Eine Frau wird nach einem russischen Angriff in Sumy behandelt

Kiew bezeichnet Putins Feuerpause als “Farce” – Angriffe

Donnerstag, 08. Mai 2025 | 13:40 Uhr

Von: APA/dpa/AFP/Reuters

Die Ukraine hat Russland vorgeworfen, die selbst verkündete dreitägige Feuerpause schon in den ersten Stunden wiederholt gebrochen zu haben. “Wie vorhersehbar erweist sich Putins ‘Parade-Waffenruhe’ als Farce”, teilte der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha am Donnerstag auf X mit. “Die russischen Streitkräfte greifen weiterhin entlang der gesamten Frontlinie an.” Konkret wurden Lenkbombenangriffe auf die Region Sumy verzeichnet. Doch auch Russland meldete Angriffe.

Russland habe um Mitternacht Moskauer Zeit (23 Uhr MESZ am Mittwoch) begonnene Feuerpause bis Mittag schon 734 Mal verletzt und 63 Angriffe durchgeführt, sagte Sybiha. Im Osten des Landes wurde Luftalarm erklärt, weil ein Angriff mit einer ballistischen Rakete befürchtet wurde. Das russische Verteidigungsministerium erklärte hingegen, es halte sich strikt an die Feuerpause und reagiere nur auf ukrainische Angriffe.

Moskau sieht “Durchbruchversuch” in Region Kursk

Vielmehr habe es im russischen Gebiet Kursk einen “Durchbruchversuch” gegeben. Insgesamt seien 488 Verstöße gegen die Waffenruhe registriert worden. Der Gouverneur der westrussischen Region Lipezk, Igor Artamonow, schrieb auf Telegram von Drohnenalarm und nächtlichen ukrainischen Angriffen. Ausgeblieben sind aber offenbar die sonst üblichen massiven Drohnenangriffe, über Schäden war in der Früh nichts bekannt. Unklar ist, ob die Kämpfe an den Frontlinien auch vorübergehend eingestellt wurden. Ein Augenzeuge an der Front berichtete der Nachrichtenagentur Reuters, er höre keine Kampfgeräusche.

Der ukrainische Parlamentsabgeordnete Olexij Hontscharenko sagte, dass sich sein Land stillschweigend an die vom Feind verkündete Feuerpause halte. Sie sollte um Mitternacht russischer Zeit (23 Uhr MESZ am Mittwoch) beginnen und bis Sonntag dauern. Der russische Machthaber Wladimir PUtin will damit die Feiern zum Gedenken an den sowjetischen Sieg über NS-Deutschland im Zweiten Weltkrieg vor 80 Jahren schützen, zu dem auch der chinesische Präsident Xi Jinping und weitere Staatschefs erwartet werden. Die ukrainische Führung wies den Vorstoß zurück und erklärte, sie könne die Sicherheit der Besucher bei der Parade nicht garantieren. Stattdessen bekräftigte sie den weitergehenden Vorschlag einer Waffenruhe von 30 Tagen.

Kellogg: “Trump mit Verhandlungen aktuell nicht zufrieden”

Der Ukraine-Beauftragte von US-Präsident Donald Trump, Keith Kellogg, berichtete unterdessen von angeblichen Kiewer Vorschlägen für einen Waffenstillstand, darunter einer entmilitarisierten Zone entlang der Front. Kellog betonte am Mittwoch, die Ukraine sei zu einem Einfrieren der Kämpfe mit Russland in den derzeitigen Positionen und zur Einrichtung eines 30 Kilometer breiten Sicherheitsstreifens bereit. Der Ex-General erklärte dem TV-Sender Foxnews, Präsident Trump ist mit den Verhandlungen aktuell “nicht zufrieden”.

“Was sie den Russen eigentlich sagen: Wir ziehen uns um 15 Kilometer zurück, zieht ihr euch auch um 15 Kilometer zurück! Dann haben wir eine 30-Kilometer-Zone, die man überwachen kann”, gab Kellogg die angebliche Kiewer Position wieder. Ein weiterer Vorschlag sei, dass europäische Länder wie Frankreich, Großbritannien, Deutschland und andere den Luftraum westlich des Flusses Dnipro überwachen sollten.

