Von: luk
Bozen – Zwei Anträge der SVP wurden heute im Landtag angenommen und die Oktober-Sitzung beendet.
Beschlussantrag Nr. 484/21: Leitfaden für das Gemeindeentwicklungsprogramm. Anpassung sowie Verwendung vorhandener Studien (eingebracht vom Abg. Lanz am 15.09.2021). Der Landtag möge die Landesregierung beauftragen, 1. Den Sektor Handwerk in den bestehenden Leitfaden aufzunehmen; 2. Die Verwendung der WIFO Studie zu den Gewerbegebieten in der Phase der IST-Analyse der Gewerbegebiete vorzusehen; 3. Zu prüfen, inwieweit weitere aktuelle Studien bzw. Datensätze der Handelskammer / WIFO / AFI etc. vorhanden sind und sofern vorhanden, die Verwendung dieser Daten im Leitfaden vorzusehen.
Gerhard Lanz (SVP) wies darauf hin, dass im technischen Leitfaden für die Erstellung des Gemeindeentwicklungsprogramms für Raum und Landschaft verschiedene Aspekte berücksichtigt werden müssen, u.a. das sozioökonomische System, das Siedlungssystem, das System der Mobilität und der Erreichbarkeit, das Infrastruktursystem, Umwelt, Landschaft, Grün- und Freiräume, Eignung des Gemeindegebietes zur Besiedlung. “Auffallend ist, dass im gesamten Dokument das Handwerk, als eine der zentralen wirtschaftlichen Säulen der Südtiroler Wirtschaft, komplett außen vor bleibt. Vor allem das Fehlen des Handwerks im Themenblock „1. IST-ZUSTANDSANALYSE – Produktionssystem“ verwundert, sind doch Handwerksunternehmen mit einer Anzahl von mehr als 13.000 Betrieben und über 45.000 Beschäftigten zum großen Teil in den mehr als 750 Gewerbegebieten in den Gemeinden Südtirols angesiedelt und haben somit eine starke Auswirkung auf die Nutzung und Gestaltung von Raum und Landschaft.” Lanz verwies auch auf eine umfassende Studie des WIFO der Handelskammer von 2020, in der sämtliche Gewerbegebiete Südtirols erfasst wurden. “Die Studie ermöglicht einen Einblick in die Entwicklung der Gewerbegebiete vor Ort und kann somit als sinnvolle Basis für eine vorausschauende Planung vor Ort verwendet werden.” Lanz betonte, dass man auf Studien mit öffentlichem Charakter zurückgreifen sollten, nicht auf Studien von Interessengruppen.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) wandte ein, dass im Leitfaden die Gewerbezonen ausgiebig vorkommen, und in diesen sei hauptsächlich das Handwerk vertreten. Die Gemeinden würden bei ihren Plänen sicher auf viele Dokumente zurückgreifen, auch auf die alten Bauleitpläne. Das Ergebnis seien jedoch der Entwicklungsplan, die urbanistischen Entscheidungen der Gemeinde.
Der Leitfaden lege fest, was bei der Erstellung des Gemeindeplans zu berücksichtigen sei, erklärte LR Maria Hochgruber Kuenzer. Das Handwerk sei als Begriff nicht genannt worden im Leitfaden, daher gebe sie Lanz recht. Es betreffe immerhin 13.000 Betriebe. Ebenso nützlich sei es, vorhandene Studien zu verwenden, vorausgesetzt, sie seien von allgemeinem Interesse.
Natürlich müssten bei einem umfassenden Plan alle berücksichtigt werden, erklärte Lanz, im Leitfaden seien die verschiedenen Wirtschaftssektoren aufgezählt, nur das Handwerk fehle. Die IST-Analyse sei eine Bestandsaufnahme, und es sei richtig, vorhandene Studien einfließen zu lassen, um die Daten nicht neu erheben zu müssen. Die Handelskammer werde vielleicht nicht allen neutral erscheinen, das WIFO aber arbeite unabhängig.
