Von: mk
Bozen – Im Landtag ist heute neben einem Antrag zu Gehältern von Politikern und Beamten auch die Telemedizin behandelt worden.
Beschlussantrag Nr. 400/21: Telemedizin und Telekooperation für eine flächendeckende, dezentrale ärztliche Betreuung in Anbetracht der Regierungserklärung von Ministerpräsident Draghi (eingebracht vom Abg. Nicolini am 17.02.2021). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. im Rahmen der Telemedizin die von Hausärzten und frei wählbaren Kinderärzten angebotenen telemedizinischen Leistungen umzusetzen; 2. die IT- und Organisationsstruktur sowie die Personalressourcen so zu gestalten, dass der telemedizinische Dienst über die Telekooperation sowohl in Notsituationen als auch in abgelegenen Gebieten eingesetzt werden kann; 3. eine Absichtserklärung zur „grenzüberschreitenden Telemedizin“ zu unterzeichnen, um die Zusammenarbeit mit dem Land Tirol zu verbessern.
“In der Mitteilung der Europäischen Kommission (KOM-2008-689) über den Nutzen der Telemedizin für Patienten, Gesundheitssysteme und die Gesellschaft wurden Maßnahmen für eine bessere Integration telemedizinischer Dienste in die ärztliche Praxis festgelegt”, erklärte Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung). “Damit sollen die größten Hindernisse, die einem umfangreichen und effektiven Einsatz der Telemedizin im Wege stehen, überwunden werden. Mit seinen kleinen Dorfzentren und Tälern, die oft fernab der größeren Städte liegen, benötigt Südtirol ein flächendeckendes Dienstleistungs- und Versorgungsnetz. Neue Technologien können dabei helfen, die räumliche Distanz zu überbrücken. Das Südtiroler Gesundheitswesen ist auch vom sogenannten Gesundheitstourismus betroffen. Telemedizin und Fernbetreuung zeigen insbesondere wie Allgemeinmediziner, die sich in neuen Formaten zusammenschließen, effizienter arbeiten und auch chronische Patienten besser versorgen können. Bei schweren chronischen Erkrankungen im fortgeschrittenen Stadium wird es dank der Unterstützung der Telemedizin möglich, die Patienten in ihrem Eigenheim fachärztlich zu versorgen, was vor allem bei gebrechlichen und/oder älteren Patienten wichtig ist. In Notfällen können Technologien eingesetzt werden, um mit Soforthilfemaßnahmen Risiken zu minimieren, dies kann etwa auch durch die Vernetzung mit anderen Knotenpunkten des Gesundheitssystems unterstützt werden. Die medizinische Telekooperation ist eine Maßnahme, die darin besteht, dass ein Arzt oder eine andere Gesundheitsfachkraft einen weiteren Arzt oder eine weitere an der Gesundheitsmaßnahme beteiligte Gesundheitsfachkraft unterstützt. Telekooperation wird auch in Bezug auf die Beratung der Fachkräfte verwendet, die an einem Notfalleinsatz beteiligt sind.” Nicolini erinnerte daran, dass er vor einem Jahr einen ähnlichen Antrag auf Bitte der Landesregierung ausgesetzt habe, weil Entwicklungen in der Sache anstünden.
Der Antrag sei aktuell, meinte Franz Ploner (Team K), denn gerade in einer Pandemie sei Telemedizin nützlich, z.B. für die Triage. Telemedizin mache das Gesundheitssystem sicherer und stopfe Lücken, die sich durch erhöhte Nachfrage ergäben. Auch der Mangel an Ärzten in ländlichen Gebieten mache die Telemedizin sinnvoll. Zu beachten sei, dass die Datensicherheit gewährleistet sein müsse.
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) unterstützte den Antrag. Die Telemedizin ermögliche es, schnell fachlichen Rat einzuholen. Südtirol habe allerdings eine Schwachstelle bei der Datenverbindung, Basisärzte müssten oft 20 Minuten warten, um Daten eingeben zu können. Man habe viel Geld an der falschen Stelle ausgegeben, unter anderem 100 Mio. Euro für die Digitalisierung der Sanität, die nicht funktioniere. Die Digitalisierung müsse auch ein Impfregister und die Rezeptausgabe umfassen.
Hanspeter Staffler (Grüne) unterstützte den Antrag und wies ebenfalls auf die technischen Schwachstellen hin. Die digitale Infrastruktur sei nicht auf dem Stand der Zeit, vor allem bei der Vernetzung der Hausärzte. Der zentralistische Ansatz sei hier nicht der richtige. Die IT der Sanität müsse nutzerfreundlicher werden.
