Von: ka
Imola/Lugo/Patras(GR) – Nun steht es fest. Adamo Guerra, der seinen eigenen Selbstmord inszeniert hatte, um fernab aller familiärer und geschäftlicher Verpflichtungen in Griechenland ein neues Leben zu beginnen, wird sich vor Gericht wegen Verletzung der familiären Pflichten, denen er zehn Jahre lang nicht nachgekommen war und die vor allem gegenüber seinen jungen Töchtern heute noch bestehen sollen, verantworten müssen.
Entgegen bisherigen Meldungen, nach denen seine Frau erst im Februar letzten Jahres von der Existenz ihres totgeglaubten Mannes erfahren hatte, wurde am Sonntag bekannt, dass Raffaella Borghi bereits im Jahr 2016, also bereits drei Jahre nach seinem „Fake-Suizid“, vom neuen Leben ihres Ex-Mannes in Kenntnis gesetzt worden war. In diesem Jahr war Adamo Guerra im Dorf Paleochora bei Chania auf der griechischen Insel Kreta aufgespürt worden. Den Behörden, die ihn auf Kreta entdeckt hatten, hatte er damals erklärt, dass er von seiner Familie nichts mehr wissen wolle und nicht daran denke, nach Italien zurückzukehren. Im selben Jahre hatte Raffaella Borghi ihren Mann wegen Verletzung seiner elterlichen Pflichten bei den Carabinieri von Imola angezeigt.
Auf diese Anzeige hin eröffnete die Staatsanwaltschaft von Ravenna gegen den 56-Jährigen ein Ermittlungsverfahren, das demnächst in einen Prozess münden wird. Weil er sich durch seinen „Selbstmord“ seiner elterlichen Verantwortung, seiner Rolle als Ehemann und seinen Unterhaltspflichten, die insbesondere gegenüber seinen Töchtern immer noch bestehen sollen, zehn Jahre lang nicht nachkam, wird er sich Adamo Guerra laut der italienischen Nachrichtenagentur Ansa vor Gericht verantworten müssen. Von Reportern aufgesucht, zieht es seine Ex-Frau vor, sich nicht darüber zu äußern, warum sie verschwieg, dass sie vom neuen Leben von Adamo Guerra bereits seit Jahren Kenntnis hatte und ihren Ex-Mann bereits vor sieben Jahren angezeigt hatte.
Was bisher berichtet wurde: „Ich erspare euch den Schmerz der Beerdigung“
Die Emilia-Romagna und die Hafenstadt Patras in Griechenland sind Schauplatz einer unglaublichen und verstörenden Geschichte. Zehn Jahre nachdem der aus der Kleinstadt Lugo stammende Adamo Guerra seinen Suizid inszeniert hatte, flog auf, dass der Mann in Wahrheit nicht „nur“ lebt, sondern sich sogar bester Gesundheit erfreut. Seine „Witwe“, die ihn zehn Jahre lang für Tod hielt, konnte ihr Erstaunen und vor allem ihre tiefe Enttäuschung kaum verbergen, als sie im Studio von „Chi l’ha visto“ ihren Mann sah, wie er in einem Büro saß und arbeitete.
Sichtlich erzürnt versuchte Adamo Guerra, den Reporter der Rai-Sendung „Chi l’ha visto“ fortzuschicken, aber dies wird ihm wenig nützen. Den Ermittlern wird Adamo Guerra, der sich mit seinem „Fake-Suizid“ und seiner Flucht ins Ausland mehrerer Straftaten schuldig gemacht hatte, viele Fragen beantworten müssen. Seine Ex-Frau Raffaella hingegen hat ihr Urteil bereits gefällt. „Für mich ist er weder ein Mann noch ein Vater“, so Raffaella im Rai-Studio von „Chi l’ha visto“.
Adamo Guerra, der im historischen Zentrum von Lugo in der Emilia-Romagna ein Haushaltswarengeschäft betrieb, wollte offensichtlich ein vollkommen neues Leben beginnen, wobei es ihm unter anderem einerlei war, dass er der Vater zweier minderjähriger Töchter war. Zu diesem Zweck plante der damals 46-Jährige im Jahr 2013 den – fast – perfekten Selbstmord. Um glaubwürdig aus seinem früheren Leben „ausscheiden“ zu können, setzte er drei Abschiedsbriefe auf, die er jeweils an seine Eltern und seine Frau richtete, von der er sich im Sommer desselben Jahres getrennt hatte.
