Vorstellung des Berichts zu den Tätigkeiten der Gleichstellungsrätin

2.900 Kontakte, 570 neue Fälle im Jahr 2020

Mittwoch, 12. Mai 2021 | 11:41 Uhr

Bozen – Die Gleichstellungsrätin Michela Morandini hat heute dem Landtag einen Bericht über ihre Tätigkeiten im Jahr 2020 vorgestellt. Neben den Tätigkeiten des Büros der Gleichstellungsrätin wurden auch jene des Monitoringausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen vorgestellt, die im Büro der Gleichstellungsrätin angesiedelt ist und deren Vorsitzende sie ist.

„Als Ombudsstelle sind wir Anlaufstelle für geschlechtsbasierte Diskriminierungen am Arbeitsplatz. Die Pandemie hat 2020 auch unsere Arbeit wesentlich gezeichnet. Die Fälle, die wir bearbeitet haben, sind komplexer geworden“, fasste Morandini zu Beginn ihrer Vorstellung zusammen und betonte, dass es sich um eine Teamleistung handele. Sie sei auch offen für Anregungen der Abgeordneten. Sie wies außerdem darauf hin, dass ihr mit dem neuen Landesgesetz 11/2020 zu den Bestimmungen über die beim Landtag angesiedelten Ombudsstellen, die Koordination der Zusammenarbeit zwischen diesen Organen anvertraut wurde, darunter der Monitoringausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die Antidiskriminierungsstelle und der Landesbeirat für Chancengleichheit für Frauen.

Was die Arbeit der Gleichstellungsrätin betrifft, ist die Anzahl der Personen, die sich an sie gewandt hat, erneut angestiegen. Ganze 2.900 Kontakte, die sich in 570 konkreten Fallbearbeitungen niederschlugen. Viele der Personen, die sich an die Gleichstellungsrätin wandten, berichteten nicht nur von Problematiken am Arbeitsplatz, sondern auch von weiteren Schwierigkeiten. „Die Komplexität der Fälle hat insgesamt in diesem Pandemiejahr zugenommen, sodass gemeinsame, kollektive Interventionen mit anderen Einrichtungen notwendig waren“. Folglich stiegen die Interventionen, die gemeinsam mit anderen Institutionen gemacht wurden und Beratungsstunden, an. Bezogen auf die Anfragen nach Bereichen kamen 46 Prozent aus dem öffentlichen Bereich, 24 Prozent aus dem Gastgewerbe, 14 Prozent aus dem Handel, zwölf Prozent aus der Industrie und drei Prozent aus dem Handwerk. 75 Prozent der Anfragen kamen von Frauen, 25 Prozent von Männern.

