Britische Polizei bereitet sich auf weitere Proteste vor

Briten demonstrieren gegen rechtsextreme Ausschreitungen

Mittwoch, 07. August 2024 | 22:47 Uhr

Von: APA/dpa

Nach den rechtsextremen Krawallen in Großbritannien sind in mehreren Städten Gegendemonstranten auf die Straße gegangen. Menschen protestierten zum Beispiel in London und Brighton gegen Hass und Rassismus, wie die britische Nachrichtenagentur PA meldete. In Liverpool hätten sich mehrere Hundert Menschen versammelt, um ein Zentrum für Asylbewerber zu schützen. Rechtsextreme hatten bei einem “Big Day” Proteste in Dutzenden Städten angekündigt.

Im Land kommt es seit Tagen zu rechtsextremen Ausschreitungen. Randalierer hatten Sicherheitskräfte, Unterkünfte für Asylbewerber und Moscheen angegriffen. Autos und Gebäude wurden in Brand gesetzt. Premierminister Keir Starmer drohte mit der vollen Härte des Gesetzes.

Die Polizei stellt sich für die Nacht erneut auf Ausschreitungen ein. Medienberichten zufolge erwarten Ermittler, dass auch Anwaltsfirmen und Beratungsstellen, die Asylbewerber bei ihren Anträgen unterstützen, ins Visier geraten könnten. An manchen Orten wurden Fensterfronten verriegelt.

Am frühen Abend kamen aber vor allem Gegendemonstranten zusammen. In Birmingham hätten sich mehrere Hundert Menschen vor einem Beratungszentrum versammelt und etwa gegen Islamhass protestiert, meldete PA. Auf Plakaten in Liverpool habe etwa “Nans Against Nazis” (Omas gegen Nazis) gestanden oder “When the poor blame the poor only the rich win” (“Wenn die Armen den Armen die Schuld geben, gewinnen nur die Reichen”).

Angesichts der befürchteten neuen Ausschreitungen hatte Premierminister Keir Starmer den Randalierern mit schweren Strafen gedroht. “Wenn Sie auf unseren Straßen oder im Internet gewalttätige Unruhen provozieren, werden Sie mit der vollen Härte des Gesetzes konfrontiert”, schrieb der neue Regierungschef bei X.

Starmer verwies auf die ersten Verurteilungen von Teilnehmern der Krawalle. Ein Gericht in Liverpool verurteilte drei Männer zu Haftstrafen von 20 Monaten bis drei Jahren. Einer der geständigen Täter hatte einen Polizisten geschlagen, ein anderer ein Polizeifahrzeug angezündet. Landesweit wurden bereits Dutzende Einsatzkräfte verletzt.

Britische Medien hatten unter Berufung auf Aufrufe in sozialen Medien berichtet, dass es in mehr als 100 Orten Proteste und Ausschreitungen geben könnte. An Gegenprotesten wollten sich vereinzelt auch Parlamentsabgeordnete beteiligen. An einigen Orten verrammelten Ladeninhaber ihre Geschäfte und Restaurants. Mehrere Länder, darunter China, Indien und Australien, mahnten ihre Bürger zur Wachsamkeit in Großbritannien.

Vorausgegangen war den antimuslimischen Ausschreitungen ein Messerangriff in der nordwestenglischen Stadt Southport. Dabei wurden am 29. Juli drei Mädchen im Alter von sechs, sieben und neun Jahren getötet und weitere Kinder sowie zwei Erwachsene verletzt. Online verbreiteten sich rasch Gerüchte, dass ein muslimischer Migrant der Täter sei. Die Falschnachrichten wurden von einflussreichen Accounts bei X und Telegram geteilt. Die Polizei betont, dass es sich bei dem Verdächtigen um einen 17-Jährigen handelt, dessen Eltern aus Ruanda stammen. Das Motiv ist unklar.

Medienberichten zufolge erwartet die Polizei, dass außer Hotels, in denen Migranten untergebracht sind, auch Anwaltsfirmen und Beratungsstellen, die Asylbewerber bei ihren Anträgen unterstützen, ins Visier rechtsextremer Randalierer geraten könnten. Den Berichten zufolge sollen 6.000 Polizistinnen und Polizisten einsatzbereit sein. Es würden zusätzliche Kräfte nach Nordengland geschickt, sagte der Chef der Londoner Polizei, Mark Rowley.

Die Strafverfolgungsbehörden setzen auf Abschreckung. Von den mehr als 400 festgenommenen Randalierern wurden bereits etwa 120 angeklagt. Laut Justizstaatssekretärin Heidi Alexander sollen von nächster Woche an mehr als 560 zusätzliche Plätze in Gefängnissen geschaffen werden. Der Chef der Strafverfolgungsbehörde CPS, Stephen Parkinson, sagte dem Sender Sky News, in mindestens einem Fall erwäge die Staatsanwaltschaft auch eine Klage wegen Terrorismus.