Moskau hat von Vorschlägen nichts gehört

Aus der Ukraine gab es für diese Angaben keine Bestätigung. In Moskau sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow, Russland habe von den Amerikanern nichts zu einem ukrainischen Vorschlag für eine demilitarisierte Zone gehört.

Im Gegenteil zeige die Ukraine mit ihren Drohnenangriffen, dass sie keinen Frieden wolle und zu “terroristischen Aktionen” neige, sagte Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. “Das rechtfertigt eine Fortsetzung der militärischen Spezialoperation” – so nennt Moskau den Krieg gegen Nachbarland offiziell. Die Einstellung des Feuers an einer so langen Front sei “mit einer Menge von Fragen verbunden, die bearbeitet werden müssten”, kommentierte Maria Sacharowa, Sprecherin des Außenministeriums.

Unterdessen wurden erneut Drohnenangriffe aus der Ukraine gemeldet. Wie der Moskauer Bürgermeister Sergei Sobjanin am Mittwoch erklärte, griff die ukrainische Armee mit mehr als einem Dutzend Drohnen an, von denen die meisten abgewehrt worden seien. Die Rettungskräfte seien mit Spezialteams an den Orten im Einsatz, an denen Trümmerteile niedergegangen seien, schrieb er im Onlinedienst Telegram.

Kreml: Keine neuen Befehle von Putin

Die ukrainische Armee hat mit vielen Drohnen den zivilen Flugverkehr von und nach Moskau in den Tagen vor dem Weltkriegsgedenken am 9. Mai empfindlich gestört. Präsident Wladimir Putin habe aber keine neuen Befehle für eine Vergeltung erteilt, sagte Peskow. Auf Putins Befehl soll mit Tagesanbruch um 0.00 Uhr am Donnerstag eine dreitägige Feuerpause beginnen.

Kurz davor hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj den weitergehenden Vorschlag einer Waffenruhe von 30 Tagen bekräftigt. “Unser ukrainischer Vorschlag, die Angriffe zu stoppen und das Feuer für mindestens 30 Tage einzustellen, bleibt in Kraft”, sagte er in einer Videobotschaft. “Wir ziehen diesen Vorschlag nicht zurück, der der Diplomatie eine Chance geben könnte.”

Von Russland gebe es aber keine Antwort außer neuen Angriffen, klagte Selenskyj. Vor der von Kremlchef Wladimir Putin angekündigten Feuerpause ab Mitternacht habe die russische Armee die Ukraine den ganzen Mittwoch mit Drohnen und Raketen angegriffen.

Trump: “Nicht zufrieden” mit Verhandlungen

US-Präsident Donald Trump hat sich mit Blick auf den Stand der Verhandlungen für ein Ende des Ukraine-Kriegs erneut unzufrieden gezeigt. Angesprochen auf eine Aussage seines Vizepräsidenten JD Vance, der dem Kreml zu viele Forderungen für ein Kriegsende vorgeworfen hatte, sagte er im Weißen Haus: “Wir kommen an einen Punkt, an dem einige Entscheidungen getroffen werden müssen. Ich bin nicht zufrieden damit.”

Trump wusste bei der Pressebegegnung allerdings nicht im Detail über Vances Aussage Bescheid. “Wann hat er das gesagt?”, fragte er. Die Reporterin antwortete: “Heute Morgen.” Daraufhin entgegnete Trump, das könne gut sein – Vance wisse womöglich “einige Dinge”, während er selbst mit anderen Themen befasst gewesen sei.

Vance hatte bei einer Veranstaltung in Washington wenige Stunden zuvor gesagt, es sei wichtig, die Perspektive des Kremls zu verstehen. Zudem pochte er auf direkte Gespräche zwischen Kiew und Moskau.

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