Im Abschiedsbrief an seine Eltern sparte er nicht mit salbungsvollen Worten. „Hallo Mama und Papa, ich wollte euch nie wehtun, aber leider ging es in meinem Leben immer schief. Jetzt ist die Zeit gekommen, alles zu beenden. Um euch wenigstens den Schmerz der Beerdigung zu ersparen, werde ich versuchen, wenigstens diesen meinen letzten Schritt gut zu Ende zu bringen. An Euch habe ich nur eine wichtige Bitte. Bitte helft Raffaella und den Mädchen“, schrieb Adamo Guerra in seinem „Abschiedsbrief“.
Seit diesem Tag fehlte von Adamo Guerra zehn Jahre lang jede Spur. Seine Eltern, seine Frau, von der er seit einiger Zeit getrennt lebte, und seine beiden Töchter, die damals 12 und 16 Jahre alt waren und heute junge Frauen sind, blieben „allein“ zurück. Eine Woche nach seinem Verschwinden fand die Polizei sein Auto, das in der Nähe des Hafens von Ancona geparkt war. Es stellte sich heraus, dass Guerra ein Ticket für eine Fähre gekauft hatte, die am 9. Juli 2013 von Ancona nach Patras ausgelaufen war. Die drei Abschiedsbriefe, die in der Wohnung des Mannes in Imola gefunden wurden, sowie weitere vom „Selbstmörder“ absichtlich gestreute Hinweise deuteten darauf hin, dass sich Adamo Guerra in der Nacht mitten auf See von der Fähre ins Meer gestürzt hätte.
Die von der Staatsanwaltschaft eingeleiteten Ermittlungen wurden zwei Jahre später, im Jahr 2015, eingestellt. „Ich dachte selbst, dass er sich ins Meer gestürzt hätte”, so Raffaella während der Sendung „Chi l’ha visto“.
Obwohl ihr manchmal Zweifel aufkamen, glaubte die Frau zehn Jahre lang, dass ihr Mann und der Vater ihrer beiden Töchter tot sei. Als Raffaella die Scheidung beantragte und die entsprechenden Papiere einreichte, erhielt der unglaubliche und verstörende Fall aber eine dramatische Wende. „Der Anwalt rief mich an und teilte mir mit, dass mein Mann nicht vermisst werde, sondern am Leben sei und dass er im Februar 2022 bei der Aire die italienische Staatsbürgerschaft mit Wohnsitz in Griechenland beantragt habe“, berichtet Raffaella während der Sendung.
In der Tat beging der „Tote“ einen entscheidenden Fehler. Vermutlich seiner Sache viel zu sicher trug er sich mit seinem Namen in das vom italienischen Außenministerium betreuten Register der Auslandsitaliener – Anagrafe Italiani residenti all’estero (A.I.R.E.) – ein und teilte mit, dass er in Griechenland lebe.
Den Reportern der Rai-Sendung „Chi l’ha visto“, die sich nach dem Bekanntwerden der Nachricht auf seine Fersen hefteten, gelang es, den heute 56-jährigen Mann in einem Büro in der Hafenstadt Patras aufzustöbern. Adamo Guerra, der nicht leugnete, dass er der Gesuchte sei, war sichtlich erzürnt. Er antwortete auf keine Fragen und forderte den Journalisten und sein Filmteam immer wieder dazu auf, das Mikrofon und die Kamera auszuschalten. „Ich bin nicht hier, ihr habt mich nicht gefunden, wir lassen es so bleiben, verschwindet!“, schrie Adamo Guerra.
Seine „Witwe“, die ihn zehn Jahre lang für Tod hielt, konnte ihr Erstaunen und vor allem ihre tiefe Enttäuschung kaum verbergen, als sie im Studio von „Chi l’ha visto“ ihren Mann wiedererkannte, wie er in einem Büro saß und vom Kamerateam während der Arbeit überrascht wurde. Raffaella ist enttäuscht und verbittert.
„Zehn Jahre sind eine lange Zeit. Ich habe mich nicht mit dem Gedanken abgefunden, dass Adamo tot sei. Ich habe versucht, mich selbst davon zu überzeugen. Selbst die Carabinieri haben mir gesagt, ich solle weitermachen. Aber ich habe nicht geglaubt, dass ein Vater in der Lage sei, seine Familie zu verlassen“, so die bittere Erkenntnis seiner Ex-Frau.
Sichtlich erzürnt schickte Adamo Guerra das Kamerateam der Rai-Sendung „Chi l’ha visto“ fort, aber dies wird ihm wenig nützen. Den Ermittlern wird Adamo Guerra, der sich mit seinem „Fake-Suizid“ und seiner Flucht ins Ausland mehrerer Straftaten schuldig gemacht hatte, viele Fragen beantworten müssen. Insbesondere seine minderjährigen Kinder verlassen zu haben, dürfte ihm teuer zu stehen kommen. Seine Ex-Frau Raffaella hingegen hat ihr Urteil bereits gefällt. „Für mich ist er weder ein Mann noch ein Vater“, so Raffaella.