Der Antrag wurde mit 24 Ja und acht Enthaltungen angenommen (Punkt zwei mit 28 Ja und vier Enthaltungen).
Beschlussantrag Nr. 485/21: „Community Nursing“ – Mobile Pflege und Betreuung (eingebracht von der Abg. Amhof am 15.09.2021). Der Landtag möge die Landesregierung auffordern, gemeinsam mit den AnsprechpartnerInnen der betroffenen Strukturen (Hauspflege, Gesundheitssprengel, Gemeinden usw.) zu überprüfen, ob das Konzept des „Community Nursings“ auch für Südtirol durch eine stärkere Vernetzung und einer eventuellen Umstrukturierung der vorhandenen Dienste umsetzbar wäre, um so mithilfe eines breiteren Monitorings präventiv agieren zu können.
“Schon seit Jahren ist das Land Südtirol bemüht, sich auf diese vorhersehbare demographische Entwicklung vorzubereiten”, erklärte Magdalena Amhof (SVP). “Immer mehr Menschen werden professionelle Unterstützung brauchen, um ihr letztes Lebensdrittel gut, sicher und möglichst selbständig gestalten und leben zu können. In einigen Ländern Europas, so unter anderem auch in Österreich, wird derzeit ein neues Pflegemodell eingeführt, welches den Einsatz von sogenannten „Community Nurses“ vorsieht. „Community Nurses“ sind, ähnlich wie unsere MitarbeiterInnen im Hauspflegedienst, ausgebildete Pflegekräfte, die ältere und chronisch kranke Menschen an ihrem Wohnort, in ihren eigenen vier Wänden, professionell unterstützen, pflegen, begleiten und ihnen Hilfestellung bei behördlichen und organisatorischen Angelegenheiten bieten. „Community Nurses“ erweitern das klassische Handlungsfeld der Hauskrankenpflege allerdings um eine umfassende Beratung Pflegebedürftiger, ihrer Angehörigen und der AnsprechpartnerInnen in den jeweiligen Gemeinden und Sprengeln. Neben der Beratung von Einzelpersonen zu pflegerischen Tätigkeiten, werden auch Familien und Gruppengespräche geführt, bei denen die Pflegesituation der Familie beleuchtet wird und gemeinsam Ressourcen und Strategien zur Situationsbewältigung erörtert werden. „Community Nurses“ widmen sich zudem dem überaus wichtigen Thema der Prävention. Mit vorbeugenden Maßnahmen soll die Pflegebedürftigkeit bzw. der Verlust der Selbständigkeit hinausgezögert werden. „Community Nurses“ bieten deshalb zusätzlich zum herkömmlichen Pflegedienst flächendeckende Sprechstunden an. Sie laden zu Vorträgen und Workshops, in denen Themen wie Gesundheitskompetenz, Sturzprävention, Ernährung, Mobilität, barrierefreies Wohnen und Ähnliches auf der Tagesordnung stehen. Von besonderer Bedeutung sind die präventiven Hausbesuche, die im Konzept des „Community Nursings“ enthalten sind: In regelmäßigen Abständen besuchen die „Community Nurses“ Menschen ab einem gewissen Alter und beraten diese individuell zu Hause.”
