Plenarsitzung im Landtag

Eisenbahntunnel unter dem Virgl kommt, unklar aber wann

Dienstag, 17. Januar 2017 | 18:09 Uhr

Bozen – Im Südtiroler Landtag wurden heute auch Fragen und Antworten zu Lehrstellen, Laurindenkmal, Wohngeld, Internet-Buchungen, Lärmmessungen u.a.m. gestellt.

Bezüglich der Landesrangordnung für die Lehrkräfte mit prekärem Arbeitsverhältnis sah Paul Köllensperger eine Ungleichbehandlung durch das neue Landesgesetz Nr. 1 vom Jänner 2015: Dieses räume den Absolventen der bildungswissenschaftlichen Fakultät Brixen eine erhöhte Punktezahl gegenüber jenen mit ähnlichen Voraussetzungen ein. Köllensperger fragte daher, ob die Landesregierung ein Rechtsgutachten zur Verfassungskonformität dieses Gesetzes habe, das zu offensichtlichen Ungerechtigkeiten führe.

Das Landesgesetz 2015 habe ein besonderes Verfahren für LBA-Absolventen vorgesehen, erklärte LR Christian Tommasini. Die Ungleichheit sei nur scheinbar, denn die Betroffenen hätten etliche Dienstjahre. Die Landesregierung werde die Kriterien im Rahmen der Durchführung noch einmal überprüfen, kündigte auch LR Philipp Achammer an.

Laut Presseberichten soll das Laurindenkmal in den Bahnhofspark verlegt werden, bemerkte Sven Knoll, der Bozner Bürgermeister sehe darin einen Akt der Versöhnung. Das Denkmal sei aber erst unter dem Faschismus zu einem beleidigenden Symbol für die Italiener uminterpretiert worden. Knolls Fragen an die Landesregierung: Entspricht die Meldung über die definitive Verlegung des Laurinbrunnens in den Bahnhofspark der Wahrheit? Wenn ja, wie wurde diese Maßnahme beschlossen, und wurde sie politisch begründet? Teilt die Landesregierung die Meinung des Bozner Bürgermeisters, dass die Laurinstatue eine Beleidigung für die Italiener darstelle und daher auf dieselbe Stufe zu stellen sei mit den faschistischen Symbolen wie das sogenannte Siegesdenkmal und das Mussolini-Relief, deren Botschaften jedoch eindeutig rassistischer und diktatorischer Natur sind?

Es sei dies nicht seine Einschätzung der Symbolik des Denkmals, antwortete LR Christian Tommasini, sie sei für niemanden eine Beleidigung. Es gebe noch keine endgültige Entscheidung, man werde alle Optionen auch aus technischer und architektonischer Sicht prüfen. Der Vorschlag werde dann auch dem Landtag vorgelegt, für den der Platz von besonderer Bedeutung sei.

Die Landesregierung hat mit Beschluss Nr. 1392 vom 20. Dezember 2016 beschlossen, eine Entscheidung (Urteil des OLG Trient, Außenstelle Bozen Nr. 41/2016) in Sachen Wohngeld nicht beim Kassationsgerichtshof anzufechten, erklärte Pius Leitner. Dem Rechtsstreit vorausgegangen war eine Verfügung der Landesregierung, einem Nicht-EU-Bürger das Wohngeld zu verweigern. Begründet wird die Nichtanfechtung u. a. mit dem Hinweis, dass der Nicht-EU-Bürger aufgrund des Grundsatzes der Gleichbehandlung und der entsprechenden Judikatur des EUGH denselben Anspruch auf das Wohngeld hat. Aus dem richterlichen Entscheid geht hervor, dass nicht etwa das Gesetz verletzt wurde, sondern dessen Durchführungsmodalitäten durch generelle Verwaltungsmaßnahmen. Leitner fragte daher: Warum hat die Landesregierung beschlossen, im gegenständlichen Fall nicht vor den Kassationsgerichtshof zu ziehen? Gedenkt die Landesregierung die entsprechenden Durchführungsmodalitäten zu ändern? Wie viele Rekurse von Nicht-EU-Bürgern bezüglich Ablehnung des Wohngeldes wurden bisher eingereicht? Gibt es dazu weitere Urteile? Wenn ja, mit welchem Ausgang? Sieht es die Landesregierung nicht als Gefahr für die Zustimmung zur EU, wenn Nicht-EU-Bürger EU-Bürgern gleichgestellt werden?

