30. Generalversammlung

Gesamttiroler Heimatpfleger gegen Zusammenschluss Langtaufers-Kaunertal

Montag, 14. November 2016 | 13:52 Uhr

Langtaufers – Die Obleute und Vorstandsmitglieder der Nord-, Ost-, Süd- und Welschtiroler Heimatpfleger haben sich am Samstag, 12.11.2016 in Langtaufers zur 30. Generalversammlung getroffen, die heuer ganz im Zeichen des umstrittenen skitechnischen Zusammenschlusses Langtaufers-Kaunertal stand. Die Heimatpflegerinnen und Heimatpfleger Gesamttirols haben bereits vorab die Projektunterlagen der Oberländer Gletscherbahnen AG eingehend studiert, die verschiedenen Stellungnahmen von namhaften Vereinen und Verbänden dazu analysiert und sich nun am Ort des Geschehens noch ein Bild von den geplanten Eingriffen in die Natur- und Kulturlandschaft gemacht.

Sie sind zu folgendem Ergebnis gekommen: „Seit mehr als einem Jahrzehnt wird über die schitechnische Verbindung vom Langtauferertal zum Kaunertaler Gletscherschigebiet gesprochen, ohne dass ein klares Konzept dafür bestanden hätte, welches das Vorhaben schlüssig in langfristige und wirtschaftliche Überlegungen eingebunden hätte. Das Projekt in der vorgelegten Form ist ein massiver Eingriff in eine der wenigen verbliebenen intakten Landschaften Südtirols mit einer Beeinträchtigung des sensiblen Ökosystems, die in überschaubaren Zeiträumen nicht wird rückgängig gemacht werden können. Es ist die einseitige Präjudizierung einer Ausrichtung auf Massentourismus, der keinen nachhaltigen Trend für die Region darstellt.“

Die Gesamttiroler Heimatpfleger sind beunruhigt, zumal das Vorhaben keinerlei Aspekte enthalte, die auf die Besonderheiten des Langtauferertales eingehen, sondern einer „phantasielosen Fortschreibung“ bestehender und abgenützter Konzepte nach dem Motto “Mehr vom Gleichen” entspricht. Völlig unberücksichtigt bleibe, dass nach anerkannten Prognosen der klassische “Aufstiegshilfen-Alpinschitourismus” international sinkende Tendenz aufweist. Damit sei eine Verdrängungswettbewerbssituation, mit einer die Existenz bedrohenden Preisspirale nach unten, vorprogrammiert. Für den Tourenschisektor, der nach Einschätzung der EURAC Bozen mittelfristig eine erstaunliche Wachstumsrate von fünf Prozent pro Jahr aufweist, sei im vorgelegten Konzept hingegen kein Platz.

„Andere Gebiete Südtirols, wie z.B. das Gemeindegebiet von Wengen in Gadertal, haben gezeigt, dass auf der kleinteiligen Ebene von Talschaften oder Gemeinden alternative Konzepte sehr wohl erfolgreich umgesetzt werden können. Langtaufers könnte sich mit (auch familientauglichen) Angeboten wie Wandern, Schitourengehen, Naturbeobachtung, Erlebnis- und Bildungsprogrammen als “wahre Wellness Oase – fernab von Jacuzzi und Turkish bath” profilieren. Es mag stimmen, dass mit solchen Konzepten keine Massen angezogen werden. Wenn Langtaufers mit Eigeniniziative und dem Wohlwollen der Landesverwltung, mit “Können” “Autentizität” und “Nachhaltigkeit” in einen zukunftsträchtigen Tourismus investiert, muß das Tal nicht in Investorenhände abdriften.  Massentourismus ist das letzte, was das Langtauferertal braucht oder verkraften kann“, erklären die Heimatpfleger.

Wenn in Beherbergungsbetrieben, welche ohne Rücksicht auf die lokalen Gegebenheiten Erweiterungsinvestitionen getätigt haben, Überkapazitäten entstanden sind, müssten diese betriebswirtschaftlich bereinigt werden. „Solche Fehlentscheidungen sind das Risiko des Unternehmers. Sie mit einer nicht tragfähigen Großinvestition abfedern zu wollen, würde die Situation nicht verbessern, sondern lediglich das wirtschaftliche Gefüge einer gesamten Talschaft aufs Spiel setzen“, so die Heimatpfleger.

Die einzige erkennbare betriebswirtschaftliche Sinnhaftigkeit des Projektes liege darin, dass damit die lange Zufahrt zur Talstation der Karlesjochbahn im Nordtiroler Kaunertal, die derzeit nur über eine nicht wintersichere Mautstraße umgangen werden kann, erreichbar ist. Das Langtauferertal würde also mit deutlich vermehrtem Verkehrsaufkommen zur Erhöhung der Attraktivität des Kaunertaler Gletscherschigebietes beitragen, dabei aber seine Identität und seine Alleinstellungspotenziale aufgeben, ohne selbst davon zu profitieren. Dass der Handlungsspielraum der lokalen Bevölkerung angesichts der Übermacht eines ausländischen Investors ziemlich eingeschränkt sein wird, dürfte elementar einsichtig sein. Die Eigenbestimmung werde durch dominante Fremdbestimmung ersetzt, sind die Heimatpfleger überzeugt.

Die Haltung der Gesamttiroler Heimatpfleger dürfe nicht als “Fundamentalopposition” gegenüber Tourismusprojekten verstanden werden. Im gegenständlichen Fall gründe sich die Haltung auf Bedenken gegenüber mikro- und makroökonomisch fragwürdigen Vorhaben, die möglicherweise Interessen einiger weniger dienlich sein, aber Überlegungen zur Nachhaltigkeit und zur regionalen Entwicklung gänzlich vermissen lassen würden, und somit im Interesse Südtirols im Allgemeinen und des Langtauferertals im Besonderen abzulehnen seien.

Die Gesamttiroler Heimatpfleger fordern daher die verantwortlichen Entscheidungsträger In Nord- und Südtirol auf, dieses Vorhaben entschieden abzulehnen. „Im Gegenzug soll das Langtauferertal in zukunftsweisenden, nachhaltigen und naturerhaltenden Konzepten unterstützt werden“, so die Gesamttiroler Heimatpfleger.

Von: mk

Bezirk: Vinschgau