Telemedizin sei die Zukunft, bestätigte LR Thomas Widmann, vor allem in der Radiologie sei sie bereits im Einsatz. Er gab Staffler recht, dass der zentralistische Ansatz falsch sei. Der strategische IT-Plan für die Sanität sehe die Vernetzung des Territoriums als Hauptziel, überall in Europa arbeite man daran, und Südtirol seit dabei weit vorne. Auch die Teleassistenz sei stark implementiert worden. Es gebe einen Drei-Jahres-Plan 2021-23, der derzeit in Umsetzung sei. Dabei versuche man ganz stark, die Vernetzung der Basisärzte auszubauen. Mittlerweile würden rund 1.200 Personen mit Telemedizin betreut. Für das Teleconsulting mit Fachärzten werde derzeit ein eigenes System angekauft. Beim direkten grenzüberschreitenden Austausch gebe es noch Nachholbedarf. Es sei also bereits sehr viel in Arbeit. Vieles sei umgesetzt, viel sei noch zu tun. Der Antrag sei aber zum größten Teil überholt.
Vor einem Jahr habe Widmann noch erklärt, dass die Zeit noch nicht reif sei, wunderte sich Nicolini. Er kaufe oft glutenfreie Produkte ein, dort hapere es noch gewaltig mit der Vernetzung. Auch bei anderen Anträgen sei es ihm passiert, dass man ihn gebeten habe, abzuwarten, und nun solle alles bereits geschehen sein.
Der Antrag wurde mit 15 Ja und 18 Nein abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 402/21: Lockdown – finanzielle Belastung für die Bevölkerung (eingebracht vom Abg. Unterholzner am 18.02.2021). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. Alle Landtagspolitiker für den Zeitraum eines Lockdowns, auch Teil Lockdowns auf ihr Gehalt freiwillig auf 50 Prozent des Nettogehaltes zu verzichten. 2. Alle öffentlichen Angestellten für den Zeitraum eines Lockdowns, auch Teil Lockdowns, die im Homeoffice arbeiten auf 25 Prozent des Nettogehaltes freiwillig zu verzichten. 3. Dieses Geld der Gehaltsverminderung wird zu 100 Prozent an nachweislich bedürftigen Familien und Personen zugewiesen, die durch die Maßnahmen, die Arbeit und somit Ihr Einkommen zu 100 Prozent verloren haben.
Josef Unterholzner (Enzian) wunderte sich, dass der Antrag frühzeitig an die Presse gegangen sei. Er habe ihn den anderen Abgeordneten übermittelt, aber es sei keine Stellungnahme eingegangen. Wenn man über Nacht Zigtausenden das Arbeiten verbiete, werde es doch möglich sein, auch das eigene Gehalt zu reduzieren. “Öffentlich Bedienstete haben ihre Gehälter größtenteils weiterhin bezogen. Öffentliche Gehälter werden nicht vom Staat, sondern von den in der freien Marktwirtschaft Tätigen erwirtschaftet. Viele von diesen sind in ein großes, für gar einige sogar unüberwindbares Loch gefallen. Sehr vielen Menschen wurde die Möglichkeit genommen, Ihr tägliches Einkommen zu erwirtschaften. In erster Linie könnten und sollten die Politiker mit entsprechendem Beispiel vorangehen und damit auch ihr stark ramponiertes Image wieder ein wenig aufrichten, indem sie ein Zeichen setzen.” Es gebe viele Gründe, sich wählen zu lassen – weil man sich für andere einsetzen wolle, weil man Geld brauche usw. – darüber wolle er nicht richten. Mit dieser Aktion wolle er den Politikern und den Beamten nicht etwas nehmen, sondern das Gefühl vermitteln, wie es anderen gehe. Man müsse darüber nachdenken, welchen Nutzen und welchen Schaden diese zerstörerischen Maßnahmen bewirkten. Die Leute seien am Ende. Wenn es um Solidarität gehe, sollten Politiker einen Schritt vorausgehen. In der Krise 2008-09 habe er als erster auf sein Gehalt verzichtet und den Mitarbeitern ihres ausbezahlt. Die Handhabung seines Vorschlags wäre einfach, man könnte das Geld an “Südtirol hilft” überweisen.
Präsident Josef Noggler bat Unterholzner, eine Umformulierung zu erwägen. Der Antrag lege nicht fest, wer was tun solle. Unterholzner habe den Finger in die Wunde gelegt, meinte Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung). Er unterstütze das Anliegen, nicht aber Punkt 2, denn auch die öffentlich Bediensteten hätten ihre Rechte und Nöte, viele bekämen nur ein geringes Gehalt. Als Angehöriger der 5 Sterne Bewegung kürze er sich sein Gehalt bereits – das schaffe viel Neid unter anderen Parteien. Er sei auch Unternehmer und wisse, dass ein Beitrag den Ausfall durch die Krise nicht ersetzen könne. Es sei richtig, wenn die Politik ein Zeichen setze.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) betonte, dass er Unterholzner sehr wohl geantwortet habe, auch wenn er den Antrag nicht mittrage. Viele hätten derzeit kein Einkommen, das sei klar, aber er möchte selbst entscheiden, wem er sein Geld gebe. Derzeit gebe er monatlich 2.500 Euro von seinem Gehalt, um zwei Personen ohne Einkommen zu unterstützen. Es gebe viele in der eigenen Umgebung, die derzeit Hilfe bräuchten.
