Warnung auch für Südtirol – ein Kommentar

Brexit: Lehrstück für Chaoten

Donnerstag, 29. November 2018 | 10:02 Uhr

Bozen – Nach Hängen und Würgen, Vetos und gegenseitigen Anschuldigungen konnten sich die EU-Staaten endlich dazu durchringen, den Schränke füllenden Brexit-Vertrag abzusegnen. Nun verstehen auch die letzten Brexiteers, dass es kein Nachkarten und keinen anderen Vertrag geben wird. Legen sich die Briten quer, kommt es halt zum Hard Brexit mit einem Schaden, den sich selbst die übelsten Pessimisten auf der Insel nicht ausmalen möchten.

Vergessen sind längst die glorreichen Tage, als die Gewinner des Brexit-Referendums jubelten und davon träumten, weiterhin alle Vorteile eines gemeinsamen Binnenmarktes genießen und gleichzeitig jegliche Solidarität und Freizügigkeit von Arbeitskräften ablehnen zu können. Daraus wird nichts. Kurz zusammengefasst, ist das Ergebnis, dass die Briten, um am Binnenmarkt teilzuhaben, auch die Freizügigkeit von Arbeitskräften akzeptieren müssen, während sie in Brüssel selbst nicht mal mehr Zaungast sind. Die prominenten Brexiteers mögen ihre Premierministerin May für den Brexit-Vertrag angreifen, aber unterm Strich ist er das bestmögliche Resultat. Die EU konnte ein Land, das nicht mehr dabei sein will, nicht besserstellen als EU-Mitglieder. Bereits heute verschwinden Arbeitsplätze und viele britische Firmen verlegen ihren Sitz ins Ausland.

APA/APA (AFP)/NIKLAS HALLE’N

Die Jubler von einst erscheinen heute für viele nur mehr als Marktschreier, die ihr Land ins Chaos gestürzt haben, während eine immer größere Zahl von Briten eine erneute Abstimmung wünscht – Unsicherheit, Chaos und Spaltung der Gesellschaft sind perfekt. Nur wer dabeibleibt, kann Europa mitgestalten und mitverändern.

Und was heißt das für uns? Der Brexit ist ein Lehrstück, das zeigt, was politische Marktschreier anrichten können. Die Spannungen um Nordirland und Gibraltar verdeutlichen gerade uns Südtirolern, wie verhängnisvoll solche Entscheidungen in Grenzregionen und Gebieten mit ethnischen Minderheiten wirken. 

„Raus aus dem Euro“ hat die Lega zwar längst versenkt und den harten, antieuropäischen Kurs könnte bald das gleiche Schicksal ereilen. Trotzdem hat die SVP gut daran getan, von der Lega ein Bekenntnis zu Europa zu verlangen. Europäische Werte stehen für die SVP nicht zur Disposition.

Von: ka

Bezirk: Bozen