Die Landesregierung habe auf eine Anfechtung verzichtet aufgrund von Gutachten auch zu verfahrenstechnischen Aspekten, antwortete LH Kompatscher. Das Gericht habe auch in anderen Fällen so geurteilt, habe dem Land aber nie in der Sache unrecht gegeben. Seit der Reform des Wohngelds habe es auch keine Rekurse mehr gegeben. Vorher seien insgesamt 17 Rekurse eingereicht worden. Sowohl das EU-Recht als auch die Menschenrechtskonvention würden eine Ungleichbehandlung von EU-Ausländern dulden, die sich dauerhaft in der EU aufhielten und hier arbeiten würden.

Die Buchungsplattform Airbnb ermöglicht die weltweite Buchung günstiger Privatquartiere, aber auch von Beherbergungsbetrieben und prägt damit auch den Südtiroler Tourismus mit einem völlig neuen Angebot, bemerkte Hans Heiss. Da auf traditionelle Buchungs- und Vertriebskanäle nicht mehr angewiesen, bewegt sich die von Airbnb angebotene Form der Beherbergung öfters im rechtsfreien Raum, der bei Nicht-Anmeldung der Tätigkeit auch Steuer- und Gebührenfreiheit ermöglicht. Daher sollte das Land wie die Schweiz mit Airbnb direkt verhandeln. Heiss richtete folgende Fragen an die Landesregierung: Lässt sich die Zahl der Airbnb Anbieter für Südtirol realistisch erheben oder schätzen? Wie wird die Einhaltung sanitärer und betrieblicher Standards bzw. der Registrierungspflicht seitens der Anbieter gewährleistet? Wie wird die Erhebung der Ortstaxe gesichert?

Er habe verschiedene Ämter angewiesen, unlauterem Wettbewerb auf diesen Kanälen entgegenzutreten, antwortete LH Arno Kompatscher. Eine Arbeitsgruppe überprüfe derzeit verschiedene Möglichkeiten, legislative wie auch das Modell Schweiz. Über das derzeitige Ausmaß des Angebots in Südtirol gebe es keine Zahlen. Die verschiedenen Auflagen seien so schwer zu überprüfen, derzeit sei auch eine Ortstaxe nicht geschuldet.

Der Eisenbahntunnel unter dem Virgl werde zwar immer als vordringlich bezeichnet, aber ein konkreter Zeitplan sei nicht bekannt gegeben worden, auch nicht bei der Pressekonferenz von LH Kompatscher und LR Mussner über die wichtigsten Bauvorhaben, kritisierte Paul Köllensperger und fragte: Ist mit RFI ein verbindlicher Arbeitskalender vereinbart worden? Ist das diesbezügliche Projekt von Italferr formell angenommen worden?

Bei der Vorstellung der Prioritäten habe man auch über den Virgl-Eisenbahntunnel gesprochen, antwortete LR Florian Mussner. LH Kompatscher habe nun die Zusage von Rom bekommen, dass das Projekt von RFI verwirklicht wird. Genaue Zeiten kenne man noch keine.

Ihm würden immer wieder italienische Arztbefunde für deutschsprachige Patienten zugespielt, berichtete Sven Knoll, zudem stünden Computerprogramme im Krankenhaus oft nur in italienischer Sprache zur Verfügung, sodass auch deutschsprachige Befunde mit italienischen Einteilungskriterien versehen seien. Knoll fragte: Warum sind die Programme für die Befunde im Krankenhaus nur in italienischer Sprache verfügbar? Warum werden den Patienten deutscher Muttersprache immer öfter Befunde in italienischer bzw. überwiegend italienischer Sprache ausgestellt? Bis wann gedenkt die Landesregierung, diese Missachtung des Rechts auf Gebrauch der deutschen Muttersprache zu beheben? Nur acht Prozent der Verletzungen der Sprachbestimmungen beträfen laut Astat die italienische Volksgruppe, bemerkte Knoll, der Rest treffe die deutsche. Dass ein Patient sich nicht in seiner Muttersprache mit dem Arzt unterhalten könne, sei nicht akzeptabel.

