Von: mk
Brüssel – Wann der Tourismus in Europa wieder Fahrt aufnimmt, hängt maßgeblich von politischen Entscheidungen ab, allen voran auf Staatsebene. Jedoch hat sich die Europäische Kommission in den letzten Tagen zu Wort gemeldet und mehrere Dokumente veröffentlicht, die die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme touristischer Aktivitäten innerhalb der gesamten Europäischen Union definieren. Am Nachmittag des 14. Mai erklärte Herbert Dorfmann, Südtiroler EU-Parlamentsabgeordneter (SVP), im kostenfreien Webcast bei Brandnamic die Bedeutung der jüngsten Veröffentlichungen für den Tourismus und ging auf die Widersprüchlichkeit bilateraler Absprachen ein.
Am vergangenen Mittwoch wurden von der EU-Kommission fünf Schriften verabschiedet, die eine Roadmap zu einer gemeinsamen europäischen Tourismusstrategie darstellen. Deren oberstes Ziel sei es, so Dorfmann, die Bewegungsfreiheit innerhalb des Schengenraums wiederherzustellen, indem sie konkrete Aufforderungen an die Mitgliedsstaaten beinhalte, wie der europäische Tourismus in einer koordinierten Weise wieder anlaufen könne. Im Vordergrund stünden die Voraussetzungen für die Öffnung der EU-internen Grenzen.
Auch Hygienemaßnahmen am Urlaubsort, Passagierrechte, der Umgang mit Stornierungen und weitere Aspekte sind Inhalte der öffentlich einsehbaren Unterlagen, die nach Ansicht Dorfmanns ein wichtiger Schritt zum Neustart des Reisens sind, jedoch teilweise konkreter und datenorientierter sein könnten. Besonders betonte Dorfmann, dass die EU-Kommission in ihrer Kommunikation ein regionales Denken anmahne, das die unterschiedlichen epidemiologischen Situationen jeder Region anhand objektiver Kriterien bewertet und berücksichtigt. Demnach hätte Südtirol gute Chancen, als eine der ersten Regionen von einer Aufhebung von Grenzkontrollen zu profitieren, erfülle die Provinz doch alle von der EU-Kommission festgelegten Kriterien. Während der EU-Parlamentarier noch am Mittwochabend das Gespräch mit Deutschland und Österreich suchte und darin eine gewisse Offenheit gegenüber Südtirol verspürte, mahnte er, die Verhandlungen mit Rom nicht zu unterschätzen. Denn nur mit nationalen Bestimmungen könnten die Grenzkontrollen, beispielsweise am Brenner, ausgesetzt sowie die Quarantäne-Regelungen gelockert werden. In diesem Zusammenhang kritisierte er die Passivität der italienischen Regierung und den mangelnden Druck aus den süditalienischen Tourismusregionen.
Zeitgleich mit der wegweisenden Sitzung in Brüssel verkündete Deutschland am Mittwoch explizite bilaterale Absprachen mit einigen Nachbarländern. Dorfmann beleuchtete dabei zwei Aspekte: Einerseits widersprächen sie den Vorgaben der EU und damit dem europäischen Gedanken, andererseits habe er Hoffnung, diese seien Anlass für weitere Länder, sich aktiv für den Abbau der Grenzkontrollen einzusetzen. Die über 400 Zuhörerinnen und Zuhörer beteiligten sich lebhaft an der Unterhaltung; zahlreiche Fragen gingen ein, wovon der Moderator und Brandnamic-Geschäftsführer Michael Oberhofer dem Politiker eine Auswahl stellte. Den Höhepunkt des Gesprächs bildete ein Schlagabtausch zwischen Dorfmann und Oberhofer, zweiterer in Vertretung der Südtiroler Hoteliers, der die Emotionalität der Diskussion zwischen Touristikern und Politikern widerspiegelte.
Zum Abschluss des informativen Austauschs wandte sich Brandnamic-Geschäftsführer Oberhofer im Namen der gesamten Tourismusbranche mit dem eindringlichen Appell an den Politiker, sehr bald ein verbindliches Datum für die Grenzöffnungen festzuegen, denn es bedürfe Planungssicherheit für Gäste wie Hoteliers. Er schloss mit einer inspirierenden Botschaft: „Am Ende werden wir die Krise bewältigen […]. Noch ist jede Krise vergangen, auch schlimmere, denn die hat es gegeben, wenn auch zu Lebzeiten unserer Eltern oder Großeltern, und man bewältigt sie wie eine Bergbesteigung: Schritt für Schritt, immer vorwärts. Tun wir es, bleiben wir positiv im Geiste!“