Maria Elisabeth Rieder (Team K) erkannte im Vorschlag das österreichische Modell der Gemeindepflegerin. Südtirol habe ein gutes Pflegenetzwerk auf verschiedenen Ebenen, die Frage sei, ob genügend Personal vorhanden sei. Es werde vielleicht auch noch Haushaltshilfen brauchen. Wenn ein solcher Antrag von der Opposition käme, würde er abgelehnt mit dem Hinweis, dass alles schon gemacht werde. Um ein Zeichen zu setzen, werde ihre Fraktion sich der Stimme enthalten.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) fand den Antrag gut, aber er komme im falschen Moment. Derzeit fehle das Personal, um die Senioren in den Altersheimen zu betreuen. Die Lage sei vor Covid schon schlimm gewesen und sei nun noch schlimmer. Es gebe Hauspflegerinnen, die nicht arbeiten dürften, weil sie mit dem russischen Sputnik geimpft seien, ein Heim in Lana habe eine Abteilung aus Personalmangel schließen müssen, viele Senioren würden in andere Gemeinden verlegt.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) bestätigte, dass in vielen Einrichtungen Feuer am Dach sei. Inhaltlich könne man nicht gegen den Antrag sein, dasselbe Anliegen hätten schon mehrere Fraktionen vorgebracht. Seine Fraktion werde zustimmen. Die angesprochene Situation in den Strukturen werde noch große Belastungen bringen in der nächsten Zeit. Er fragte, ob auch andere Regionen in einer solchen Situation seien.
Hanspeter Staffler (Grüne) wies darauf hin, dass das Modell des Community Nursing in den Niederlanden bereits überholt wurde. Dort setze man auf Hilfe durch NGO, die effizient und nicht teurer sei.
Gerhard Lanz (SVP) erinnerte daran, dass der Antrag darauf abziele, die Rahmenbedingungen für einen solchen Dienst zu prüfen. Dabei wolle man auch Doppelgleisigkeiten vermeiden. Wichtig sei bei dem Konzept auch die Prävention, aber dazu brauche es auch den Zugang zu den Senioren und ihr Vertrauen, denn viele seien sich ihrer Lage nicht bewusst oder schämten sich. Der Antrag ziele auch auf eine bessere Vernetzung ab.
LR Waltraud Deeg berichtete von einem Austausch mit anderen europäischen Pflegeeinrichtungen. Auch dort gebe es aus Sicherheitsgründen Covid-Auflagen für den Dienst, der Trend gehe in Richtung 2G. Man stehe vor dem zweiten Corona-Winter und frage sich, ob man wieder so eine Situation haben wolle wie voriges Jahr. Mit den derzeit geltenden Regeln könne man wenigstens gewährleisten, dass die Heimbewohner sich untereinander treffen können. Im Moment gebe es keine Infektionen unter den Heimbewohnern. In anderen Regionen seien 80-90 Prozent geimpft, die hätten natürlich bessere Situationen auch in den Heimen. Das Beispiel der skandinavischen Länder zeige, dass ein gutes Pflegesystem die Sozialkasse entlaste und auch gutes Personal anziehe. Deshalb sollte man hier nicht sparen. Man werde versuchen, das vorgeschlagene Modell des Community Nursing zunächst mit Ehrenamtlichen starten und eventuell mit Hauptamtlichen aufstocken. Derzeit würden Senioren oft von mehreren Diensten daheim aufgesucht, Krankenschwester, Essen auf Rädern usw. Das könne man effizienter gestalten.
Magdalena Amhof betonte, dass es bei dem Modell um die Hauspflege gehe. Die bestehenden Dienste funktionierten nur, wenn sich die Betroffenen an die Dienste wenden. Das Community Nursing starte bereits auf eigene Initiative und prüfe den Bedarf. Es sei aber rechtlich zu prüfen, ob es möglich sei, die Personen ungefragt aufzusuchen.
Der Antrag wurde mit 25 Ja und vier Enthaltungen angenommen.
Damit war die Tagesordnung erschöpft.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) fragte LR Widmann, ob die Stunden, die ein Test für den Green Pass gilt, wieder ab 0 Uhr nach dem Testtag laufen.
LR Thomas Widmann antwortete, dass noch viele Klärungen nötig seien. Im gefragten Fall würden 48 Stunden ab dem Testzeitpunkt gelten, das sei von Rom vorgegeben.
Präsidentin Mattei schloss die Sitzung um 15:42 Uhr. Der Landtag tritt im November wieder zusammen.