Mit der neuen IT-Strategie werde in den nächsten Monaten sicher eine deutliche Besserung eintreten, erklärte LR Martha Stocker. Wenn ein Arzt der zweiten Sprache nicht ganz mächtig sei, sei er versucht, den Befund in seiner Sprache auszustellen. Der Sanitätsbetrieb sei bemüht, jedem Patienten den Umgang in seiner Muttersprache zu gewährleisten, man habe das nun auch zur Verpflichtung gemacht.

Im Sommer 2016 wurden in Durchführung eines Beschlussantrags des Südtiroler Landtags am Karerpass und anderen Dolomitenpässen eine Serie von Lärmmessungen durchgeführt, um vorab über die Belastung durch den starken Motorradverkehr hinreichenden Aufschluss und eine tragfähige Informationsgrundlage zu gewinnen, erklärte Hans Heiss. Für die künftige, probeweise vorgesehene Schließung einzelner Dolomitenpässe bietet die Messreihe eine wichtige Basis, sodass die Ergebnisse auch von allgemeinem Interesse wären. Daher richtete Heiss folgende Fragen an die Landesregierung: In welchem zeitlichen Umfang und von wem wurden die Lärmmessungen durchgeführt? Wurden die Erhebungen inzwischen ausgewertet, zu welchen Ergebnissen haben sie geführt (um Aushändigung der Studie ersucht)? Welche Schlüsse und Konsequenzen werden daraus gezogen?

Die Umweltagentur habe im Sommer eine Reihe von Messungen an den genannten Straßen durchgeführt, antwortete LR Richard Theiner. Der Abschlussbericht liegt vor, er werde ihn aushändigen.  Man habe keine Überschreitung der Grenzwerte festgestellt, obwohl die Belastung hoch sei. Am Grödner Joch seien mehr Motorräder unterwegs gewesen als an den anderen Pässen. Die These, dass der Lärm mit der Geschwindigkeit zunimmt, sei bestätigt worden, aber auch der Fahrstil sei ausschlaggebend. Allein mit einer Geschwindigkeitsreduzierung könne man das Problem also nicht wirksam bekämpfen. Man habe sich inzwischen mit dem Trentino zusammengesetzt, um über gemeinsame Maßnahmen zu besprechen.

Die Übernahme des Personals des Verwaltungsgerichtes und der ordentlichen Gerichte seitens der Region bzw. des Landes und erst jene des Personals der “Agenzia delle Entrate e Agenzia delle Dogane” scheint eher der Sparlogik des Staates zu entspringen, als einen echten Fortschritt oder gar Ausbau der Autonomie Südtirols darzustellen, meinte Paul Köllensperger und verwies auf dieselbe Einschätzung im Leitartikel der SWZ. LH Rossi warne davor, die Provinzialisierung des Fiskus sei keinen Pfifferling wert, wenn sie den Provinzen nicht ermöglicht, zur Festlegung der Erhebungsmodalitäten beizutragen. Weiterhin wünscht er sich einen menschlicheren und unternehmensfreundlicheren Fiskus. Köllenspergers Fragen an die Landesregierung: Welche konkrete Vorteile bringt die Regionalisierung des Gerichtspersonals und der Agenzia delle Entrate mit sich, die eine Übernahme der laufenden Kosten rechtfertigt?

Die reine Übernahme sei ein Nullsummenspiel, antwortete LH Arno Kompatscher. Es gehe um Geld, das vom Staat laut Mailänder Abkommen sonst zurückbehalten würden. Mit dem Gerichtspersonal seien aber auch die Gerichtsimmobilien an das Land übergegangen. Allfällige Mehrkosten, um den Dienst zu verbessern oder die Justiz zu beschleunigen, gingen allerdings zu Lasten des Landes. Das Land könne, müsse dies aber nicht tun. Ebensolches gelte für die Steuerämter. Das Land werde mit der Übernahme nicht die Steuersätze festlegen können, aber es könne den Dienst verbessern.

Von: luk

Bezirk: Bozen