Von: mk
Bozen – Am Nachmittag ist die Debatte zum Landesgesetzentwurf Nr. 117/22 wieder aufgenommen worden. Im Vordergrund steht das Hilfspaket von 100 Millionen Euro, um Teuerungen für Bürger und Unternehmen abzufedern. Die Landesregierung hat einen Gesetzentwurf mit Einsparungen, Umbuchungen und Mehreinnahmen vorgelegt.
Ulli Mair (Freiheitliche) schickte voraus, dass es nicht korrekt sei, dass der Landtag der Landesregierung wieder einen Blankoscheck ausstelle, ohne zu wissen, wie die Maßnahmen zum Hilfspaket aussehen. Sie fragte, wie man alleinstehende Senioren mit diesem Paket erreiche. Diese täten sich schwer mit der Bürokratie. Die Hilfen seien dringend nötig, aber sie vermisse die langfristige Strategie. Die Krise werde länger dauern, und sie sei beschämend für ein Land, das genügend saubere Energie produziere. Sie wolle von der Landesregierung hören, wie die Marschrichtung aussehe, wie die Energiepolitik nach diesem Hilfspaket aussehen solle. Ein aktuelles Problem seien die zu niedrigen Gehälter, durch die man viele Arbeitskräfte an das Ausland verliere. Auch der Mittelstand sei in Schwierigkeiten. Sie kritisierte das Bürgereinkommen, mit dem Faule durch Fleißige finanziert würden. Bei diesen Gehältern würden viele die öffentliche Unterstützung einer Arbeit vorziehen. Wer arbeite, müsse von seinem Lohn leben könne. Sie fragte, wie sich diese Hilfsgelder auf EU- und Nicht-EU-Bürger verteilten. Bei Ausländern würden Eigentum und Einkommen im Ausland nicht berücksichtigt, es genüge eine Eigenerklärung. Sie bezweifle, dass man den Mittelstand und mittelständische Unternehmen mit den angekündigten Maßnahmen wirklich unterstützen könne.
Südtirol habe durch Fleiß, aber auch durch gute Politik den Wohlstand erreicht, erklärte Helmut Tauber (SVP), aber nun sei man in einer sehr schwierigen Phase. Es brauche nun kurzfristige, aber auch mittel- und langfristige Maßnahmen. Mit dem Hilfspaket erreiche man jetzt jene, die das Geld dringend bräuchten. Wichtig sei, dass man jetzt den Familien, auch den alleinstehenden Senioren, Stabilität bieten könne. Seine Branche sei seit drei Jahren in Krisenmodus, aber man habe es bisher geschafft, auch dank der Unterstützung. Nun gebe man 50-60 Mio. direkt an die betroffenen Personen, 20 Mio. an die Gemeinden und es gebe auch Geld für die Betriebe. Der Jugend müsse man Perspektiven bieten, damit sie im Lande bleibe. Tauber wehrte sich gegen das Gerücht, die Touristen würden gratis mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. Es sei ein gutes Konzept, um die Gäste zur Nutzung von Bus und Bahn zu bringen. Er verteidigte auch die Ortstaxe, die zur Finanzierung des Tourismussektors diene, nicht zum Auffüllen des Gemeinde- oder des Landeshaushalt.
Man habe gesehen, dass die Einkommen eines Großteils der Bevölkerung nicht mehr reichten, erklärte Helmuth Renzler (SVP). Man müsse sich fragen, ob das nur am Lohnniveau liege oder ob manche, auch kleine Unternehmen mit der Krise spekulieren. Viele Preise seien nicht zu rechtfertigen. Hier wäre mehr Kontrolle nötig. Auch bei der Umstellung auf den Euro sei es zu ungerechtfertigten Preiserhöhungen gekommen. Renzler warnte auch vor einer Entlassungswelle. Der freie Markt sei nicht mehr imstande, sich selbst zu regeln. Wenn man den Menschen ein Eigenheim ermöglichen wolle, könne man auch eine Deckelung des Grundpreises andenken. Nicht-EU-Bürger mit Aufenthaltsrecht hätten laut EU-Bestimmung dasselbe Recht auf Unterstützung wie die EU-Bürger, antwortete Renzler auf die Frage Mairs. Der Besitz im Herkunftsland sei schwer zu kontrollieren. Er ersuchte die Landesregierung, an Lösungen zu arbeiten, um die Einkommenssituation der Bevölkerung zu verbessern. Die Jugend habe heute andere Bedürfnisse bei Arbeit und Freizeit als früher, darauf müsse man sich einstellen.