Was die Thematiken angeht, mit denen die Gleichstellungsrätin konfrontiert wurde, war es am häufigsten das Thema der Nicht-Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Schließung der Erziehungs- und Bildungseinrichtungen, die Unsicherheiten des Homeoffice, das Wegfallen informeller Unterstützungssysteme haben aufgezeigt, auf welch unsicheren Beinen berufliche Chancengleichheit steht. Verändern sich strukturelle Bedingungen trifft es in erhöhtem Maße Frauen, da sie die Hauptlast unbezahlter Familienarbeit leisten. „Das ist auch in Südtirol passiert. Die Konsequenz war, dass sich für viele Frauen die Mehrfachbelastungen zusätzlich gesteigert haben – das Ganze oftmals mit unsicheren Rahmenbedingungen. Fragen nach diesen Rahmenbedingungen und nach den Forderungen, die ein Arbeitgeber stellen kann oder gar daraus folgenden diskriminierende Handlungen vonseiten des Arbeitsgebers, waren oftmals Inhalt der Beratungen“ so die Gleichstellungsrätin. So war dann das zweithäufigste Thema ihrer Beratungen das Mobbing. „Das Pandemiejahr hat die sozialen Ungleichheiten erhöht, so auch am Arbeitsmarkt. Durch das Kündigungsverbot, das eine Schutzmaßnahme ist, ist es in einigen Fällen zu einem erhöhtem Druck vonseiten des Arbeitgebers gegenüber einigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gekommen, das Arbeitsverhältnis „freiwillig“ zu kündigen“, so Gleichstellungsrätin Morandini. Je enger der Arbeitsmarkt wird, desto schwieriger wird es für vulnerable Arbeitsgruppen werden, so die Einschätzung der Gleichstellungsrätin. Ein Thema, das angesprochen werden muss, ist in dieser Hinsicht auch das der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz. Aus diesem Grunde wird deshalb auch im Jahr 2021 besonders darauf geachtet.
Auch der Südtiroler Monitoringausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, dessen Hauptaufgabe die Überwachung der Einhaltung der UN-Konvention in Südtirol ist, wurde immer wieder mit Anfragen kollektiver Diskriminierung konfrontiert. Diese betrafen oftmals den Bereich Schule, Freizeit, Arbeit oder Wohnen. Bei Letzterem waren die pandemiebedingten Einschränkungen oftmals Thema. Auch hier hat sich gezeigt, dass in Pandemiezeiten besonders auf die Situation von gesellschaftlich vulnerablen Gruppen geachtet werden muss. Die Auswirkungen der Corona- Pandemie auf die Rechte von Menschen mit Behinderungen und inklusive Freizeitgestaltung waren 2020 die Fokusthemen des Monitoringausschusses, so Morandini, die auch die Bedeutung der Kommunikation in Gebärdensprache bei Pressekonferenzen hervorhob und darauf hinwies, dass auch das Thema von Gewalt gegen Frauen mit Behinderungen angesprochen wurde: “Ein Tabu, über das gesprochen werden muss”.
Morandini wies in ihrer Vorstellung im Landtag darauf hin, dass die Erfahrungen der Pandemie für die zukünftige Gestaltung politischer Maßnahmen Grundlage sein müssen. „Als Ombudsstellen erheben wir oftmals die Stimme, wenn gesellschaftliche Schieflagen entstehen. Diesen vorzubeugen, ist politische Aufgabe“, so Morandini.
Präsident Josef Noggler wies im Hinblick auf die Frauenbeschäftigung darauf hin, dass im Landtag 68 Frauen arbeiten und 75 % der Führungskräfte Frauen sind: “Hier im Landtag gehen wir mit gutem Beispiel voran. “ Daraufhin lud er die Abgeordneten ein, Fragen zu stellen.

Franz Ploner (Team K) fragte nach, was mit der “Komplexität von Fällen” gemeint sei und bat um mehr Informationen zu Kündigungen während der Schwangerschaft. Hanspeter Staffler (Grüne Fraktion) thematisierte die Elternzeit und wies darauf hin, dass in den nordischen Ländern die Elternzeit für Väter der Karriere förderlich ist, und nicht umgekehrt, und forderte die Gleichstellungsrätin auf, sich mit diesem Thema zu befassen, um Frauen zu entlasten. Ulli Mair (Die Freiheitlichen) fragte, ob die Komplexität auch mit dem Gesundheitssektor und den Schulen zu tun habe und welche Kategorie am meisten von sexueller Übergriffe im Pflegebereich betroffen sei. Das Thema der sexuellen Gewalt wurde auch von Brigitte Foppa (Grüne Fraktion) angesprochen, die um weitere Informationen bat.

Die Gleichstellungsrätin Michela Morandini stellte klar, dass während der Pandemie die Antragsteller gleichzeitig mit mehreren problematischen Situationen zu kämpfen hatten, die auch durch emotionale Belastung geprägt waren. Oft gab es auch Schwierigkeiten, die richtige Anlaufstelle zu finden. Was den Vaterschaftsurlaub betrifft, so begrüße sie den Vorschlag von Staffler und betonte, dass neben Gesetzen auch ein Mentalitätswandel notwendig sei. Die Komplexität der Fälle kennzeichnete alle öffentlichen Ämter. Als Beispiel nannte sie eine Angestellte, die von ihrem Chef gedemütigt wurde, weil sie zu zu wenig Leistung bringe, im Smartworking aber tatsächlich keine Arbeit zugeteilt bekommen hatte. Ein weiteres Beispiel war die Diskriminierung bei der Entscheidung, wer im Büro und wer im Smartworking arbeiten sollte. Sexuelle Übergriffe im Pflegebereich wird vor allem von jungen Arbeitnehmerinnen gemeldet, weitere Berichte kommen vom Landesbeirat für Chancengleichheit, und dies geschieht jeden Tag. Solche Übergriffe haben stets mit Machtausübung zu tun.

Von: mk

Bezirk: Bozen