Diverse Themen im Landtag

Kulturförderung, Smart-Work, Rettungseinsätze und Dieselverbot im Landtag

Mittwoch, 09. Mai 2018 | 14:11 Uhr

Bozen – Im Landtag wurden heute Anträge von 5 Sterne Bewegung, Team Autonomie, Süd-Tiroler Freiheit und BürgerUnion behandelt.

Beschlussantrag Nr. 899/18: Vereinheitlichung der Richtlinien für die Gewährung von Förderungen für Tätigkeiten und Investitionen im kulturellen und künstlerischen Bereich (eingebracht vom Abg. Köllensperger am 5.4.2018). Die Landesregierung soll verpflichtet werden, die Richtlinien für die Gewährung von Förderungen für Tätigkeiten und Investitionen im kulturellen und künstlerischen Bereich durch die drei zuständigen Ressorts zu vereinheitlichen.

“In einem Gebiet wie Südtirol, wo verschiedene Kulturen zusammenleben, ist es wichtig, die Vielfalt an kulturellen Ausdrucksformen zu fördern und ein Umfeld zu schaffen, in welchem sich die verschiedenen Kulturen voll entfalten und in einem dynamischen, freien und produktiven Austausch miteinander interagieren können”, erklärte Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung). “In diesem Sinne halten wir es für wichtig und notwendig, allen Kulturanbietern und allen Nutzerinnen und Nutzern von Kulturangeboten auf lokaler Ebene gleiche Bedingungen für eine ausgewogene Entfaltung der kulturellen und künstlerischen Aktivitäten aller drei Sprachgruppen zu gewährleisten.” Köllensperger verwies auch auf ein entsprechendes, heute in den Medien zitiertes Urteil des Verwaltungsgerichts.

Brigitte Foppa (Grüne) unterstützte den Antrag und plädierte sogar für eine Zusammenlegung der drei Kulturabteilungen.

Auch Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) verwies auf das Verwaltungsgerichtsurteil. Es sollte aber auch so klar sein, dass die Bedingungen für alle gleich sein müssten.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) kritisierte Foppas Vorschlag zur Zusammenlegung. Südtirol habe das Glück, dass die Sprachgruppen sich selbständig entfalten könnten. Es gebe unterschiedliche Bedürfnisse. Man könne etwa nicht kleine ladinische Vereine mit großen städtischen Kulturträgern vergleichen. Der deutsche und ladinische Kulturbereich lebe stark von Vereinen, der italienische weniger – wobei das keine Wertung sein solle.

Hans Heiss (G) plädierte für den Antrag, die unterschiedlichen Prozeduren bei der Beitragsvergabe seien nicht nachvollziehbar. Die jeweiligen Identitäten würden sich nicht vermischen, nur weil die Kulturressorts zusammengelegt würden.

LR Christian Tommasini berichtete von einer immer engeren Zusammenarbeit zwischen den drei Kulturressorts. Es gebe bereits einen einheitlichen Kulturbeirat. Es gebe aber auch Unterschiede, und diese Vielfalt sei ein Merkmal unseres Landes, Unterschiede zwischen Stadt und Land etwa. Es sei auch ein organisatorischer Unterschied. Man könne diese Vielfalt nicht per Dekret vereinheitlichen. Die unterschiedlichen Kriterien gingen eben auf diese Unterschiede ein.

Kultur sei keine mathematische Disziplin, er werde immer Ermessensentscheidungen geben, betonte LR Philipp Achammer. Es gebe nichts Ungerechteres, als Ungleiches gleich zu behandeln. Sprachgruppenspezifische Unterschiede müsse es geben dürfen, und sie müssten auch dementsprechend unterschiedlich bewertet werden.

LR Florian Mussner bezeichnete die eigene Kultur als wesentlich für die Identität. Wenn die Ladiner nicht ihre eigene Schule hätten, würden sie innerhalb einer Generation als Sprachgruppe untergehen. Es gebe aber eine optimale Zusammenarbeit zwischen den drei Ressorts.

Es gehe ihm nicht darum, die kulturelle Landschaft zu homogenisieren, erwiderte Paul Köllensperger, die Vielfalt sei ein Reichtum. Es gehe um die Kriterien für Beiträge. Das Verwaltungsgericht spreche genau das an. Man habe einem Verein die Förderung nach italienischen Kriterien verweigert; nach deutschen Kriterien hätte er sie bekommen. Der Zugang zu Förderung sollte gleich sein.

Der Antrag wurde mit fünf Ja, 21 Nein und einer Enthaltung abgelehnt.

 

Beschlussantrag Nr. 905/18: Die Machbarkeit von Smart-Work-Arbeitsverträgen in Südtirol prüfen (eingebracht von der Abg. Artioli am 18.4.2018). Die Landesregierung wird aufgefordert, die Erarbeitung einer Machbarkeitsstudie über die eventuelle Umsetzung von Arbeitsverträgen nach dem Modell des Smart Working in Südtirol in Erwägung zu ziehen.

