Die Versorgungslage der Palästinenser ist desaströs

Erste UNO-Treibstofflieferung in Gazastreifen seit 130 Tagen

Donnerstag, 10. Juli 2025 | 19:06 Uhr

Von: APA/dpa/Reuters

Kurz nach Verkündung einer Einigung zwischen der EU und Israel auf eine Verbesserung der humanitären Lage im Gazastreifen, haben die Vereinten Nationen nach eigenen Angaben erstmals seit 130 Tagen Treibstoff in das von Israel abgeriegelte Gebiet bringen können. Nach Angaben der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas sieht die Einigung vor, dass mehr Lastwagen mit Hilfsgütern in das Gebiet fahren und Grenzübergänge sowie bestimmte Routen geöffnet werden, sagte Kallas am Donnerstag.

Ein Team habe am Mittwoch rund 75.000 Liter sei in den Gazastreifen transportiert, teilte wenig später UNO-Sprecher Stephane Dujarric mit. “Die gestern eingeführte Menge reicht nicht einmal aus, um den Energiebedarf eines Tages zu decken. Der Brennstoff geht immer noch zur Neige, und die Versorgung wird eingestellt werden müssen, wenn nicht sofort weitaus größere Mengen eingeführt werden.”

Es bestehe Einigkeit darüber, dass Hilfe in großem Umfang direkt an die Bevölkerung geliefert und zugleich verhindert werden müsse, dass die Hilfe an die militante Palästinenserorganisation Hamas umgeleitet werde, betonte Kallas. “Diese Maßnahmen sind bereits umgesetzt oder treten in den kommenden Tagen in Kraft”, fügt sie hinzu.

Israels Außenminister bestätigt Einigung in Wien

Die Vereinbarung bedeute, “dass mehr Grenzübergänge geöffnet werden, dass Hilfs- und Lebensmittel-Lastwagen in den Gazastreifen gelangen, dass lebenswichtige Infrastrukturen repariert werden und dass die Helfer geschützt werden”, schrieb die Außenbeauftragte im Onlinedienst Bluesky.

Israels Außenminister Gideon Saar bestätigte die Vereinbarung bei einer Pressekonferenz in Wien: “Nach unserem Dialog mit der EU hat unser Sicherheitskabinett am Sonntag weitere Beschlüsse zur Verbesserung der humanitären Lage in Gaza gefasst.” Nach Saars Worten wird die Konsequenz der Vereinbarung “mehr Lastwagen, mehr Übergänge und mehr Routen” für Hilfseinsätze sein.

Ein Sprecher der EU-Kommission sagte in Brüssel: Israel habe sich bereit erklärt, Zugänge zum Gazastreifen über Ägypten zu öffnen. Das Abkommen solle “die Verteilung durch Bäckereien und öffentliche Küchen im gesamten Gazastreifen ermöglichen”. Außerdem solle eine Wasseraufbereitungsanlage wieder mit Strom versorgt werden.

Mehr offene Grenzübergänge

Konkret sollen mehr Grenzübergänge zu dem Küstengebiet öffnen und die jordanischen und ägyptischen Hilfsrouten wieder genutzt werden können. Bäckereien und öffentliche Küchen im Gazastreifen sollen Lebensmittel verteilen können. Auch ist vorgesehen, dass wieder Treibstoff an Hilfsorganisationen geliefert wird. Helfer sollen geschützt und die Reparatur und Arbeit an Infrastruktur wie der Stromversorgung und einer Wasserentsalzungsanlage erleichtert werden.

Die israelische Behörde Cogat, die für Palästinenserangelegenheiten zuständig ist, informiert in den sozialen Medien über die Einfuhr von Lkw mit Hilfsgütern. Medien berichteten kürzlich über eine Ausweitung der Hilfslieferungen für den nördlichen Gazastreifen. Bisher kamen Lkw über den Grenzübergang Kerem Shalom im Süden in dem abgeriegelten Küstenstreifen an. Cogat teilte zuletzt mit, dass Lkw auch über den Grenzübergang Tzikim im Norden einfahren konnten.

EU machte Druck auf Israel

Die Zusagen der israelischen Regierung folgen nach Angaben des Sprechers auf Druck aus Europa. Mehrere EU-Länder, unter anderem Spanien, hatten die EU-Kommission angesichts der israelischen Blockade von Hilfslieferungen in den Gazastreifen aufgefordert, das bestehende EU-Assoziierungsabkommen mit Israel zu überprüfen, und den Druck zu erhöhen. Österreich und Deutschland hatten sich dagegen ausgesprochen. Zu einer Aussetzung des Abkommens kam es nicht.

Seit Ende Mai betreibt die von Israel unterstützte, höchst umstrittene Stiftung GHF Verteilzentren im Gazastreifen. Dort kommt es immer wieder zu Chaos und Gewalt. Nach jüngsten Angaben des UNO-Hochkommissariats für Menschenrechte wurden nahe GHF-Verteilzentren mehr als 500 Menschen getötet. Die UNO und große Hilfsorganisationen verweigern die Kooperation mit der Stiftung. Sie werfen ihr vor, sich nach den Plänen der israelischen Armee auszurichten und damit gegen grundlegende humanitäre Prinzipien zu verstoßen.

Der Krieg im Gazastreifen war durch den Großangriff der radikal-islamischen, militanten Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden. Dabei wurden nach israelischen Angaben mehr als 1.210 Menschen getötet. Israel geht seither massiv militärisch in dem Küstenstreifen vor. Dabei wurden nach Angaben der Hamas-Behörden, die sich unabhängig nicht überprüfen lassen, mehr als 57.680 Menschen getötet.

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