Erste Familienstudie

Das Stimmungsbild der Familien in Südtirol

Montag, 19. Februar 2018 | 16:54 Uhr

Bozen – Familienformen, Werthaltungen und Lebensentwürfe der Südtiroler Familien stehen im Mittelpunkt der ersten Südtiroler Familienstudie.

Die Familienstudie wurde vom Landesstatistikinstitut ASTAT in Zusammenarbeit mit der Familienagentur erarbeitet. Rund 3500 Familien haben sich dafür an der Umfrage, die im Zeitraum Juli bis Oktober 2016 erfolgte, beteiligt und dazu beigetragen, ein Stimmungsbild des Familienlebens in Südtirol zu liefern. Heute wurden die Ergebnisse von Familienlandesrätin Waltraud Deeg, der geschäftsführenden Direktorin der Familienagentur, Carmen Plaseller, ASTAT-Direktor Timon Gärtner und ASTAT-Mitarbeiterin Irene Ausserbrunner vorgestellt.

Die Familie als Ganzes sehen und erfassen – dies sei laut Familienlandesrätin Waltraud Deeg das Ziel der Familienstudie. Die Zahlen, Daten und Fakten zeigen, dass die Ausgangssituation eine gute sei. “Es ist wichtig, eine mutige, aktive Familienpolitik anzugehen, weil die Familien dies brauchen”, erklärte Deeg. Die vorliegende Familienstudie sei ein gutes Instrument, um davon ausgehend Maßnahmen zu entwickeln, die wiederum den Familien helfen sollen ihren Familienalltag zu gestalten. Südtirols Familienpolitik bewege sich entlang der vom Familiengesetz von 2013 festgelegten drei Säulen: Familien früh stärken, Familie und Beruf besser miteinander vereinbaren und Familien finanziell unterstützen. Die vorliegende Familienstudie sei ein gutes Instrument, um davon ausgehend Maßnahmen zu entwickeln, die wiederum den Familien helfen sollen, ihren Familienalltag zu gestalten. Auch für den Familienförderplan, dessen Erarbeitung demnächst angegangen wird, stellt die Familienstudie ein wichtiges Basisdokument dar, so die Familienlandesrätin.

Erstmalig sei mit der Familienstudie ein Bild über Familien in Südtirol gezeichnet worden, hob ASTAT-Direktor Timon Gärtner hervor. Aus den Fragebögen seien viele ausschlussreiche Antworten hervorgegangen, welche die unterschiedlichen Bereiche des Familienalltags betreffen. Für die geschäftsführende Direktorin der Familienagentur, Carmen Plaseller, ist diese Vielfältigkeit von Familie eine Herausforderung, aber gleichzeitig auch der Rahmengeber für die Aufgaben der Familienagentur. “Wir brauchen aber auch die gesamte Gesellschaft, damit es gelingen kann, dass die Geburtenraten wieder steigen”, sagte Plaseller. Es sei ein solider Sockel den Familien gegenüber gegeben, sowohl finanziell, als auch strukturell. Nun gelte es weiter Investitionen zu tätigen, um Familien weiter zu stärken. Schließlich seien Investitionen in Familien Investitionen in die Zukunft Südtirols. Irene Ausserbrunner, Mitarbeiterin des Landesstatistikinstituts ASTAT, stellte Auszüge der Studie heute in Bozen vor. Das PDF der Familienstudie kann auf der Internetseite des ASTAT heruntergeladen werden.

Familienformen: Südtirol wird vielfältig

Das ASTAT hat bei seiner Familienstudie nicht nur Familien befragt, sondern auch Kennzahlen zur Thematik erhoben. 2,4 Mitglieder umfasst ein durchschnittlicher Haushalt in Südtirol, oder anders: In nicht einmal die Hälfte der Südtiroler Haushalte (43,7 Prozent) leben auch Kinder. Dabei nimmt die Anzahl jener Haushalte, in denen nur eine Person lebt, stetig zu. Der Trend geht eindeutig in Richtung Verkleinerung der Haushalte, was sich mit einer zunehmenden Überalterung der Gesellschaft, aber auch mit einem Individualisierungstrend erklären lasse.

Dennoch: Familie wird als zweitwichtiger Lebensbereich (nach der Gesundheit) bezeichnet. Dabei werden die Formen des Zusammenlebens, die als Familie empfunden werden, vielfältiger. Doch vor allem die Anwesenheit von Kindern – egal ob eigene, jene des Partners oder Pflegekinder – knüpfen viele Südtiroler an den Begriff Familie. Kinder werden dabei mehrheitlich als Quelle für mehr Freude und Zufriedenheit bezeichnet.

Einen Anstieg kann man im Hinblick auf eine aktive Vaterschaft ausmachen. So geben 90,6 Prozent der Befragten an, dass Väter so viel arbeiten sollen, dass sie auch genügend Zeit für ihre Kinder haben. Diese Einschätzung teilen sowohl Männer, als auch Frauen. Auch die Aussage “Väter sollen vermehrt die Vaterschaftszeit in Anspruch nehmen” trifft bei beiden Geschlechtern auf Zustimmung (insgesamt 72,4 Prozent gegenüber 58,3 Prozent aus dem Jahr 2006).

Lebensentwürfe: Familie ja, aber …

Die Aufgaben innerhalb einer Familie mit Kindern werden zunehmend auf beide Elternteile aufgeteilt. Dennoch übernahmen im Jahr 2016 überwiegend die Mütter die Organisation der Kindererziehung bzw. -betreuung. Wenngleich Kinder als Bereicherung angesehen werden, räumen viele Eltern größere Schwierigkeiten im Bereich der Vereinbarkeit ein und dass die Bedürfnisse der Kinder bestimmender sind als die eigenen. Vor allem die Sommer- und Schulferien sowie die Nachmittage und der Transport der Kinder zur Schule oder zu Freizeitaktivitäten werden von rund einem Drittel der befragten Eltern als “regelmäßig oder manchmal schwierig zu organisieren” erachtet.

Die Reaktion für viele Eltern auf diese Herausforderung besteht in einer Reduktion der Arbeitszeit. Hier sind es fast ausschließlich die Mütter (65,7 Prozent) die mit Kindern einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen, während derselbe Wert bei den Vätern nur 5,1 Prozent beträgt. Allerdings äußern viele Männer (46,8 Prozent) den Wunsch, über eine Teilzeitbeschäftigung Berufs- und Familienleben besser vereinbaren zu können. Dass diesem Anliegen dann aber nicht nachgekommen wird, lässt sich vielfach mit finanziellen Gründen erklären.

Die Wunschliste der Südtiroler Familien richtet sich folglich an zwei Adressaten: Zum einen sei die Politik gefragt, stärker über finanzielle Maßnahmen zu unterstützen (46,6 Prozent), auch in den Bereichen vertragliche Maßnahmen mit dem Arbeitgeber (29 Prozent), Diensten (14,6 Prozent) und strukturellen Maßnahmen (9,8 Prozent) seien noch Schritte nötig. Zum anderen müssten auch die Arbeitgeber Maßnahmen in Richtung einer Ausweitung des Wartestandes mit Arbeitsplatzgarantie, flexibleren Arbeitszeiten oder Heimarbeit unternehmen. Denn momentan sehen es 45,4 Prozent der befragten Erwerbstätigen Schwierigkeiten darin, Vereinbarkeit gut zu gestalten, Für 54,6 Prozent sind Familie und Beruf hingegen gut vereinbar.

Von: mk

Bezirk: Bozen