“Das Land hat sein Interesse an den neulich eingeführten Arbeitsverträgen nach dem Modell des Smart Working bekundet”, bemerkte Elena Artioli (Team Autonomie). “Details zu besagten Verträgen können dem staatlichen Rahmengesetz von 2017 entnommen werden. Durch die Schaffung von sogenannten Hubs auf Landesebene könnte der Pendlerverkehr reduziert werden; gleichzeitig würden dadurch auch die Kosten zu Lasten der Pendler eingedämmt und eine bessere Vereinbarkeit von Privatem, Familie und Beruf gewährleistet werden. Neben den öffentlich Bediensteten könnten auch Privatpersonen periphere Hubs gemeinsam nutzen. Bisher wurde zu diesem Sachverhalt noch kein Landesgesetz verabschiedet.

Beim Land werde diese Möglichkeit eingeführt, kündigte LR Martha Stocker an, in der Privatwirtschaft sei dies Sache der Tarifpartner.

Elena Artioli zog ihren Antrag zurück. Sie forderte die Landesregierung auf, entsprechende Vorstöße der Gewerkschaften zu unterstützen.

 

Beschlussantrag Nr. 906/18: Grenzüberschreitende Rettungseinsätze in der Europaregion Tirol (eingebracht von den Abg. Knoll, Atz Tammerle und Zimmerhofer am 19.4.2018). 1. Der Landtag spricht sich für eine intensive Zusammenarbeit der Leitstellen sowie für grenzenlose Rettungseinsätze in der Europaregion Tirol aus, welche sicherstellen, dass automatisch jene Rettungskräfte eingesetzt werden, die am schnellsten bei den Patienten eintreffen können. 2. Die Landesregierung wird beauftragt, zu diesem Zwecke mit dem Bundesland Tirol und der Provinz Trient entsprechende Vereinbarungen zu treffen.

“In Grenzregionen stellt die Abstimmung zwischen Leitstelle und Einsatzkräften eine zusätzliche Herausforderung dar, da oftmals erst abgeklärt werden muss, in wessen Zuständigkeit der Einsatzort fällt und welches Rettungsteam folglich eingesetzt wird”, bemerkte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). “Problematisch wird es, wenn bei Einsätzen in Grenznähe nicht automatisch das Rettungsteam eingesetzt wird, das am schnellsten am Unfallort sein könnte, sondern zunächst das vermeintlich „eigene“ Rettungsteam ― kostbare Zeit geht dadurch verloren, Zeit, die über Leben und Tod entscheidet. Zwischen dem Bundesland Tirol und Südtirol bestehen zwar bereits Vereinbarungen ― insbesondere was den Transport der Patienten in medizinische Einrichtungen aus dem Herkunftslandesteil derselben anbelangt ― diese Übereinkommen sehen aber keinen uneingeschränkten grenzüberschreitenden Rettungseinsatz vor. Das heißt, nicht das schnellste Rettungsteam eilt automatisch zum Einsatzort, sondern nach wie vor zunächst das Einsatzteam aus dem eigenen Landesteil.”

Ulli Mair (Freiheitliche) verwies auf den gelungenen grenzüberschreitenden Einsatz im Ahrntal. Vieles würde also bereits in diesem Sinne funktionieren. Es wäre sinnvoll, wenn der Hubschrauber, unabhängig von seiner Herkunft, das dem Unfallort am nächsten gelegene Krankenhaus anfliegen könnte. Das müsse aber gesetzlich abgesichert werden.

Es gebe unterschiedliche Modelle in den verschiedenen Ländern, bemerkte LR Martha Stocker, das Südtiroler Modell, das neben Ärzten und Pflegern auch Bergretter mit einschließe, habe sich bewährt. Die Leitstellen in Bozen und Innsbruck würden sich bei Einsätzen absprechen, und das habe bisher recht gut geklappt. Hier sollte sich die Politik zurücknehmen und das Wort den Einsatzkräften überlassen. Das Prinzip könne aber nicht allein die Entfernung vom Krankenhaus sein, es müsse der zum Einsatz kommen, der im Moment die beste Versorgung bieten könne. Es gebe eine Vereinbarung, und sie habe sich bewährt.

Sven Knoll kritisierte Stockers Aussagen. Das Kriterium der besten Ausrüstung klinge recht gut, sei aber realitätsfremd. Die Zusammenarbeit sollte automatisch erfolgen, ohne sich vorher mit Kompetenzfragen beschäftigen zu müssen. Das wäre eine Europaregion, wie er sie sich vorstelle. Er ersuchte um namentliche Abstimmung.

Der Antrag wurde mit vier Ja, 23 Nein bei fünf Enthaltungen abgelehnt.

 

Beschlussantrag Nr. 900/18: Nein zum Dieselfahrverbot (eingebracht vom Abg. Pöder am 10.4.2018). Der Landtag möge sich gegen den Erlass von weiteren Dieselfahrverboten aussprechen (neue Fassung).