Maria Elisabeth Rieder (Team K) dankte jenen, die mit ihren Steuern dieses Hilfspaket finanzieren. Das Geld komme nicht von Landesregierung oder SVP, sondern hauptsächlich vom Mittelstand. Der Landeshauptmann habe nicht gesagt, ob auch der Mittelstand beim Paket zum Zuge komme. Einmalzahlungen seien ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Landesregierung mache immer wieder Hoffnung, die dann regelmäßig enttäuscht werde. Besonders auffällig sei da LR Deeg, die öffentlich Vorhaben ankündigt, noch bevor sie von der Landesregierung beschlossen seien. Beim Lohnniveau rächten sich nun die Versäumnisse der letzten Jahre, vor allem im öffentlichen Sektor. Vom leistbaren Wohnen könne man in Südtirol schon lange nicht mehr reden. Auch der Mittelstand tue sich hier schwer. Rieder wies auf die Schwierigkeit hin, das Einkommen zu bestimmen, wenn mehr als eine Familie zusammen wohnt, und darauf, dass das ISEE-Einkommen der meisten Bürger noch nicht ermittelt wurde. Sie kritisierte die SVP, die nicht bereit sei, die Vorschläge aus dem Landtag anzunehmen.
Peter Faistnauer (Perspektiven Für Südtirol) berichtete von einem Meraner Bürger, dem die Gemeinde schwarze Photovoltaikpaneele vorgeschrieben habe, welche um 40-50 Prozent teurer seien. So würden Bürger entmutigt. Bei der Erhöhung der Ortstaxe von 2,5 auf 5 Euro sollte man die 4 Abstufungen beibehalten; der HGV möchte nur mehr 2. Bei einer Frühstückspension mit 40 Euro pro Nacht wären 5 Euro zu viel, 1 Euro wäre angemessen. Wie andere hielt auch Faistnauer eine Anhebung der Grundgehälter für nötig. Er fragte die Landesregierung, welche Erhöhung bei den Verhandlungen angepeilt würden, um der Inflation zu begegnen. Die Landesregierung wolle nun auch Windkraftanlagen unterstützen, sie sollte sagen, wie das genau geregelt werden solle. Er unterstützte auch das Brunecker Projekt der Balkonkraftwerke.
Gerhard Lanz (SVP) kritisierte das Wunschkonzert mancher Redner. Um all diese Forderungen zu berücksichtigen, würde es 1,5 Mrd. Euro brauchen. Jetzt gehe es aber um Soforthilfe für jene, die es am nötigsten hätten. Die Träumer forderten die Unterstützung des Mittelstands durch mehr öffentliche Ausgaben. Über solche würde gerade der Mittelstand nicht glücklich sein. Dieses Land sei nicht ohne Probleme, aber jene, die im Land der Träumer lebten, täten so, als ob man alles falsch gemacht habe. In Südtirol könne man relativ gut leben, und es gebe einen relativen Wohlstand, die Lebensqualität sei hoch – und man könne sich auch ein Hilfspaket für jene leisten, die in Not seien.
