Auf den Straßen von Sweida regieren weiterhin die Waffen

Kämpfe im Süden Syriens gehen trotz Waffenruhe weiter

Samstag, 19. Juli 2025 | 16:55 Uhr

Von: APA/AFP/dpa

In Südsyrien wird auch nach der Verkündung einer Waffenruhe durch die Übergangsregierung in Damaskus weiter gekämpft. Wie AFP-Korrespondenten am Samstag berichteten, wurden in der Provinzhauptstadt Sweida vereinzelt Raketen abgefeuert und es waren Explosionen zu hören. Über der Stadt stiegen Rauchwolken auf. Auf den Straßen schossen Kämpfer in die Luft oder fuhren in Kleinlastern durch die Stadt. Die Stammeskämpfer waren zur Unterstützung der Beduinen in die Region gekommen.

Diese kämpfen seit Tagen gegen Angehörige der drusischen Minderheit. Den Beduinen war es so gelungen, Teile von Sweida einzunehmen. “Wir sind heute hierher gekommen und wir werden sie in ihren Häusern töten”, sagte ein maskierter Kämpfer, der sich Abu Jassem nannte. Drusische Kämpfer berichteten, die gegnerischen Milizen würden “Allahu Akbar” rufend durch die Straßen ziehen.

Zuvor hatte das Büro von Übergangspräsident Ahmed al-Sharaa in der Hauptstadt Damaskus eine “sofortige Waffenruhe” für Südsyrien verkündet und alle Konfliktparteien dazu aufgerufen, diese “vollständig zu respektieren”. Sharaa beteuerte in einer Ansprache, der syrische Staat werde “alle Minderheiten und Gemeinschaften des Landes” schützen.

Sicherheitskräfte wollen Kontrolle gewinnen

Ob und inwiefern die Regierung die Beduinen und Stammeskämpfer unterstützt, ist derzeit nicht klar. AFP-Journalisten berichteten von Straßenkontrollen, mit denen die offiziellen Sicherheitskräfte offenbar die Ankunft weiterer Kämpfer verhindern wollten. Der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge aber wurden die Kämpfer bei ihrem Einrücken in Sweida von Regierungskräften unterstützt. Die Beobachtungsstelle bezieht ihre Informationen von einem Netzwerk von Aktivisten vor Ort. Ihre Angaben können oft nicht unabhängig überprüft werden.

In der Provinz in Südsyrien hatten am vergangenen Sonntag Gefechte zwischen Kämpfern der religiösen Minderheit der Drusen und sunnitischen Beduinen begonnen. Auch Israel griff aufseiten der Drusen in den Konflikt ein, stimmte am Freitag aber einer Waffenruhe mit der syrischen Übergangsregierung zu. Seit Beginn der Kämpfe wurden nach Angaben der Beobachtungsstelle 940 Menschen getötet, mehrheitlich Drusen.

Vorwürfe Israels

Israels Außenminister Gideon Saar warf nach der Verkündung der Waffenruhe Sharaa vor, in einer Rede “jihadistische Angreifer” in Südsyrien unterstützt zu haben. Zugleich habe der Staatschef der “angegriffenen drusischen Minderheit” die Schuld an dem Konflikt gegeben, schrieb Saar auf der Plattform X. “Die Quintessenz: In Sharaas Syrien ist es sehr gefährlich, einer Minderheit anzugehören.”

Sharaa hatte zuvor in einer Rede “die edlen Werte und Prinzipien” der sunnitischen Beduinenstämme in Syrien gelobt und Verständnis dafür aufgebracht, dass einige Gruppen sich gegen Bedrohungen gewehrt hätten. Die Wahrung der Sicherheit sei aber die Aufgabe des Staats, betonte er zugleich. Er forderte die Stämme auch dazu auf, die Waffenruhe einzuhalten. Über die religiöse Minderheit der Drusen sagte er, Syrien dürfe aufgrund der Handlungen einer kleinen Gruppe nicht die gesamte drusische Gemeinschaft verurteilen.

Fast eine Woche lang war es in Südsyrien zu tödlichen Zusammenstößen zwischen drusischen Milizen und Beduinenstämmen gekommen. Truppen der syrischen Übergangsregierung griffen ein. Dutzende drusische Zivilisten wurden dabei nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien von Sicherheitskräften exekutiert. Als Reaktion bombardierte Israel zur Unterstützung der Drusen unter anderem Regierungsgebäude in Damaskus. Die Waffenruhe war mit Unterstützung der USA zustande gekommen.

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