Standseilbahn Meran

Bezirksgemeinschaft schaltet sich in Diskussion ein

Freitag, 31. März 2023 | 17:45 Uhr

Meran – Die Bezirksgemeinschaft verfolgt die Belange des Bezirks und fördert und koordiniert Maßnahmen zur Entwicklung. Sie setzt sich für die Interessen der 26 Gemeinden sowie deren Bürgerinnen und Bürger jedenfalls interessensunabhängig ein. Die Standseilbahn Meran – Schenna – Dorf Tirol wird medial hitzig diskutiert. Das Projekt blickt jedoch auf eine längere Geschichte zurück, die bereits in den 1990-er Jahren ihren Beginn markiert und folgend auch im übergemeindlichen Mobilitätsplan der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt NaMoBu (Nachhaltige Mobilität Burggrafenamt), der im Jahr 2015 an die Gemeinden übergeben wurde, zu finden ist. Ein Meilenstein war die 2016 veröffentlichte Machbarkeitsstudie der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt, aus der die Notwendigkeit einer straßenunabhängigen Mobilität nach Schenna und Dorf Tirol hervorgeht.

Diese wurde in Zusammenarbeit mit den drei Gemeinden Meran, Schenna und Dorf Tirol erstellt und war die Grundlage der darauf folgenden ÖPP-Projekt-Entwürfe, zweier renommierter Seilbahnbauer. „Die Notwendigkeit einer straßenunabhängigen Anbindung der drei Gemeinden wird durch zahlreiche Studien belegt und ergibt sich aus den wissenschaftlich erhobenen Daten und Fakten (vgl. Studie IBV Hüsler AG). Der daraus resultierende Mehrwert für den Bezirk und die betroffenen Gemeinden kann daher als unbestritten eingestuft werden“, heißt es vonseiten der Bezirksgemeinschaft.

Der Mehrwert für die Gemeinden

Der Mehrwert für die Gemeinde Schenna ist für die Bezirksgemeinschaft unzweifelhaft. Insbesondere eine private Initiative in der Gemeinde Meran betrachtet das Projekt kritisch. „Der Mehrwert für die Stadtgemeinde Meran ergibt sich aus den empirisch erhobenen Daten zur Entlastung der straßengebundenen Mobilität. Mit einer Einsparung von 26 Prozent des Pkw-Verkehrs von und nach Schenna sowie einer insgesamten Reduktion von über 300 Bussen (aktuell 340) stellt die Standseilbahn auch für Meran eine spürbare Entlastung dar. Das Projekt unterläuft derzeit einem Optimierungsprozess, die Zahlen sind daher nicht definitiv“, so die Bezirksgemeinschaft.

Kritik wegen der Kosten

Das Projekt umfasst Kosten in Höhe von geschätzt Euro 107,6 Millionen. Es stellt damit ein Großprojekt in einer Zeit dar, in der Ressourcen knapper werden und nicht jedes sinnvolle Projekt umgesetzt werden kann. „Eine Priorisierung der Ressourcen ist daher erforderlich. Die Kosten umfassen neben dem Bau der Standseilbahn selbst auch jene, welche teilweise auch ohne Umsetzung des Projektes anfallen würden, wie Busse und Ladestationen in den Gemeinden“, so die Bezirksgemeinschaft.

Zum Vergleich: Der Bau des Untermaiser Schulzentrums wird derzeit auf rund 50 Millionen Euro geschätzt. Die Signifikanz dieses Projektes und den daraus resultierenden Kosten ist durch den Mehrwert für die Gemeinden und die Bevölkerung für die Bezirksgemeinschaft erwiesen – unabhängig von der Herkunft der Finanzierung.

Kritik wegen des Landschaftsbilds

Das Projekt wirkt auf das Landschaftsbild, zumal die Standseilbahn teilweise auf vier bis fünf Meter hohen Stützen gleiten soll. Insbesondere besteht Kritik betreffend die Erschließung in der Naherholungszone Passer Fritz und Lazag. „Die aktuelle Trassenführung ist noch nicht definitiv und es werden im derzeitigen Optimierungsprozess voraussichtlich noch Anpassungen erfolgen. Nach aktueller Ausführung würde die Standseilbahn von Seiten der Gemeinde Tirol auf Höhe der Fußgänger- und Fahrradbrücke in die Gemeinde Meran einfahren, gut 400 Meter vor dem Fußballplatz Schenna“, heißt es vonseiten der Bezirksgemeischaft.

In dieser durch Apfelwiesen geprägten Zone würden sich bereits vier Meter hohe Betonpfeiler samt Hagelnetzen finden, die maßgeblichen Einfluss auf das Landschaftsbild haben. Die Auswirkung der Standseilbahn sei daher zwar gegeben, werde jedoch wesentlich geringer ausfallen, als die öffentliche Diskussion es vermuten lasse. Die Optik der Standseilbahn werde sich vermutlich als „über die Hagelnetzte gleitend“ darstellen.

Erhöhung des Verkehrsaufkommens im Musikerviertel

Wird die Talstation am Karl-Wolf-Parkplatz in der Karl-Wolf Straße gewählt, besteht die Befürchtung eines erhöhten Verkehrsaufkommens in der Zone. Durch die Talstation würden dem Parkplatz einige Parkmöglichkeiten entnommen. „Der Pkw-Verkehr würde sich nach dessen Auslastung nicht maßgeblich dorthin bewegen können. Die Kritik scheint daher unbegründet. Sehr wohl würde die Talstation dort ein zusätzliches Fußgängeraufkommen verursachen“, so die Bezirksgemeinschaft. Wird hingegen die Talstation in der Galileistraße gewählt, würde dieser Befürchtung grundsätzlich die Grundlage entzogen. Hier wäre das Zentrum zwar optimal angebunden, dies jedoch auf Kosten der Erreichbarkeit des Schulzentrums und des Meraner Krankenhauses. Ein Vorteil wäre die bessere Anbindung an Dorf Tirol, da dort die Talstation des derzeitigen Sessellifts angesiedelt ist.

