Stellenausschreibungen im Fokus

Beim Proporz zu lasch: Landesregierung zerrt SAD vor Gericht

Dienstag, 21. März 2017 | 12:00 Uhr

Bozen – Die Landesregierung zieht gegen die SAD vor Gericht. Wie das Tagblatt Dolomiten berichtet, kann man sich beim Land diesbezüglich eine gewisse Häme nicht verkneifen.

Gerade die SAD, deren Eigner Ingemar Gatterer Landeshauptmann Arno Kompatscher „autonomiepolitische Rückschritte“ vorgeworfen hatte, hat es bei Stellenausschreibungen mit dem Proporz nämlich nicht so genau genommen.

Stein des Anstoßes sind zwei von der SAD kürzlich veröffentlichte Stellenausschreibungen für Zugbegleiter mit Dienstsitz in Innichen und Lokführer mit Dienstsitz in Mals. Weil keine Stellenvorbehalte für die deutsche bzw. italienische Sprachgruppe angeführt werden, werde mit dem Proporz eines der Standbeine der Autonomie nicht korrekt eingehalten, argumentiert die Landesregierung, die nun deshalb vor Gericht zieht.

„Das kannten wir sonst nur von staatlichen Stellen wie Ordnungshüter oder Post“, heißt es beim Land. Für einen Südtiroler Konzessionär sei dies aber ein Novum. Mit der alten SAD-Führung habe es diese Probleme nie gegeben.

Land ficht SAD-Stellenausschreibung an

Auch für die Eisenbahndienste in Südtirol gilt die vom Autonomiestatut vorgegebene Pflicht zur Zweisprachigkeit und zur Stellenvergabe aufgrund der Sprachgruppenstärke (Proporz). Nach einem entsprechenden Urteil des Verfassungsgerichts aus dem Jahr 1988 wurde dieses Prinzip in eine eigene Durchführungsbestimmung gegossen. Demnach müssen Betriebe, die in Südtirol die Aufgaben der ehemaligen Staatsbahnen übernehmen, vor einer Stellenausschreibung das zuständige Einvernehmenskomitee damit befassen und die Stellen nach Proporz vergeben.

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Die Gesellschaft SAD, die im Auftrag des Landes den Bahndienst im Pustertal und im Vinschgau durchführt, hatte anfangs des Monats zwei Stellen ausgeschrieben. Gesucht wurden ein Zugbegleiter oder eine Zugbegleiterin mit Dienstsitz Innichen und ein Lokführer beziehungsweise eine Lokführerin mit Dienstsitz Mals. Die Stellenauslobung war ohne Einberufung des Einvernehmenskomitees und ohne Berücksichtigung der proporzmäßigen Zuteilung an die drei Sprachgruppen vorgenommen worden.

Daher hat die Landesregierung heute auf Antrag von Landeshauptmann Arno Kompatscher beschlossen, die beiden Stellenausschreibungen vor dem Verwaltungsgericht anzufechten und gegebenenfalls die Aussetzung der angefochtenen Maßnahmen zu beantragen.

ASGB-GTV: Proporzregelung ist einzuhalten

Die Fachgewerkschaft Transport und Verkehr (GTV) im Autonomen Südtiroler Gewerkschaftsbund (ASGB) nimmt die Tatsache, dass das Unternehmen SAD in Stellenausschreibungen eine der wesentlichen Säulen der Autonomie – nämlich den ethnischen Proporz – nicht berücksichtigt mit absolutem Unverständnis wahr und unterstützt die Klage des Landes gegenüber des Betriebes SAD aufgrund der Verletzung des ethnischen Proporzes.

„Unabhängig von den aktuellen Konflikten, die die Gewerkschaften mit dem Unternehmen SAD ausfechten, kann der ASGB als ethnische Gewerkschaft und somit als gewerkschaftlicher Vertreter der deutschen und ladinischen Volksgruppe einer Aushebelung des ethnischen Proporzes nicht tatenlos zusehen. Mitte Dezember 2016 hat der CEO der SAD Ingemar Gatterer die Wichtigkeit des ethnischen Proporzes und die Schulung des Personals hinsichtlich der Verwendung der deutschen Sprache unterstrichen. Dem diametral gegenüberstehen nun Stellenausschreibungen, welche die Proporzregelung nicht einhalten. Art. 32/bis des DPR Nr. 752/1976 sieht unmissverständlich vor, dass Betriebe, die die Aufgaben der Staatsbahnen übernommen haben oder übernehmen, die Stellen nach dem ethnischen Proporz zu vergeben haben. Deshalb unterstützt der ASGB die Maßnahme der Landesregierung vor Gericht zu ziehen vollinhaltlich, denn im Hinblick auf den Proporz darf kein Auge zugedrückt werden um Präzedenzfälle unbedingt zu vermeiden“, schreibt Richard Goller, Fachsekretär vom ASGB-GTV, in einer Presseaussendung.

„Verweisen möchten wir außerdem auf den Umstand, dass das Unternehmen SAD Linien an Nicht-Konzessionäre vergibt. Dies geschieht über Ausschreibungen, die nicht vom Land vorgenommen werden, sondern direkt von der SAD. Diese sogenannten Subkonzessionäre wären verpflichtet, ihren Chauffeuren die Zweisprachigkeitszulage auszuzahlen, was in vielen Fällen jedoch nicht vorkommt. In diesem Zusammenhang wäre das Land gefordert seiner Kontrollpflicht intensiver nachzukommen und eventuelle Missstände ebenfalls zur Anzeige zu bringen“, schließt Goller.

Von: luk

Bezirk: Bozen