“Neben einer kalten Enteignung der Bürger stellt dieses Verbot einen Wortbruch der Politik dar”, kritisierte Andreas Pöder (BürgerUnion). “Jahrelang wurden Anschaffungen von Dieselfahrzeugen durch die Politik gefördert. Sogar die Südtiroler Landesregierung hat unlängst 124 Dieselbusse angekauft. Zusätzlich zum erlittenen Wertverlust kommen nun gerade auf Arbeitnehmer, Handwerker und Dienstleister unvorhergesehen Anschaffungskosten für neue Autos zu, nachdem sie ihre Arbeitsplätze wohl nicht mehr erreichen dürfen. Auch Touristen werden aus den Urlaubsdestinationen ferngehalten, Geschäfte in Ortszentren erleiden einen weiteren eklatanten Wettbewerbsnachteil gegenüber Einkaufszentren in der Peripherie. Das Dieselfahrverbot ist wenig durchdacht, wissenschaftlich höchst umstritten und für Handwerker, Dienstleister, Kaufleute, Touristiker und Arbeitnehmer eine unzumutbare Belastung.” Er wolle die Luftprobleme in manchen Gebieten, wie etwa in Bozen, nicht kleinreden, erklärte Pöder. Bozen könne bereits Verbote in einzelnen Zonen erlassen. Aber der Diesel sei nicht der größte Verursacher. Das Dieselverbot sei grüner Populismus. Bei einer vollständigen Umrüstung auf E-Autos, deren Herstellung bereits viel Energie verbrauche, müsste man sich fragen, woher der Strom komme. Und die Dieselautos würden woanders weiterfahren.
Alessandro Urzì (AAnc) kündigte seine Zustimmung an. Dieselverbote seien pure Demagogie, damit würde man vor allem die unteren Einkommensschichten treffen, die ihren Fuhrpark nicht laufend an die neuesten Grenzwerte anpassen könnten.

Der Aufschrei gegen die Verbote schieße weit über die Realität hinaus, meinte hingegen Hans Heiss (G). Es gebe verschiedene Fronten, um die Luftverschmutzung zu bekämpfen, zuallererst die Autobahn. Die “kalte Enteignung”, von der der Einbringer spreche, beträfe in Südtirol die Klassen bis Euro 3, das wären nicht viele, und sie ließen sich nachrüsten. Die Maßnahmen seien moderat und vertretbar.

Sven Knoll (STF) schlug vor, den Antrag auf PKW zu beschränken. Das Problem auf der Autobahn betreffe vor allem die LKW. Was den Feinstaub betreffe, so habe man in Kiel gesehen, dass er auch vom Schweröl der Schiffe kommen könne.

Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung) wies wie andere auf den jüngsten Ankauf von Dieselbussen durch das Land hin und meinte, die Verbote würden vor allem die Autoindustrie freuen. Wichtiger wäre die Reduzierung des Transits. Die Gesundheit habe Vorrang, aber Dieselverbote seien die ultima ratio: Davor gebe es viele Hebel, die man in Bewegung setzen könne.

LR Arnold Schuler erinnerte Köllensperger an seinen Kampf gegen die Pestizide, wo er bereits bei geringstem Aufkommen ein Verbot wolle, während er beim Diesel toleranter sei.

Paul Köllensperger verwahrte sich gegen den Vorwurf der Inkohärenz und verwies auf seine zahlreichen Initiativen zum Verkehr.

Man sollte beides nicht gegeneinander ausspielen, meinte Brigitte Foppa (G). Die Autobahn sei für den frühen Tod von 70-80 Personen im Jahr verantwortlich, das Problem sei also dringend anzugehen. Auf jeden Fall sei eine Diskussion über eine dritte Spur vor diesem Hintergrund deplatziert.

Im Unterland etwa werde die Belastung durch die Autobahn als viel größer empfunden als die Belastung durch Pflanzenschutzmittel, erklärte Oswald Schiefer (SVP). Beim Pflanzenschutz seien enorme Fortschritte erzielt worden. Der Diesel sei ein Problem, auf allen Straßen. Man könne nicht generell gegen ein Dieselverbot sein, man müsse abschätzen, wo es nötig sei.

Elena Artioli (Team Autonomie) unterstützte den Antrag mit Überzeugung.

Walter Blaas (F) kündigte ebenfalls Zustimmung an. In Brixen habe es bei einem solchen Verbot nur Ermahnungen statt Strafen gegeben, positive Auswirkungen seien ausgeblieben, auch wegen des Umwegverkehrs. Man müsse die Schuldigen für diese Situation treffen, die Industrie, die getrickst habe, nicht den Käufer, der im guten Glauben ein Fahrzeug gekauft habe.

 

Die Debatte zum Antrag wurde auf morgen Vormittag vertagt. Heute Nachmittag findet im Plenarsaal die Europadebatte statt.

Von: luk

Bezirk: Bozen