Arbeitsgericht: Nicht mehr als 240.000 Euro Honorar

Kinderärzte: Urteil verschärft Engpass

Donnerstag, 01. Juni 2017 | 12:00 Uhr
Update

Bozen – Bereits jetzt fehlen rund zehn Kinderbasisärzte zur pädiatrischen Betreuung der Kinder im Land. Das jüngste Urteil von Arbeitsrichterin Francesca Muscetta wird die prekäre Betreuungssituation zusätzlich verschärfen – vor allem im Puster- und Gadertal.

Laut Staatsgesetz darf kein öffentlich Bediensteter italienweit mehr verdienen als der italienische Staatspräsident. Die Grenze liegt demnach bei 240.000 Euro im Jahr, berichtet das Tagblatt Dolomiten.

Weil in Teilen Südtirols Kinderärzte Mangelware sind, haben einige vom Sanitätsbetrieb jedoch auch mehr als 240.000 Euro an Honorar bezogen – wie auch einzelne Hausärzte. Weil der Sanitätsbetrieb die staatliche Regelung umsetzte, zogen einige Kinderbasis- und Hausärzte vor das Arbeitsgericht.

Seit Dienstag liegt nun das Urteil vor. Demnach dürfen selbst freiberufliche Ärzte, die auf Honorarbasis für einen öffentlichen Betrieb arbeiten, nicht mehr als 240.000 Euro beziehen.

„Erstens besagt das Urteil, dass die staatliche Gesetzgebung die primäre ist und über jener Südtirols steht. Und zweitens wird keine Unterscheidung gemacht, ob es sich um ein Angestelltenverhältnis oder um selbstständige Arbeit handelt. Selbstständige Arbeit wird bestraft, weil diese ja noch Kosten für Praxis, Einrichtung und Angestellte haben. Aber: Das Gesetz ist hart, aber es ist das Gesetz“, erklärt Rechtsanwalt Paolo Rosa, der die Handvoll Kinderbasis- und Hausärzte vor Gericht vertreten hat, gegenüber den „Dolomiten“.

Einerseits würden Kinderärzte verzweifelt gesucht, andererseits würden sie auf diese Weise bestraft, sagt ein Kinderbasisarzt. Die befürchteten Folgen des Urteils sind: Betroffene Kinderbasisärzte werden weiter ihren Stock an Patienten abbauen und keine neuen mehr annehmen. Einige der betroffenen Kinderärzte hatten bis zu 1.700 Patienten, obwohl die Patientenobergrenze für Kinderärzte bei 1.200 liegt.

Diese Patientenreduzierung für Kinderärzte hat wiederum zur Folge, dass Neugeborene bei Hausärzten eingeschrieben werden müssen. „Diese sind mit den Babys und Kleinkindern aber überfordert und schicken sie ins Krankenhaus, also zahlt die öffentliche Hand den Hausarzt, die Arbeit muss aber das Spital machen“, sagt ein weiter Arzt laut „Dolomiten“. Die öffentliche Hand spare demnach gar nichts. Andere Kinderbasisärzte werden Zusatzdienste wie Vertretungen und Wochenenddienste nicht mehr versehen, damit sie die Honorarobergrenze einhalten.

Nun ist die Landesregierung am Zug. Da normale Hausärzte mit Kleinkindern bis sechs Jahren meist zu wenig Erfahrung haben, müsste die Landesregierung mit den Kinderbasisärzten, die im Unterschied zu den Hausärzten noch einen gültigen und für sie günstigen Landesvertrag haben, neu verhandeln. Ziel sollte sein, dass sich Kinderärzte in erster Linie um Kinder von null bis sechs Jahren kümmern und ältere Kinder ab zwölf abgeben. Eine andere Lösung sehen die Kinderärzte nicht.

Von: mk

Bezirk: Bozen