Ein Kommentar

Eine Broschüre für die Zukunft

Donnerstag, 04. April 2019 | 08:53 Uhr

Bozen – Bereits seit mehreren Tagen sorgt „Muslimische Kinder und Jugendliche in der Schule“ – eine Broschüre der Deutschen Bildungsdirektion über den Umgang mit muslimischen Kindern und Jugendlichen an Schulen – in der einheimischen Politik für tiefe Schockwellen. Nicht nur die Freiheitlichen, die als Erste auf den gerade erst veröffentlichen „Leitfaden“ hingewiesen haben, sondern fast die gesamte Südtiroler Öffentlichkeit zeigt sich über den Inhalt entsetzt.

Autonome Provinz Bozen/Deutsche Bildungsdirektion – Screenshot

Liest man die Broschüre durch, finden sich viele Stellen, die mehr als nur fragwürdig erscheinen. Gerade die im Papier angedachte Trennung der Geschlechter im Schwimmunterricht, die Rücksicht auf den Fastenmonat Ramadan und die islamischen Feiertage während des Schuljahrs sowie das „Mitspracherecht“ der Eltern beim Sexualunterricht lassen auf ein zutiefst zweifelhaftes Verständnis von Integration und von der Trennung von Staat und Religion schließen.

Bildungslandesrat Philipp Achammer tat gut daran, die Broschüre zurückzunehmen und für den „internen Fehler“ die Verantwortung zu übernehmen. Integration nach dem Prinzip „Fordern und fördern“ und die Vermittlung der so wichtigen Lerninhalte an die muslimischen Kinder kann nur gelingen, wenn die Religion aus der Schule draußen bleibt und ergänzende Sozialleistungen des Landes an den Nachweis der effektiven Integrationsbereitschaft – etwa am Besuch von Sprach- und Integrationskursen oder die Erfüllung der Schulpflicht – gekoppelt werden.

Die Südtiroler werden sich die versprochene, überarbeitete Broschüre genau ansehen. Die Amtszeit von Philipp Achammer als Landesrat für deutsche Schule und Kultur wird auch daran gemessen werden, ob „Fordern und fördern“ und die dazu passende Broschüre zum Erfolg werden.

oliver-oppitz

Südtirol hat alles Interesse, die Integration der immer größer werdenden Anzahl von Schülerinnen und Schülern islamischen Glaubens zu fördern: Ganz gleich ob Ius sanguinis oder Ius soli – viele junge Muslime, die in Italien geboren und bei uns dauerhaft wohnhaft sind, werden beim Erreichen der Volljährigkeit italienische Staatsbürger – und damit „Südtiroler“.

Versagen wir und „unsere“ Muslime bei der Aufgabe Integration, wackelt nicht nur der Stuhl eines Landesrats, sondern unsere Gesellschaft.

Von: ka

Bezirk: Bozen