Es wäre leicht, den Antrag zu zerpflücken, erklärte Brigitte Foppa (Grüne). Was Unterholzner vorgelegt habe, sei nicht seriös. Das Schlimme sei nicht der Teil zu den Politikern. Sie werde ihre Spenden nicht veröffentlichen, das sei nicht ihr Stil. Das Schlimme sei der Teil zu den öffentlichen Bediensteten. Unterholzner gehe davon aus, dass diese keinen Wohlstand generierten, er spiele Arbeitnehmer aus dem privaten und öffentlichen Sektor gegeneinander aus. Jeder, der arbeite, trage zum Bruttosozialprodukt bei.
Carlo Vettori (Alto Adige Autonomia) kritisierte die populistische Schlagseite des Antrags. Unterholzner sei zum “Kommunisten der schlimmsten Art” geworden. Er beleidige die öffentlich Bediensteten zur Freude jener, die voller Hass auf dem Platz demonstrierten. Unter den Smartworkern seien z.B. auch jene Lehrer, die den Unterricht aufrechterhielten, darunter auch Frauen, die nebenbei ihre Kinder betreuen müssten.
Der Antrag wäre, wenn schon, an den Regionalrat zu richten, der für die Abgeordnetendiäten zuständig sei, bemerkte Paul Köllensperger (Team K). Unterholzner berücksichtige auch nicht, dass viele Abgeordnete bereits einen Teil ihrer Entschädigung spenden würden. Der Antrag richte sich an die Landesregierung, aber diese könne über die Abgeordneten nichts entscheiden. Jeder, der könne, solle sich solidarisch zeigen und jenen helfen, die unter der Krise zu leiden hätten. Unterholzner solle seinen Antrag zurückziehen oder nochmal überdenken.
Hanspeter Staffler (Grüne) wies darauf hin, dass die öffentlich Bediensteten nicht nur arbeiten könnten, sondern auch arbeiten und somit ihren Beitrag zum Gemeinwohl leisten würden. Und sie würden auch weiter Steuern zahlen. “Man solle die Menschen arbeiten lassen”, wiederhole Unterholzner öfters, bei den öffentlichen Bediensteten sei dies der Fall. Öffentlicher wie privater Bereich würden zum Bruttosozialprodukt beitragen.
Auch er habe Unterholzner wegen des Antrags kontaktiert, berichtete Andreas Leiter Reber (Freiheitliche). Unterholzner habe übrigens gestern den Antrag zum Solidaritätsfonds für unnütz erklärt, weil jeder spenden könne, wenn er wolle. Es gebe viele Abgeordnete, die spenden würden, ohne das an die große Glocke zu hängen. Der Antrag könne gar nicht umgesetzt werden, denn die Abgeordneten unterstünden nicht der Landesregierung.
Man sehe hier die schweren Schäden des grassierenden Populismus, meinte Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia), den Wettbewerb der starken Sprüche. Die öffentlich Bediensteten seien keine Privilegierten, es gebe keinen Grund, sie zu benachteiligen. Man müsse stattdessen jene unterstützen, die am meisten unter der Krise leiden müssten. Es sei kein guter Stil, über Spenden zu reden oder andere dazu zu zwingen – jeder mache das nach eigenen Möglichkeiten und Zielen.
Josef Unterholzner dankte Nicolini für seine Stellungnahme. Mit seinem Antrag wollte er darauf hinweisen, dass die Politiker ihr Gehalt hätten und andere eben nicht. Und wer im Homeoffice arbeite, habe weniger Ausgaben. Er sei vielleicht der einzige im Landtag, der nicht nur Corona sehe, sondern auch die Folgen. Und diese sollten auch die Politiker einmal spüren. Er spende seit langem und hänge das auch nicht an die große Glocke. Sein Antrag sei vielleicht nicht umsetzbar, das könne sein, aber er werde ihn nicht zurückziehen. Er wolle nicht den Politikern oder den öffentlich Bediensteten schaden, sondern auch zur Besserung ihres Images beitragen. Vor allem gehe es ihm darum, gewisse Verordnungen zu überdenken, die Schaden anrichteten. Präsident Noggler wies nochmals darauf hin, dass der Antrag nicht umsetzbar sei, daraufhin zog Unterholzner den Antrag zurück.