Von: sis
Marling – Zur Eröffnung der Bozner Messe am 24. April 1921, vor genau 100 Jahren, fand ein genehmigter Trachtenumzug durch die Altstadt der Landeshauptstadt statt. Die Faschisten betrachteten den traditionellen Umzug als eine Provokation und trafen den Entschluss, eine Gegendemonstration zu organisieren. Rund 50 Personen wurden durch Faschisten verletzt; der Marlinger Lehrer Franz Innerhofer verlor sogar sein Leben. In Erinnerung an dieses Ereignis – auch als „Bozner Blutsonntag“ bekannt – hat am Samstag in Marling eine Gedenkfeier stattgefunden.
Knüppel, Handgranaten und Pistolen – rund 50 Personen verletzt
Bei einer friedlichen Gegendemonstration blieb es jedoch nicht: Die Faschisten schlugen mit Knüppeln willkürlich auf Teilnehmer und Zuschauer ein, warfen Handgranaten und schossen mit Pistolen um sich. Rund 50 Personen wurden dabei verletzt; teilweise sogar schwer. Der Marlinger Lehrer Franz Innerhofer, der mit der Musikkapelle seiner Heimatgemeinde an besagtem Trachtenumzug teilnahm, wurde, beim Versuch den 8-jährigen Hans Theiner vor einer Gruppe Faschisten zu schützen, von einem dieser erschossen. Für den Mord am 36-jährigen Franz Innerhofer wurde niemand zur Rechenschaft gezogen, obwohl der damalige italienische Ministerpräsident Giolitti eine sofortige Inhaftierung und Bestrafung der Täter verlangt hatte. Zwei Faschisten wurden zwar für kurze Zeit inhaftiert, dann aber – auf faschistischen Druck hin – wieder freigelassen. Franz Innerhofer wurde am 28. April 1921 in seiner Heimatgemeinde Marling beigesetzt.
Gedenkfeier in kleinem Rahmen in Marling
Zur 100. Wiederkehr des Todestages von Franz Innerhofer hat die Schützenkompanie Marling am Samstagnachmittag zusammen mit Abordnungen zahlreicher Schützenkompanien, der Musikkapelle Marling, der Gemeindeverwaltung sowie den Bürgern von Marling in einer gemeinsamen Feier Franz Innerhofer und der Ereignisse von 1921 gedacht.Nach dem Einmarsch aller Abordnungen zum Kirchplatz und Grußworten vom Hauptmann der Schützenkompanie Marling Markus Kaserer erzählte Reinhard Wetzel, ein Enkel Franz Innerhofers, vom Leben seines Großvaters.
Kein Widerstandskämpfer, sondern ein einfaches Opfer
In seiner Rede hob er den vielseitigen Einsatz Franz Innerhofers in seiner Heimatgemeinde Marling hervor: Er war nicht nur ein beliebter und ausgezeichneter Pädagoge, sondern hielt unter anderem Kurse für die bäuerliche Jugend, beriet Bauern speziell in bürokratischen Angelegenheiten, war Chorleiter sowie Organist und schlug die Trommel bei der Musikkapelle.Des Weiteren hakte Wetzel bei den Worten von Landtagsabgeordneten Andreas Leiter Reber, der durch die Gedenkfeier führte, ein und betonte, dass Franz Innerhofer kein Held und auch kein Widerstandskämpfer, sondern ein einfaches Opfer gewesen sei. „Aber er war ein aufrechter Tiroler, der seine Pflicht getan hat und sich seiner Verantwortung gestellt hat, und als solchen sollten wir ihn in Erinnerung behalten“, so Wetzel.
Seine Rede abschließend appellierte Wetzel, weiterhin wachsam zu bleiben, da es immer noch Bestrebungen in der Politik gebe, den Südtirolern ihre Autonomie zu nehmen. „Wir sollten darauf achten, dass wir unser Tirolertum erhalten können“, schloss Wetzel.
Briefe, Ehrensalve und Kranzniederlegung
Neben den bewegenden Worten Wetzels wurden Briefe in Erinnerung an den „Bozner Blutsonntag“ von einer Marketenderin der Schützenkompanie Marling verlesen. Zusätzlich berichtete Rodolfo Weber, ein Welschtiroler Schütze, über den Tod von Giovanni Battista Daprà, der im Gemenge vom 24. April 1921 schwerverletzt wurde und seinen Verletzungen kurze Zeit später erlag. Die Gedenkfeier endete mit einer Ehrensalve durch die Schützenkompanie Marling und einer Kranzniederlegung.