Von: APA/Reuters/dpa
Die von den Vereinten Nationen kritisierte Hilfsorganisation Gaza Humanitarian Foundation (GHF) hat nach eigenen Angaben mit der Verteilung von Lebensmitteln im Gazastreifen begonnen. Am Dienstag würden weitere Transporte mit Hilfsgütern angeliefert, erklärte die von den USA unterstützte Organisation am Montagabend. Die Vereinten Nationen werfen der im Februar gegründeten Stiftung vor, ihre Pläne würden die Zwangsumsiedlung von Palästinensern und weitere Gewalt bedeuten.
Das von der palästinensischen Terrororganisation Hamas kontrollierte Innenministerium rief die Einwohner des Gazastreifens dazu auf, den neuen Verteilmechanismus zu boykottieren. Der von Israel initiierte Verteilungsplan sieht vor, dass private Unternehmen – und nicht die Vereinten Nationen und Hilfsorganisationen, die seit Jahrzehnten palästinensische Hilfe abwickeln – Hilfsgüter in den Gazastreifen transportieren. Diese sollen an vier große Verteilungszentren im südlichen Gazastreifen geliefert werden. Die Familien, die dort Hilfe erhalten wollen, sollen auf Verbindungen zu militanten Hamas-Kämpfern überprüft werden. Dabei könnte Gesichtserkennung oder biometrische Technologie eingesetzt werden.
Mit der neuen Verteilstrategie will die israelische Regierung nach eigenen Angaben verhindern, dass die Hamas Lieferungen abgreift und Geld damit macht. Die Hamas weist diese Vorwürfe zurück. Sie erklärte, sie schütze Hilfskonvois vor bewaffneten Plünderern. Die Vereinten Nationen und andere Organisationen kritisieren den Plan, weil er für viele Menschen weite Wege bedeutet – und sie dabei im Kriegsgebiet beschossen werden könnten. Für Alte und Kranke könnte der Weg unmöglich sein.
Leiter der Stiftung zurückgetreten
Am Sonntag war der Leiter der Stiftung zurückgetreten. Jake Wood, ein ehemaliger US-Soldat, hatte das damit begründet, dass die Organisation die Grundsätze von Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit nicht einhalten könne.
Die Stiftung teilte weiter mit, am Dienstag sollten weitere Lastwagen mit Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern ankommen. Die GHF kritisierte auch den Boykottaufruf der Hamas gegen die Verteilzentren: “Es ist klar, dass sich die Hamas durch dieses neue Betriebsmodell bedroht fühlt und alles in ihrer Macht Stehende tun wird, um es scheitern zu lassen”, hieß es.
Die Hamas hatte behauptet, der neue Mechanismus sei eine nachrichtendienstliche Operation, die darauf abziele, Informationen zu sammeln und eine interne Spaltung herbeizuführen. Israel setze Lebensmittel als Kriegswaffe ein.
Keine genauen Angaben zur Verteilung der Hilfsgüter
Die Stiftung habe keine Angaben dazu gemacht, wie viel verteilt worden sei, sie habe allerdings Fotos von Bewohnern veröffentlicht, die mit Paketen davongingen, hieß es unter anderem in der “Times of Israel” und der “Jerusalem Post”. Ein Vertreter jeder palästinensischen Familie solle alle fünf Tage zu einem der Zentren gehen, um ein Hilfspaket abzuholen, hieß es. Es wird erwartet, dass das GHF in den ersten Wochen nur 60 Prozent der Bevölkerung ernähren kann, wie der Sender CNN berichtete.
Kurz zuvor hatte es in Israel Medienberichte darüber gegeben, dass sich die Eröffnung eines Verteilzentrums wegen logistischer Schwierigkeiten verzögere – und damit auch der Beginn des von der israelischen Regierung eingesetzten neuen Mechanismus. Die Nachrichtenseite “ynet” berichtete etwa unter Berufung auf israelische Regierungsbeamte, es handle sich um die Hauptverteilstelle der Hilfe und um die erste von mehreren, die ihren Betrieb aufnehmen sollten. Offizielle Informationen lagen dazu nicht vor.
Der vom Krieg ohnehin schon weitgehend zerstörte Gazastreifen war zuletzt von Israel über Wochen abgeriegelt worden. Erst vor einigen Tagen durften wieder Nahrungsmittel in den Küstenstreifen gebracht werden. Diese konnten nach UNO-Angaben aber nicht verteilt werden, weil Israel keine sicheren Durchfahrtkorridore bereitstellen wollte. Beobachter haben gewarnt, eine halbe Million Menschen seien vom Hungertod bedroht – ein Viertel der Bevölkerung in der Enklave.
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