Magdalena Amhof (SVP) fügte hinzu, dass man über eine Änderung des Budgets spreche, was bedeute, dass verschiedene Kapitel überarbeitet würden, um ein Hilfspaket zur Unterstützung der Bedürftigen zu schnüren. Es wurde viel getan, um diese Summen zu finden, eine hervorragende Arbeit, vor allem um die Mittelschicht zu entlasten. 5 Millionen Euro seien für die Tarifverhandlungen der Lehrer vorgesehen: Das sei angekündigt worden, nun würden die Mittel bereitgestellt. Man hatte etwas Positives getan, im Wissen um die Dringlichkeit der Maßnahmen; man sei sich darüber im Klaren, dass das nicht ausreichte, aber man müsse die Botschaft vermitteln, dass auch gespart werden müsse, man könne nicht so weitermachen wie bisher, weil sich die Zeiten geändert hätten.
Landeshauptmann Arno Kompatscher erinnerte daran, dass die Krise schon seit Jahren andauere und die Menschen am Limit seien und an allem sparen müssten. Das Problem betreffe auch andere europäische Länder. Jede öffentliche Diskussion über das Thema sei richtig, aber die Art und Weise, wie diese Diskussion in der Provinz geführt wurde, sei nicht richtig gewesen, denn viele Experten oder Pseudo-Experten hätten zu schnell Lösungen für solch komplexe Probleme vorgeschlagen und unpraktikable Lösungen verbreitet, wie z. B. die Übernahme der selbst erzeugten Energie: Es habe damals den Anschein gehabt, dass die Landesregierung oder der Landeshauptmann nicht den Willen gehabt hätten, weiterzumachen. Die Lösung sei aber komplexer, es brauche eine mittel- und langfristige Strategie – und eine ehrliche Debatte. Die Stoßrichtung müsse die erneuerbare Energie sein, auch mit Blick auf die Kosten. Eine Photovoltaikanlage finanziere sich von selbst. Vielen fehle aber das Startkapital. Hier könne das Land helfen, bei der Entbürokratisierung und beim Kredit. Das Merit-Order-System, wo der Grenzpreis den Marktpreis bestimme, bestehe seit langem und dieses habe viele Investitionen in die erneuerbare Energie ermöglicht. Auch Südtirol habe davon profitiert. Durch dieses System hätten die Südtiroler Produzenten auch die Umweltgelder bezahlen, 260 Mio. im Jahr allein durch Alperia. Am europäischen Energietisch könne nur eine Regulierungsbehörde Platz nehmen. Eine eigene Südtiroler Behörde könne nicht die Steuer auf den Strom regeln, das tue der Staat, die Systemkosten seien bereits auf Null gestellt. Diese Behörde würde nur ganz wenig bewegen können. Südtirol könnte bei einer Neuausschreibung die Umweltgelder streichen und dafür Gratisstrom für die Haushalte einführen. Darüber könne man reden, auch wenn die Gemeinden nicht begeistert sein würden. Man dürfe jedenfalls nicht glauben, dass man mit einer Regulierungsbehörde kurzfristig den Strom billiger machen könnte. Kompatscher verteidigte den Fonds als Vehikel für das Hilfspaket. Man wisse noch nicht genau, um wie viele Beihilfen angesucht werde, und mit dem Fonds könne man schnell umbuchen. Die staatlichen Beihilfen könnten von den Gemeinden nicht unmittelbar beansprucht werden, weil sie keine Steuern abschreiben könnten, wohl aber die Gesellschaften, an denen die Gemeinden beteiligt seien. Daher werde das Land die Gemeinden unterstützen. Insgesamt wolle man bei der Energie unabhängig werden, es gehe aber auch darum, Energie einzusparen. Südtirol habe jahrelang seinen Spitzenstrom teuer gekauft und dafür billigen Strom eingekauft. Nun gehe vieles über die Strombörse, aber Alperia habe auch langfristige Verträge. Südtirol sei für die Regulierungsbehörde ARERA in gewissen Entscheidungen ein Ansprechpartner, weil das vom Autonomiestatut so vorgesehen sei. Man könne also mitreden. Die alleinstehenden Senioren müssten wie alle anderen ein Gesuch um die Beihilfe stellen, die Alternative wären Beiträge für alle, wie im Trentino, wo jeder Haushalt 150 Euro bekomme. Südtirol wolle einen anderen Weg gehen.