unter Schock stehende Freund wurde hingegen von den Rettungskräften ins Tal begleitet.

Facebook/Simone Sixburton Massetti

Für den 36-Jährigen hat die Bergtragödie, an der sein langjähriger Freund und Begleiter vieler Bergläufe sein Leben verlor, noch ein bitteres Nachspiel. Infolge der Missachtung der Covid-19-Bestimmungen, die für die als rote Zonen ausgerufenen Regionen gelten, kamen die Carabinieri nicht umhin, als dem Begleiter des Bergopfers einen Strafbescheid von 400 Euro auszustellen. Infolge der hohen Anzahl von Neuinfektionen und den unter Druck stehenden Krankenhäusern war die Region Lombardei, in der sich das Veltlin befindet, von der römischen Regierung als rote Zone eingestuft worden. Die für rote Zonen geltenden Covid-19-Einschränkungen sehen vor, dass sportliche Aktivitäten, zu denen auch der Berglauf gehört, zwar erlaubt sind, aber nur in der eigenen Wohnsitzgemeinde erfolgen dürfen. Beide – so die spätere Erklärung der Carabinieri – hatten einen Ort aufgesucht, an dem sie nicht hätten sein dürfen. Die beiden in Sondrio und Castello Dell’Acqua wohnhaften Bergläufer hatten ihre jeweiligen Wohnsitzgemeinden verlassen, um mit dem Auto das in einer anderen Gemeinde liegende Valmalenco zu erreichen und von dort auf die Berge zu steigen.

Facebook/Soccorso Alpino e Speleologico Lombardia – CNSAS

Die Nachricht vom Tod des im Veltlin bekannten Bergläufers löste nicht nur unter den Angehörigen und Freunden von Simone Massetti, sondern in der ganzen Welt der Bergläufer tiefe Trauer aus. Der Amateurläuferverein Castelraider ASD, in dem Simone Mitglied war, widmete ihm einen bewegenden Nachruf.

Facebook/Castelraider ASD

Unter die Trauer und das Entsetzen über den Verlust des jungen Mannes mischten sich bald aber auch Unverständnis und teilweise sogar Wut über die verhängte Strafe.

Viele Kritiker meinen, dass es angesichts der Tragödie schlicht und einfach unangemessen, wenn nicht gar pietätlos sei, seinem Begleiter eine Strafe aufzubrummen. Diese Ansicht wird von vielen Lesern und Kommentatoren geteilt. Andere hingegen schwimmen gegen den Strom. Diese Stimmen bemerken bei aller Trauer um das Ableben des jungen Bergsportlers dennoch, dass es gerade in Berggebieten unzählige Möglichkeiten gebe, in der eigenen Gemeinde sportliche Aktivitäten zu betreiben, und dass es daher nicht zu viel verlangt sei, auch von versierten Hobbysportlern die Einhaltung von Regeln, die für alle gleichermaßen gelten, zu verlangen.

Von: ka