Von: mk
Bozen – Wölfe stehen unter Naturschutz und dürfen nach einem kürzlich erlassenen Urteil des Europäischen Gerichtshofes nicht abgeschossen werden. Ende Juli, kurz nachdem das Urteil verkündet worden war, sind den Niederlanden in Wäldern eines großen Naturparks bei Utrecht Kinder von Wölfen angegriffen worden. Auch ein angeleinter kleiner Hund soll von einem Wolf verschleppt worden sein. Doch nicht erst seit diesen Vorfällen tobt eine heftige Debatte um das Zusammenleben von Mensch und Großraubtieren – auch in Südtirol.
Der „günstige Erhaltungszustand“ ist dabei zum geflügelten Wort geworden. Um die Deutungshoheit ist ein regelrechter Kampf ausgebrochen.
Die Initiative Wolfstop, die sich für eine Regulierung des Bestands von Großraubtieren einsetzt, beruft sich beim günstigen Erhaltungszustand auf eine Europäische Studie aus dem Jahre 2017, die mit Hilfe von Projektionen aus mathematischen oder Computermodellen (Beissinger & McCullough 2002, Morris & Doak 2002) berechnet wurde. Diese zeige auf, dass es einen Mindestbestand von 1.000 reproduktiven Wölfen braucht, um das Überleben der Art zu sichern. Für diese Sicherung ist eine Mindestzahl von 2.500 erwachsenen Individuen notwendig.
„Gemäß dieser Studie liegen einer austauschfähigen Population 1.000 reproduktionsfähige Individuen zu Grunde. Auf diese Studie hochgerechnet ergeben sich für den nachstehenden europäischen Managementplan folgende Eckdaten: Die Wolfsrudeldichte würde sich demnach mit einem Wolfsrudel pro 11.000 Quadratkilometer definieren“, erklärt die Initiative in einer Aussendung.
Bei dieser durchschnittlichen Wolfsrudeldichte von einem Wolfsrudel pro 11.000 Quadratkilometer ergebe sich im Betrachtungsgebiet (Kontinentaleuropa ohne Russland) eine Gesamtpopulation von 527 Rudeln.
Bei zwei reproduktionsfähigen Wölfen pro Rudel ergebe das eine Gesamtzahl von 1.054 reproduktionsfähigen Individuen. Dadurch wäre sichergestellt, dass bei 527 Rudeln zuzüglich erwachsener Paare und Einzeltieren mindestens 2.500 erwachsene Wölfe im Betrachtungsgebiet leben würden. Die Gesamtpopulation würde dann mindestens 5.000 Tiere umfassen. Damit wäre der „Günstige Erhaltungszustand“ laut der zugrundeliegenden und oben angeführten europäischen Studie aus 2017 erfüllt.
Gegenwärtig leben mehr als 20.000 Wölfe in Europa
Zurzeit leben mehr als 20.000 Wölfe in Europa. Damit sei laut Initiative der günstige Erhaltungszustand um ein Mehrfaches übererfüllt.
Wolfstop Europe Präsident Gerhard Fallent dazu: „Worauf warten die Nationalstaaten und Europa noch? Der hohe Schutzstatus war auch in Europa zu keiner Zeit gerechtfertigt. Die sofortige Regulierung auf einem Wolfsrudel pro 11.000 Quadratkilometer und die Schaffung von wolfsfreien Zonen ist durchzuführen!“
50 Tagesetappen reichen
Bei klarem Kopf erkenne man, was zur genetischen Vielfalt und zum ausreichenden genetischen Austausch erforderlich sei, so die Initiative. „Und zwar, eine Mindestanzahl untereinander fortpflanzungsfähiger Individuen. Da Wölfe an einem Tag bis zu 100 Kilometer zurücklegen können, ist die Durchmischung in Kontinentaleuropa kein Problem. Sie benötigen in jeder Richtung zirka 50 Tagesetappen.“
Mindestens 1.000 reproduktionsfähige Individuen?
Die Initiative habe sich bei ihren Überlegungen auf die erwähnte europäische Studie bezogen, um auf der sicheren Seite zu sein. Aber: „Benötigt ein günstiger Erhaltungszustand tatsächlich mindestens 1.000 reproduktionsfähige Individuen? Die Biologie und die Geschichte lehren uns etwas anderes. Ein Beispiel: Auf Gibraltar lebt seit zirka 1.000 Jahren eine völlig abgeschlossene Berberaffen-Population von 200 bis 250 Individuen.“ Sie befinde sich in einem stabilen und guten Zustand und das werde wohl auch die nächsten 1.000 Jahre sein.
Fallent betont abschließend: „Wolfstop hat mit seiner ‚Ausseer Deklaration‘ einen für Europa umsetzbaren Vorschlag zum Wolfsmanagement vorgelegt. Er stellt einen guten Kompromiss mit Hausverstand und Vernunft für alle Beteiligten dar!“
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