Ein Gesamtkonzept für den Bezirk

„Die Standseilbahn wird medial häufig als isolierte Maßnahme dargestellt. Das Projekt ist jedoch Teil eines Gesamtkonzeptes, bei dem es auch begleitende Maßnahmen geben wird. Das Projekt sieht eine kapillare Vernetzung der Standseilbahn in das bereits bestehende Busnetz vor. Das Busnetz wird gleichzeitig verbessert und effizienter gestaltet, so die Bezirksgemeinschaft. Derzeit seien etwa acht geräuscharme E-Busse vorgesehen, welche sich auf einer zehn Kilometer langen Strecke verteilen und mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von rund 20 km/h fahren. Diese sollen bereits bestehende Linien ersetzen und es komme daher voraussichtlich nicht zu einer höheren Belastung.

Zudem sei es auch nicht zwingend notwendig, mit der Standseilbahn den Meraner Hauptbahnhof direkt anzusteuern, da die Anbindung de facto bereits durch Schnellbusse, welche von der Haltestelle in der Tiroler Handwerkerzone durch die Nordwestumfahrung zum Bahnhof fahren, gewährleistet sei.

Kommunikation und Transparenz

Ein Kritikpunkt betrifft die Kommunikation, welcher aufgrund der kurzfristigen Einreichfrist des Projektes für den PNRR, im August 2022, nicht ausreichend Raum gegeben wurde. Der Projektstatus wirkte, aufgrund der Eile auf die Bevölkerung als überstürzt und (fälschlicherweise) definitiv. Seither wurde laut Bezirksgemeinschaft jedoch eine transparente Kommunikation aufgebaut und die Bevölkerung über sämtliche Schritte informiert. Sowohl durch den Info-Day am 15. Februar, der Einbindung aller Gemeinden aber auch der Promotoren, die dem Projekt skeptisch gegenüberstehen sowie den Workshops der Stakeholder, sei eine transparente Progression gewährleistet.

Die Homepage www.standseilbahn-funicolare.it mit den wichtigsten Informationen und FAQ’s zum Projekt wurde online gestellt. In absehbarer Zeit wird ein plastisches Rendering erstellt, mit dem ein besseres Bild des Projektes vermittelt wird. Diese Art der Bürgerbeteiligung und der Transparenz sei beispielhaft und sei bei vorangegangenen Projekten nicht immer gewährleistet worden.

Die Vorschläge der Bezirksgemeinschaft

Ein wichtiger Aspekt ist für die Bezirksgemeinschaft der Knotenpunkt der Standseilbahn mit dem Schnellbus (BRT) in der Handwerkerzone Dorf Tirol. Hier wird die Anbindung an den Meraner Bahnhof de facto in rund drei Minuten ermöglicht. Dabei ist es wesentlich, dass der Umstieg von der Standseilbahn auf den Schnellbus – auch mit dem Rollstuhl – barrierefrei und innerhalb weniger Meter möglich ist. Hier böte sich ein U-Bahn-ähnlicher Zwischenbahnsteig an.

Da der Schnellbus durch den Küchelbergtunnel (Nord-West-Umfahrung) den Bahnhof in rund drei Minuten erreichen kann, werde eine Weiterführung der Standseilbahn-Trasse bis zum Meraner Bahnhof – mit Mehrkosten von jedenfalls über 50 Millionen Euro – faktisch obsolet.

Was hingegen die Anbindung von Dorf Tirol betrifft, war in der Machbarkeitsstudie der Bezirksgemeinschaft vorgesehen, den bestehenden Sessellift auszubauen und damit zu einem attraktiven Verkehrsmittel zu gestalten. Dieser Vorschlag sei hervorzuheben und in die Planung einfließen zu lassen. Zudem würde Dorf Tirol sehr von der Anbindung der Talstation in der Galileistraße profitieren.

„Eine straßenunabhängige Verbindung zwischen Meran, Schenna und Dorf Tirol ist bereits seit den 1990-er Jahren im Gespräch und ist aus mobilitätstechnischem Aspekt notwendig. Bei täglich 2.800 Bewegungen zwischen Schenna und Meran würde dieses Projekt eine spürbare Entlastung auch für Meran bedeuten, sofern begleitende Maßnahmen intelligent umgesetzt werden. Zum Vergleich, die Seilbahn Burgstall-Vöran transportiert im täglichen Durchschnitt 385 Personen (Stand 2017) und damit weit weniger als es die Standseilbahn würde. Die Vorteile überwiegen nicht nur in Meran, sondern sind auch, neben Schenna und Dorf Tirol, für das Passeiertal spürbar. Durch die Mittelstation in der Tiroler Handwerkerzone verfügt auch das Passeiertal über eine straßenunabhängige Anbindung in das Meraner Zentrum und an den Meraner Stadtbahnhof. So wird in Meran kein zusätzlicher Verkehr verursacht. Mit dem künftigen Ausbau der Bahnlinie Meran-Bozen würde das Burggrafenamt somit nachhaltig und klug vernetzt“, erklärt Reinhard Bauer, Referent für Mobilität der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt.

Für die Fortführung des Projektes müsse weiterhin der transparente Dialog mit den Anrainern und Grundbesitzern aufrechterhalten werden. Der gegenwärtige partizipative Prozess sei ebenso Ausdruck einer politischen Wertschätzung, da so der Bevölkerung auch die wichtige Mündigkeit vermittelt werde.

Von: mk

Bezirk: Burggrafenamt