Von: mk
Bozen – Der Landtag hat sich am Dienstag auch mit dem Verfassungsgesetzentwurf zur Erweiteterung der Zuständigkeiten von Land und Region befasst.
Konkret ging es um den Beschlussvorschlag einer Stellungnahme zum Verfassungsgesetzentwurf Nr. 2220, eingebracht von den Senatoren Zeller, Berger, Palermo, Fravezzi, Panizza, Laniece, Tonini und Battista, betreffend „Änderungen am Sonderstatut der Region Trentino-Südtirol betreffend die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis der Region und der autonomen Provinzen Trient und Bozen“.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) wies auf die diesbezügliche Diskussion im Autonomiekonvent hin. Vorliegender Verfassungsgesetzentwurf, der mit dem Trentino abgesprochen sei, sei einer von vier Entwürfen zur Änderung des Statuts, die derzeit im Parlament vorliegen. Keiner habe eine Chance, rechtzeitig behandelt zu werden. Es gehe vielmehr um ein Signal an die Regierung, um die Zielsetzung des Landes zu unterstreichen. Aber anscheinend seien die Trentiner nicht mehr einverstanden damit. Er selbst sei gegen die vorgesehene Aufwertung der Sechserkommission, denn diese sei ein wenig transparentes Gremium. Im Sonderausschuss des Landtags sei der Gesetzentwurf nur mit den Stimmen von SVP und Team Autonomie befürwortet worden, und selbst diese hätten Zweifel angemerkt. Dello Sbarba plädierte dafür, dass der Landtag kein Gutachten zum Gesetzentwurf abgebe und das Urteil dem Autonomiekonvent überlasse.
Er sehe sich in seinem anfänglichen Urteil bestätigt, dass der Konvent nur ein Alibi sei, bemerkte Pius Leitner (Freiheitliche). Man brüskiere Leute, die für den Konvent ihre Freizeit opfern, wenn man hinter ihrem Rücken Änderungen am Autonomiestatut vorantreibe. Inhaltlich kritisierte Leitner am Gesetzentwurf die versuchte Aufwertung der Region. Die Senatoren hätten wenigstens den Dialog mit dem Konvent suchen sollen, ebenso sollte die Sechserkommission transparenter werden, während die 137-er Kommission immer noch nicht aktiv sei. Er kritisierte, dass die SVP eine Aufwertung der Region betreibe, und ebenso, dass sie die zentralistische Reform Renzis unterstütze. Diese sei ein Rückschritt gegenüber 2001.
Andreas Pöder (BürgerUnion) lobte die Umwandlung sekundärer Befugnisse in primäre. Andererseits versuche man eine Aufwertung der Region und eine Entmachtung des Landtags zugunsten der Landesregierung. Die Aufwertung der Region sei ein Kuhhandel Zellers, damit er die Unterstützung der Trentiner bekomme. Die Landesregierung betitelte Pöder als “autonomiepolitische Geisterfahrer”, dauernd auf der Gegenfahrbahn unterwegs. Die gepriesene Schutzklausel sei schwach und könne vom Parlament jederzeit gekippt werden. Der Autonomiekonvent sei nicht ergebnisoffen, sondern ein Gedankengefängnis, mit dem der PD aus der Minderheitenschutzautonomie eine Territorialautonomie machen wolle. Den Konventsmitgliedern werde nur vorgegaukelt, dass sie etwas zu sagen hätten, aber vorliegender Gesetzentwurf sei der Gegenbeweis. Dieser würde die Region zementieren.
Es wäre ehrlicher gewesen, den Konvent als beratendes Hilfsorgan des Landtags zu bezeichnen, meinte Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung). Aber man solle nicht so tun, als habe niemand von diesem Gesetzentwurf gewusst, die Senatoren könnten ihre Arbeit ja nicht einstellen, bis der Konvent abgeschlossen sei. Köllensperger kritisierte, dass jede Änderung am Statut zwischen SVP und Regierung ausgehandelt werde, der Landtag bleibe außen vor. Der Entwurf sehe zudem vor, dass weitere Zuständigkeiten mit Durchführungsbestimmung übertragen werden können, was auch nicht akzeptabel sei. Er werde sich der Stimme enthalten.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) warnte vor der italienischen Verfassungsreform, an die man sich dann anpassen müsse. Mit Italien gebe es immer dasselbe Spiel: Zuerst würden Kompetenzen gestrichen, dann werde protestiert, und schließlich bekomme man ein bisschen etwas wieder. Knoll kritisierte, dass der Entwurf Zellers die Zuständigkeit für die Anfechtung von Staatsgesetzen vom Landtag an die Landesregierung übertrage und dass er die Region aufwerte.
