Von: luk
Bozen – Ministerpräsident Giuseppe Conte hat am heutigen Donnerstag die Mitglieder der römischen Abgeordnetenkammer über die Pläne der Regierung zur schrittweisen Rückkehr in das normale Leben nach dem Corona-Notstand informiert. „Sehr vage, ohne verbindliche zeitliche Angaben und mit dem gewohnten zentralistischen Ansatz zur Bewältigung der Krise“, resümieren die SVP-Parlamentarier die Rede des Regierungschefs.
In seinem heutigen Bericht über die sogenannte zweiten Phase zur Bewältigung der Coronakrise hat der italienische Regierungschef Giuseppe Conte zwar die allgemeine Bereitschaft zu Lockerungen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten in den Regionen signalisiert, ist dabei aber „sehr vage und ohne zeitliche Angaben geblieben. Vielmehr hat Conte seinen zentralistischen Ansatz verteidigt“, zeigen sich die SVP-Kammerabgeordneten Renate Gebhard, Manfred Schullian und Albrecht Plangger enttäuscht.
“Regierung soll Rahmen festlegen und Entscheidungen den Regionen überlassen”
„Es ist absolut inakzeptabel, dass unsere autonomen Entscheidungsbefugnisse auch nach der Akutphase beschnitten werden“, fordern die Südtiroler Abgeordneten in Hinblick auf das zukünftige Zusammenleben mit dem Virus die Anerkennung lokaler und regionaler Unterschiede im Verlauf der Pandemie. „Die Regierung soll den Rahmen für die Rückkehr ins Leben festlegen und die konkreten Entscheidungen über die schrittweise Öffnung den Regionen und autonomen Provinzen überlassen“, so Manfred Schullian in seiner heutigen Stellungnahme in der Abgeordnetenkammer. „Das ist unumgänglich für die Gestaltung der nächsten Monate, in denen wir mit dem Virus leben müssen.“
“Jeder trägt seinen Teil der Verantwortung: Südtirol bereit für eigenen Weg”
“Die heutigen Aussagen von Ministerpräsident Conte haben einmal mehr gezeigt, dass die Entscheidung Südtirols, einen eigenen Weg zu gehen, richtig und notwendig war und ist. Wir sind dazu bereit, unseren Teil der Verantwortung zu übernehmen“, betonen die SVP-Abgeordneten, „zumal niemand den Verlauf der Pandemie vor Ort so gut kennt, wie die Entscheidungsträger vor Ort – und diesen Unterschieden ist in der zweiten Phase Rechnung zu tragen.“ SVP-Fraktionssprecherin Renate Gebhard verwehrt sich nicht des Eindruckes, dass die Regierung den Verantwortungsträgern vor Ort und den Bürgern nicht vertraut.
Kinderbetreuung: “Regierung verkennt das Problem”
In seiner knapp einstündigen Rede hatte Ministerpräsident Giuseppe Conte „gerade mal zwei Sätze für die Situation der Kinder und Familien übrig“, berichtet SVP-Frauenchefin Renate Gebhard, „und diesbezüglich lediglich auf nächste Dekrete verwiesen“, so Gebhard. „Die Regierung hat offensichtlich noch nicht verstanden, dass es höchste Zeit ist, mit der schrittweisen Öffnung auch die Kinderbetreuung zu organisieren und dies mit dem Aprildekret – das nun voraussichtlich ein Maidekret werden wird – zu regeln.“ Renate Gebhard hat in dieser Sache auch heute bei der Ministerin für Chancengleichheit und Familie Elena Bonetti Druck gemacht und darauf hingewiesen, dass es bereits im nächsten Dekret einen eigenen Abschnitt für familienpolitische Maßnahmen braucht, was diese bejaht hat.
Senatorin Unterberger: “Regierung soll Entscheidung überdenken”
„Die Ankündigung, dass ab 18. Mai differenzierte Öffnungen möglich sein werden, ist zu begrüßen. Wir werden sehen, welche Strategie die Regierung wählen wird – bisher war diese paternalistisch, ohne Vertrauen in die Bevölkerung und die lokalen Körperschaften. Besonders hart ist dies verständlicherweise für eine autonome Provinz. Es war verständlich, dass der Ministerrat in der ersten schwierigen Phase der Pandemie auf Notverordnungen zurückgegriffen hat. Jetzt ist dies aber nicht mehr nachvollziehbar: Auch, weil dadurch die Befugnisse der Sonderautonomien schlichtweg übergangen werden.“ Dies unterstrich SVP-Senatorin Julia Unterberger, Vorsitzende der Autonomiegruppe, heute im Plenum des Senats.
“Es darf nicht ganz Italien gleich wie die Lombardei behandelt werden. Jenen Regionen, in welchen sich die Ansteckungen in Grenzen halten, muss die Gelegenheit geboten werden, schrittweise zur Normalität zurückzukehren. Geschieht dies nicht, dann werden die sozialen Ungleichheiten noch größer werden – und die Leidtragenden werden die Betriebe und die Familien sein, die sich bereits in großen Schwierigkeiten befinden. In Südtirol herrscht über diese Vorgehensweise großer Unmut. Die Bevölkerung hoffte auf weitere Öffnungen – so wie in Österreich und Deutschland, wo eine couragierte Politik und verantwortungsbewusste BürgerInnen beweisen, dass vieles machbar sei”, so Unterberger.
„Uns gefällt dieser zentralistische Ansatz nicht – und ebenso wenig, dass die Task Forces so gut wie nur mit Männern besetzt sind. Besser wäre eine Strategie, welche die Wiedereröffnungen von der Zahl der Ansteckungen abhängig macht – und auch von den Kapazitäten im Sanitätsbereich auf schwierige Krankheitsverläufe zu reagieren. Die Wirtschaft kann nicht darauf warten, bis sich die medizinische Lage im ganzen Staatsgebiet wieder stabilisiert. In unserer Provinz haben wir die Machtkonzentration in den Händen der Regierung in der „Phase 1“ akzeptiert, weil es sich um eine Notsituation handelte. Und weil ein äußerst rasches Eingreifen nötig gewesen ist. In der „Phase 2“ können wir dies aber nicht mehr dulden: Es geht jetzt um den wirtschaftlichen Neustart. Die örtlichen Körperschaften, vor allem jene der Sonderautonomien, kennen ihre eigene Realität am besten: Sie müssen die ihnen zuerkannte Rolle einnehmen und ihre Befugnisse ausüben können. Es tut mir leid, dass die Regierung, welche den Umgang mit der Pandemie bisher gut im Griff hatte, jetzt einen falschen Weg eingeschlagen hat: Sie soll nun auf die Stimme des Volkes hören und ihre Entscheidungen überdenken”, so Unterberger.