Von: Ivd
Bozen – In den großen Südtiroler Unternehmen sind Frauen weiterhin in den Führungsetagen unterrepräsentiert und häufiger in Teilzeitbeschäftigung tätig: Dies geht aus dem achten Bericht zur Beschäftigungssituation für den Zeitraum 2022–2023 hervor. Dieser wurde vom AFI| Arbeitsförderungsinstitut im Auftrag von Gleichstellungsrätin Brigitte Hofer erstellt und heute (30. September) Vormittag in Bozen vorgestellt.
Laut Artikel 46 GvD 198/2006 stellt die Gleichstellungsrätin alle zwei Jahre einen detaillierten Bericht zur Beschäftigungssituation aus Genderperspektive vor. Seit dem Biennium 2020–2021 sind gemäß Staatsgesetz Nr.162/2921 alle Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten verpflichtet, diesen Bericht zu erstellen. An der aktuellen Ausgabe haben sich 609 Südtiroler Unternehmen beteiligt.
An der Pressekonferenz haben die Präsidialsekretärin des Südtiroler Landtages, Maria Elisabeth Rieder, AFI- Präsident Stefano Mellarini, Gleichstellungsrätin Brigitte Hofer und AFI-Direktor Stefan Perini teilgenommen.
„Ein wertvolles Instrument für die Politik und die Unternehmen”
In ihren Grußworten dankte Maria Elisabeth Rieder denjenigen, die zur Erstellung des Berichts beigetragen haben, und bezeichnete ihn als „eine wertvolle Informationsquelle für die Politik, weil er es ermöglicht, zu verstehen, wo noch Verbesserungsbedarf besteht“. AFI- Präsident Stefano Mellarini betonte ebenso die Wichtigkeit des Themas, das auch von den Gewerkschaften sehr aufmerksam verfolgt wird, und fügte hinzu, dass „der derzeitige Mangel an Arbeitskräften ein Motor für die Beschleunigung der Erreichung der Geschlechtergleichstellung werden könnte“.
Frauen immer noch unterrepräsentiert in Führungspositionen
Der Bericht gibt einen Überblick über die Situation in der post-pandemischen Phase und zeigt ein Bild, das sich langsam, aber stetig verbessert. Die Geschlechtergleichstellung in Führungspositionen ist jedoch noch in weiter Ferne. „Frauen“, erklärte Gleichstellungsrätin Brigitte Hofer, „stellen 44,2 Prozent der Mitarbeitenden in großen Unternehmen, aber nur 11,4 Prozent der Führungskräfte sind weiblich“. Es bestehen weiterhin die vertikale Segregation und die sogenannte „gläserne Decke“, beides Hindernisse für den Zugang von Frauen zu Führungspositionen.
Die Last der Pflegearbeit und die „Falle“ der Teilzeitbeschäftigung
AFI-Direktor Stefan Perini hob hervor, dass die familiäre und pflegerische Last nach wie vor überwiegend als weibliche Verantwortung betrachtet wird: 81,8 Prozent der Teilzeitverträge werden von Frauen abgeschlossen. Dasselbe gilt für die Elternzeit: Im Jahr 2023 waren 54,9 Prozent derjenigen, die den obligatorischen Mutterschafts-/Vaterschaftsurlaub in Anspruch nahmen, Frauen, während Männer 45,1 Prozent ausmachten. Im Falle der fakultativen Elternzeit, die zum 31. Dezember 2023 in Anspruch genommen wurde, gab es 2.021 Frauen und 1.587 Männer, was ein Geschlechterverhältnis von 56:44 ergibt. Diese Zahl zeigt Fortschritte in Richtung einer ausgeglichenen Verteilung, bleibt jedoch noch unausgewogen.
