Kritik am Tarifsystem

“Ideen aus der Bevölkerung finden oft kaum Gehör”

Montag, 02. Juni 2025 | 08:11 Uhr

Von: luk

Völs/Südtirol – Luis Kompatscher aus Völs hat sich mit einer fundierten Kritik am derzeitigen Tarifsystem des öffentlichen Nahverkehrs in Südtirol an Südtirol News gewandt. Der pensionierte Südtiroler aus der Heimatgemeinde von Landeshauptmann Arno Kompatscher nutzt regelmäßig Bus, Bahn und Seilbahn. Er ist überzeugt: Das derzeitige Modell sei kompliziert, intransparent und vor allem sozial ungerecht. Auch die am 1. Juni anstehenden Reform des Systems überzeugt ihn nicht.

Bisher gab es bekanntlich eine Vielzahl an Abo-Modellen und Fahrkarten, wie Einzelfahrkarten, Prepaid-Karten, die bei jeder Fahrt entwertet werden, den Südtirol Pass, mit automatischer Abrechnung je nach Nutzung, den Südtirol Pass abo+ für Schüler und Studenten oder den Südtirol Pass 65+, für Personen über 65 Jahre (ermäßigte Jahreskarte).

Luis Kompatscher ist eine lokale Bekanntheit. Regelmäßig unternimmt er mit seiner Frau Erika kilometerlange Wanderungen – auch durch die eher unbekannten Ecken Südtirols – und teilt die Eindrücke auf Facebook. Besonders hervorzuheben ist die Fernwanderung von Südtirol nach Wien.

Kompatscher kennt sich als Öffi-Nutzer also aus. Daher sieht er auch so manchen Fehler im System: Unter anderem kritisiert er, dass Jahresabos bislang nur für Personen ab 65 Jahren angeboten werden, während arbeitende Pendlerinnen und Pendler, junge Erwachsene oder Eltern deutlich tiefer in die Tasche greifen müssen. Auch die “kostenlose Nutzung der Öffis durch Touristen” sieht er kritisch: „Während Einheimische zahlen, fahren Gäste nahezu gratis – das ist weder fair noch zeitgemäß“, meint er.

Sein Vorschlag: Ein radikal vereinfachtes, sozial gestaffeltes Tarifsystem mit klaren Preisen und Altersgrenzen. Kinder im Pflichtschulalter sollen gratis fahren, Oberschüler, Studierende und Lehrlinge nur 20 Euro im Jahr zahlen, Erwachsene 150 Euro und Senioren 75 Euro. Für alle, die kein Abo nutzen wollen, schlägt Kompatscher faire Einzeltarife vor – darunter ein 24-Stunden-Ticket für fünf Euro oder eine Wertkarte für 15 Fahrten zum Preis von 20 Euro.

Kaum Reaktion von Verantwortlichen

Der Völser hatte seinen Vorschlag in den vergangenen Monaten bereits dem zuständigen Landesrat, dem Landeshauptmann und einer Gewerkschaft unterbreitet – bisher jedoch weitgehend ohne Reaktion, wie er beklagt. Nur eine Oppositionspolitikerin habe sich gemeldet, berichtet Kompatscher.

Dass ab Juni allen die Möglichkeit zum Erwerb eines Jahresabos offen steht (für junge Leute um 20 Euro), sei ein kleines Zuckerl für Öffi-Nutzer, die das Ein- und Auschecken leid haben. Das habe aber mit seinen Vorschlägen zu einer gerechteren Tarifordnung nichts zu tun, erläutert der Rentner.

Der engagierte Luis Kompatscher bedauert vor allem, dass Ideen aus der Bevölkerung oft kein Gehör finden: „Ich habe den Eindruck, dass viele Entscheidungsträger die Öffis gar nicht selbst nutzen – anders kann ich das Unverständnis über die Alltagsrealität vieler Fahrgäste kaum erklären.“

Besonders Pendlerinnen und Pendler würden von seinem Vorschlag profitieren – und der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel würde auch dem Klima zugutekommen. „Die Finanzierungslage würde sich kaum verändern“, ist Kompatscher überzeugt.

Kompatscher bleibt engagiert, gibt aber einen düsteren Ausblick

Trotz der fehlenden Rückmeldungen bleibt er engagiert: „Ich bin Demokrat. Ich glaube, dass auch Bürger ohne Mandat politisch mitgestalten können – gerade dann, wenn etwas im Argen liegt.“ Die Geschichte um die Tarife für die Öffis in Südtirol sei nämlich ein typisches Beispiel für das mangelnde Gespür der Politiker für die Anliegen der Bevölkerung nach dem Motto “Wir machen das schon richtig, ihr versteht es nur nicht”, findet Luis Kompatscher.

“Dass dabei der Glaube an die Demokratie immer mehr verloren geht, scheint die Politiker nicht weiter zu interessieren. Die absolut niedrige Wahlbeteiligung an den letzten Gemeindewahlen haben das eindrücklich gezeigt”, so sein Eindruck.

Bezirk: Bozen

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