Zwei Drittel der 18- bis 35-Jährigen leben bei den Eltern

Zahlen belegen: in Italien immer mehr „Mammoni“

Dienstag, 18. Dezember 2018 | 08:08 Uhr

Rom – Die Zahl der sogenannten „Mammoni“ – so werden in Italien Muttersöhnchen genannt – wird immer größer. Während besonders in Nordeuropa die Anzahl junger Menschen, die bei ihren Eltern wohnen, klein bleibt, entscheiden sich junge Italienerinnen und Italiener, immer häufiger noch bis Mitte dreißig im Haus ihrer Eltern zu bleiben. Das gilt insbesondere für junge Männer, von denen in der Altersschicht von 18 bis 35 Jahren es fast drei Viertel vorziehen, das „Hotel Mama“ nicht zu verlassen. Die Gründe für dieses Phänomen sind sehr vielschichtig. Sie reichen von „psychologischer Abhängigkeit“ von der Mutter über ökonomische Zwänge bis hin zu schnöder Bequemlichkeit.

Die Zahlen des europäischen Statistikamtes Eurostat sprechen eine deutliche Sprache. Nach den jungen Leuten aus Kroatien, Malta und Griechenland gehören die jungen Italiener zu jenen, die am längsten und am häufigsten lange bei den eigenen Eltern wohnen bleiben. Im Jahr 2017 lebten in Italien fast genau zwei Drittel – genau 66,4 Prozent – der 18- bis 35-Jährigen noch immer bei ihren Eltern. Der EU-Durchschnitt hingegen beträgt für diese Altersklasse rund 50 Prozent. Verschiebt man das „Einstiegsalter“ nach oben, entfernen sich die italienischen Werte noch weiter von den europäischen Durchschnittszahlen. Während in Italien von den 25- bis 35-Jährigen noch immer fast die Hälfte bei ihren Eltern wohnt, sind es in der Europäischen Union im Schnitt kaum mehr als 30 Prozent. Blickt man weit in den Norden, werden die Zahlen noch niedriger. Sie betragen für Finnland und Dänemark jeweils nur 4,7 und 3,2 Prozent.

ANSA

Wie der Begriff „Mammoni“ es bereits erahnen lässt, betrifft das Phänomen vor allem die jungen Männer. In der betrachteten Altersklasse der 18- bis 35-Jährigen wohnen fast drei Viertel – 72,7 Prozent – bei ihren Eltern. Wird der Einstiegszeitraum um ein Jahrzehnt nach oben verschoben, werden die Zahlen im EU-Vergleich noch schlechter. 57,9 Prozent der 25 bis 35 Jahre alten Italiener ziehen es vor, bei ihren Eltern wohnen zu bleiben. Bei den italienischen Frauen der gleichen Altersklasse sind es hingegen „nur“ 40,6 Prozent.

Insgesamt ist zu beobachten, dass die Zahlen nach einem leichten Einbruch im Jahr 2016 nun wieder langsam ansteigen und zu den oben angeführten, europäischen Spitzenwerten führen.

Aber was bewegt die jungen Italienerinnen und Italiener, so lange bei den Eltern zu wohnen? Einmal sind es lange Studienzeiten, prekäre Arbeitsverhältnisse, geringe Anfangsgehälter sowie nicht zuletzt Arbeitslosigkeit, die verhindern, dass junge Menschen ökonomisch auf eigenen Beinen stehen und daher teilweise aus blanker Not bei den eigenen Eltern wohnen bleiben müssen. Die Kehrseite ist, dass gerade in Italien es viele junge Männer – aber zunehmend auch junge Frauen – gibt, die das bequeme und günstige „Hotel Mama“ dem teureren Leben in einer eigenen Wohnung vorziehen. Unterm Strich bleibt diesen „kühlen Rechnern“ fast der gesamte Gehalt, der dann für teure Hobbys, Reisen oder anderen Freizeitvergnügungen ausgegeben werden kann.

ANSA / UFFICIO

Andere Beobachter hingegen merken an, dass Wohneigentum in Italien einen hohen Stellenwert besitzt. Lieber als früh in eine Mietwohnung zu ziehen, bevorzugen diese jungen Leute, günstig im Elternhaus zu wohnen, um so Monat für Monat ein Startkapital für die eigenen vier Wände ansparen zu können.

Aber laut der Meinung vieler Psychologen und Soziologen greifen diese in erster Linie wirtschaftlichen Argumente zu kurz. Gerade junge Männer – so die Meinung der Experten – befinden sich nicht selten in einer Art „psychologischer Abhängigkeit“ von ihrer Mutter und haben enorme Schwierigkeiten, die Nabelschnur zu ihrer Mama zu durchtrennen. Die Mama, die deren Alltag manchmal bis ins Detail hinein mitbestimmt, bleibt im Leben dieser Männer die zentrale Figur, gegen die eine junge Verlobte oder Freundin kaum ankommen kann.

Was hält ihr von dem Phänomen der „Mammoni“?

 

Von: ka