Vereinbarkeit von Beruf und Familie: Maßnahmen noch zu selten
Der Fragebogen analysierte auch die Unternehmenspolitik zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das am weitesten verbreitete Instrument bleibt die flexible Arbeitszeit, gefolgt von Stundenkonten und Smartworking. „Es ist auffällig“, bemerkte Perini, „dass gerade die Maßnahmen, die direkt die Elternschaft unterstützen und die am meisten benötigt werden, um Familien zu helfen, die am wenigsten verbreitet sind. Nur 12,8 Prozent der Unternehmen bieten Zuschüsse oder Vereinbarungen für Kleinkindbetreuungseinrichtungen an; bei allen anderen Maßnahmen sind die Prozentsätze noch niedriger.“
Beförderungen: Eine endlich ausgewogene Zahl
Es gibt jedoch auch eine positive Nachricht: Zum ersten Mal wurde im Fragebogen die interne Beförderung analysiert und hier zeigt sich ein fast ausgewogenes Geschlechterverhältnis, mit 45,6 Prozent der Beförderungen, die Frauen betrafen. Unter dem Büropersonal liegt der Frauenanteil sogar bei 52,8 Prozent, was ein Zeichen dafür ist, dass der Geschlechterunterschied zumindest bei den internen Wachstumsmöglichkeiten zu schrumpfen scheint.
Die Dynamik im mittelfristigen Zeitraum
Eine große Neuerung im achten Bericht zur Beschäftigungssituation ist der historische Vergleich. Unter den 543 Unternehmen, die an der Umfrage im Zeitraum 2020-2021 teilnahmen, und den 609 aus 2022-2023 gibt es eine Untermenge von 499 Unternehmen, die an beiden Ausgaben teilgenommen haben. Dies liefert eine solide Datenbasis, die einen statistisch zuverlässigen Vergleich ermöglicht. Die Ergebnisse zeigen, dass die weibliche Erwerbstätigkeit kontinuierlich und stetig zunimmt – wenn auch langsam: Seit 2020 ist der Frauenanteil von 42,8 Prozent auf 45,1 Prozent gestiegen, mit einem Anstieg von 2,5 Prozentpunkten bei den Führungskräften (jetzt 11,9 Prozent des Gesamtanteils) und von 2,1 Prozentpunkten bei den leitenden Angestellten (von 20,9 Prozent auf 23,0 Prozent). Wenn man jedoch die Führungspositionen betrachtet, handelt es sich um eher langsame Fortschritte. Die Hoffnung besteht daher, dass das Wachstum in den kommenden Jahren beschleunigt werden kann.
„Es braucht einen gemeinsamen Einsatz, um den Wandel zu beschleunigen“
„Es braucht einen gemeinsamen Einsatz, um den Wandel zu beschleunigen“, unterstreicht Gleichstellungsrätin Brigitte Hofer. Laut Gleichstellungsrätin sind die Daten des Berichts eindeutig: Ohne effektive Politiken zur Vereinbarkeit und ohne einen kulturellen Wandel in der Aufteilung der Pflegearbeit wird die Geschlechtergleichstellung ein fernes Ziel bleiben.
„Politik, Institutionen und Unternehmen müssen die notwendigen Voraussetzungen schaffen: flexible Arbeitszeiten und Bildungs- und Kindergartendienste, die den ganzen Tag und das ganze Jahr über geöffnet sind. Nur so können beide Elternteile Vollzeit arbeiten und eine faire Karriere aufbauen“, fügt Hofer hinzu.
Ein wichtiger Beitrag, erinnert die Gleichstellungsrätin, kommt auch vom Gleichstellungsaktionsplan, der konkrete Maßnahmen zur Förderung der Vereinbarkeit und zur Beschleunigung des Wandels aus einer Genderperspektive vorsieht. Ein weiterer großer Schritt wird die neue EU-Richtlinie 2023/930 zur Entgelttransparenz sein, die darauf abzielt, den Gender Pay Gap zu schließen und gleiches Entgelt für Frauen und Männer zu gewährleisten.
„Nur mit geeigneten Diensten für die Vereinbarkeit für Erwerbstätige, innovativen Politiken und einer neuen Kultur der gemeinsamen Pflegearbeit können wir endlich die ‚gläserne Decke‘ durchbrechen und die Geschlechtergleichstellung am Arbeitsmarkt zu einer konkreten Realität machen“, schließt die Gleichstellungsrätin.
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