Auch Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) kündigte seine Gegenstimme an. Er habe die Hoffnung gehegt, dass die Mehrheit mehr auf den Konsens zwischen den Sprachgruppen setze, sei aber enttäuscht worden, auch durch die Zusammensetzung des Konvents. Nun komme auch noch eine Initiative zur Änderung des Statuts, mit der der Konvent gar nicht befasst werde. Die Initiative gehe Richtung Abschottung der Autonomie. Eine Vollautonomie möge manchen erstrebenswert erscheinen, aber sie bedeute noch lange nicht eine Verbesserung der Selbstverwaltung und der Lebensqualität. Urzì kritisierte auch die Aufwertung der Sechserkommission, die Entscheidungen treffe, die eigentlich auf breiterer Basis erfolgen sollten.
Die SVP gehe ihren realistischen Weg seit 70 Jahren und verzichte auf Maximalforderungen, die nicht einlösbar seien, erklärte Dieter Steger (SVP). Die Opposition könne ihre unrealistischen Forderungen leicht stellen, von ihr werde nie verlangt, dass sie sie auch umsetze. Der Verfassungsgesetzentwurf baue die Autonomie aus. Die Region habe in dieser Form keinen Sinn mehr, aber man müsse mit kleinen Schritten vorgehen. Im Konvent sei bereits zu Beginn gesagt worden, dass man mehr Zuständigkeit für das Land wolle, und mit dieser Regierung sei dies leichter möglich. Die Sechserkommission habe große Erfolge eingefahren, es sei ungerecht, ihr mangelnde Transparenz vorzuwerfen. Der Konvent habe keine Entscheidungsbefugnis, das sei von Anfang an klar gewesen, er solle Vorschläge machen. Er sei ein breit aufgestelltes Gremium, das den Entscheidungsträgern eine Orientierungshilfe sei. Der Konvent sei wichtig, aber auch unsere Parlamentarier hätten eine autonomiepolitische Aufgabe.
Roberto Bizzo (PD) erklärte seine volle Zustimmung zum Inhalt des Verfassungsgesetzentwurfs, plädierte aber dafür, das Gutachten dazu zu vertagen. Südtirol sollte in Sachen Autonomiereform mit einer Stimme auftreten, man sollte nicht das Risiko eingehen, dass am Ende zwei divergierende Vorschläge vorliegen. Eine Vertagung sei notwendig aus Respekt vor den Bürgern, die im Konvent an Reformvorschlägen arbeiten, aber auch vor dem Landtag selbst, der den Konvent eingesetzt habe. Die Sechser- und die Zwölferkommission sei eine sehr wichtige Einrichtung, sie sei paritätisch zusammengesetzt und sie erarbeite Durchführungsbestimmungen zu einem Statut, das von zwei Parlamenten, zwei Landtagen und einem Regionalrat abgesegnet wurde.
Christian Tschurtschenthaler (SVP) berichtete von den Arbeiten des Konvents, der nun in Fahrt gekommen sei. Bei der nächsten Sitzung gehe es z.B. um ein abendfüllendes Thema wie die Selbstbestimmung. LH Kompatscher habe bei der Eröffnungssitzung bereits auf die Gesetzentwürfe zur Änderung des Statuts hingewiesen und auch darauf, dass man das derzeit günstige Klima in Rom nützen müsse. Die Region sei in der derzeitigen Form nicht sinnvoll, aber man müsse die richtigen Schritte zur richtigen Zeit setzen. Er hoffe jedenfalls, dass der Konvent zügig weiterarbeiten werde.
Der Landtag gab schließlich mit 18 Ja, 15 Nein und einer Enthaltung eine positive Stellungnahme zum Verfassungsgesetzentwurf ab.