Daniela Lo Verde galt eigentlich als „Gesicht der Legalität“ – VIDEO

Widerliche Schuldirektorin: Oberschülern Computer und Essen gestohlen

Montag, 24. April 2023 | 08:18 Uhr

Palermo – Die sizilianische Hauptstadt Palermo ist um ein trauriges Kapitel reicher. Daniela Lo Verde, die als Direktorin einer Oberschule in einem Problemviertel eigentlich als „Fels in der Brandung gegen die Illegalität und gegen die Mafia“ galt und deswegen vom Staatspräsidenten zum Cavaliere geschlagen worden war, ist zusammen mit ihrem Vize am Freitag wegen Korruption und Veruntreuung verhaftet worden. Aufzeichnungen versteckter Wanzen und Kameras dokumentieren, wie Daniela Lo Verde eigentlich für die Schüler bestimmte Computer und Tablets stahl sowie mit Lebensmitteln der Schulmensa die Kühlschränke ihrer Villa am Meer füllte.

Daniela Lo Verde galt als eine der bekanntesten Frauen von Palermo, die sich öffentlich gegen das organisierte Verbrechen stellten und für mehr Legalität eintraten. Als Direktorin einer Oberschule in einem Problemviertel von Palermo verstand sie sich als „Fels in der Brandung“ und ihre Schule als erste Anlaufstelle, um junge Menschen vom Abgleiten in die Kriminalität abzuhalten. Für ihr auch öffentlichkeitswirksam vorgetragenes Engagement wurde sie von Staatspräsident Sergio Mattarella zum Cavaliere geschlagen.

Carabinieri Palermo

Schade nur, dass ihr in Wirklichkeit gezeigtes Verhalten mit der „Wahrung der Legalität“ wenig zu tun hatte. Die von den Carabinieri veröffentlichten Videoaufnahmen, die von versteckten Kameras stammen, zeigen Daniela Lo Verde dabei, wie sie aus der Schulmensa Lebensmittel entwendete, um mit ihnen die Kühlschränke ihrer Villa am Meer zu füllen, und Computer und Tablets stahl, die eigentlich für ihre Schüler bestimmt waren.

Am Freitag wurden die 53-jährige Oberschuldirektorin sowie ihr Stellvertreter Daniele Agosta wegen Korruption und Veruntreuung verhaftet. Den beiden wird zur Last gelegt, monatelang Lebensmittel sowie Computer und Tablets gestohlen zu haben. Die Computer und die Tablets waren eigentlich mit Mitteln der Europäischen Union finanziert worden, um die Lerntätigkeit der Schüler ihrer Oberschule zu unterstützen, die zu den Ärmsten Italiens gehören. Der Untersuchungsrichter, der für beide Festgenommenen die Überstellung in den Hausarrest anordnete, spricht von beweiskräftigem Material, das „klar, völlig eindeutig und peinlich“ ist und von einer von Skrupellosigkeit gekennzeichneten Schulleitung zeugt, die nur auf die Wahrung persönlicher Interessen abzielte.

Carabinieri Palermo

Die von den Staatsanwälten Gery Ferrara und Amelia Luise koordinierten Ermittlungen betreffen auch eine dritte Person, Alessandra Conigliaro. Bei Alessandra Conigliaro, die seit ihrer Verhaftung ebenfalls in Hausarrest sitzt, handelt sich um eine Angestellte eines Informatikgeschäfts, die direkt und exklusiv elektronische Geräte für die Schule beschafft und im Gegenzug Tablets und Mobiltelefone an Daniela Lo Verde und Daniele Agosta übergeben haben soll.

Die Videoaufnahmen und die von den Carabinieri geschickt installierten Wanzen zeugen von einem kriminellen Gebahren, das teilweise fast grotesk wirkt. Während eines mitgehörten Gesprächs wies die 53-Jährige ihre Tochter beispielsweise genau an, welche – eigentlich aus der Schulmensa stammenden – Lebensmittel für die Wohnung in der Stadt und welche für ihre Villa am Meer bestimmt waren und wo die verschiedenen Lebensmittel aufbewahrt werden sollten.

Das war aber noch nicht alles. Um sich beträchtliche EU-Finanzmittel zu sichern, täuschten die Direktorin und ihr Vize die Anwesenheit ihrer Oberschüler an außerhalb der Unterrichtszeit stattfindenden Schulprojekten vor, die in Wirklichkeit jedoch nie oder nur teilweise durchgeführt wurden. Die Ermittler glauben, dass ein Großteil dieser EU-Mittel in die Taschen der beiden Beschuldigten gelandet sei.

Carabinieri Palermo

Ein in ihrer Schule begangener Diebstahl, bei dem ironischerweise Computer gestohlen worden waren, bot Daniela Lo Verde erneut die Gelegenheit, sich als ehrliche und aufrichtige Kämpferin für Legalität darzustellen und – natürlich – weitere Geldmittel zu erhalten. In den abgehörten Gesprächen mit ihrem Vize brüstete sich die Direktorin damit, mit der Nachricht an die Öffentlichkeit gegangen zu sein und so ihr Image als selbstlose Wahrerin der Interessen ihrer armen Schüler weiter gestärkt zu haben. Um die gestohlenen Rechner zu ersetzen, wurden ihrer Schule von der Region prompt 3.000 Euro bewilligt.

„Wir erhalten Geld von allen Seiten“, freute sich Daniele Agosta mit Daniela Lo Verde in der von den Wanzen aufgezeichneten Unterhaltung.

Erst eine Lehrerin, der Unregelmäßigkeiten aufgefallen waren, brachte mit ihrer Anzeige die Ermittlungen ins Rollen. Die von den Carabinieri in der Folge in den Büros der Schule installierten Wanzen und Kameras brachten ein kriminelles Treiben zutage, das nach der Festnahme der beiden den Glauben an Gerechtigkeit vieler Sizilianer in sich zusammenbrechen ließ.

Auf Anordnung des Unterrichtsministers Giuseppe Valditara und der Region Sizilien wurde die Direktorin, die seit Freitag in Hausarrest sitzt, suspendiert. Niemand in Palermo hätte es jemals für möglich gehalten, dass Daniela Lo Verde, die einer Schule in einem Problemviertel vorstand und weit über Palermo hinaus als „Gesicht der Legalität“ bekannt war, ihren Beruf und ihre Position dazu missbrauchen würde, in die eigene Tasche zu wirtschaften.

Von: ka